Heimkino-Highlight: Michael Mann’s Thief – 5-Disc Ultimate Edition [+ Review] (2016)

Man kann Filme auf BluRays und DVDs pressen, die Promo-Maschinerie so üppig und viral wie möglich anwerfen und darauf hoffen daran so gut es geht zu verdienen – so sehen wir es jeden Monat aufs Neue, wenn die Anzugträger der großen Studios mit oftmals recht lieblosen Editionen der neusten Blockbuster, etc. den Heimkino-Markt überschwemmen und drauf hoffen, dass diese Produkte bestenfalls weit stattlicher performen, als nur ihr Geld wieder einzuspielen. Und auch wenn oftmals gute Filme auf diesen jeweiligen Discs enthalten sind, kommen gerade in Liebhabern, für die Film mehr als die bessere Berieselungs-Alternative zur Langeweile darstellt, die ihn lieben und trotz Streaming und iTunes-Käufen noch physische Sammlungen pflegen – also eigentlich genau die Schicht darstellen, an die sich im Zeitalter der Datenströme greifbare Veröffentlichungen richten sollten – erhebliche Zweifel auf: Wo ist die Leidenschaft geblieben? Wo die Freude an der Kunst, das Zelebrieren eines gelungenen Werkes und die Bereitschaft durch Zusatzmaterial und wohl-kuratierte Ergänzungen ein tieferes Einsteigen in die Materie zu ermöglichen? Oftmals fehlt da etwas.

Doch glücklicherweise gibt es Labels, die in keiner ihrer Veröffentlichungen auch nur den Hauch eines Zweifels aufkommen lassen, dass diese von innigen Liebhabern für innige Liebhaber gestaltet wurden. Bildstörung (von mir an anderer Stelle bereits genau dafür gelobt) gehört dazu, Subkultur Entertainment und ’84 Entertainment, ebenso wie die häufigen schönen Mediabooks von Koch und Capelight. Und, um nach den ewigen einleitenden Ausführungen endlich mal zum Punkt zu kommen, auch der noch recht junge Ableger der (gar nicht so) kleinen, aber (dafür sehr) feinen DIY-Filmdatenbank OFDb, namens OFDb-Filmworks haut seit Ende 2013 ein ums andere Mal ganz großartige Editionen kontroverser Klassiker und vergessener Perlen raus – mit der richtigen Einstellung, denn wer augenzwinkernd auf die eigenen Veröffentlichungen Pressestimmen wie “Ein geschmackloses Machwerk voller Perversitäten” abdruckt, ist sich seiner Sache mehr als sicher.

Und nun, als nächsten exquisit geschliffenen Diamanten in der Label-eigenen Vita, haben OFDb Filmworks die in Deutschland längst überfällige BluRay-Veröffentlichung des bis dato nur auf uralten DVD-Releases und zu horrenden Preisen gehandelten, phänomenalen Kinodebuts von Michael Mann an sich genommen. Mann, seines Zeichens einer der einflussreichsten, wenn nicht gar der bedeutendste US-Amerikanische Thriller-Auteur der letzten dreißig Jahre und neben HEAT für mehr als eine Handvoll weiterer Meisterwerke verantwortlich, hat für seinen Stil-prägenden, nüchternen Neo-Noir natürlich nicht weniger als eine anständige HD-Abtastung in üppigem Gewandt verdient – demnach ist es umso schöner, dass bei der Zusammenstellung der 5-Disc Ultimate Edition alles andere als kleine Brötchen gebacken wurden.



Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by OFDb-Filmworks


Die Box

  • In einem hochwertigen Slipcase aus dicker Pappe, welches lediglich vorne (in schöner glänzender Optik) mit dem Poster und hinten mit einem schönen Filmzitat bedruckt ist, kommt ein Digipak, ebenfalls hochwertig bedruckt, in dem die 5 Discs (2 BluRays, 3 DVDs) und weitere Film-Zitate ihren Platz finden.
  • Enthalten sind zudem ein Booklet mit einem (bärenstarken, extra für die VÖ verfassten) Essay von Prof. Dr. Marcus Stiglegger, in dem er THIEF in den Kontext des Film Noir einordnet (12 Seiten) und ein  gefaltetes Filmposter.

Die enthaltenen Fassungen

  • Die 1981er Kinoversion von THIEF (auf BluRay & DVD).
  • Der 2014 von Mann angefertigte Director’s Cut (auf BluRay & DVD), in Kooperation mit Mann neu in 4K abgetastet und restauriert.
  • Die 1995 zum Laserdisc-Release angefertigte Special-Director’s Edition. (auf DVD)

Heimkino-Highlight: Michael Mann’s Thief – 5-Disc Ultimate Edition [+ Review] (2016) weiterlesen

Film: The Green Inferno – Director’s Cut (2013)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Constantin Film


Fakten
Jahr: 2013
Genre: Horror, Kannibalenfilm, Exploitation
Regie: Eli Roth
Drehbuch: Guillermo Amoedo, Eli Roth
Besetzung: Lorenza Izzo, Ariel Levy, Aaron Burns, Daryl Sabara, Kirby Bliss Blanton, Magda Apanowicz, Sky Ferreira, Nicolás Martínez, Ignacia Allamand, Ramón Llao, Richard Burgi, Matías López
Kamera: Antonio Quercia
Musik: Manuel Riveiro
Schnitt: Ernesto Díaz Espinoza


Review
Vor einigen Jahrzehnten, als die Welt noch klein erschien, Globalisierung eine in weiter Zukunft entfernte Entwicklung und exotische Kulturen vor allem unter dem mystischen Schleier des Unbekannten existierten, erblickte für eine kurze Zeit eine hohe Schlagzahl besonderer Horrorfilme das Licht der Welt: der Kannibalen-Film. Geboren aus der Angst vor dem Fremden und zwischen den Zeilen sicher auch als Loblied auf die fragilen Errungenschaften der Zivilisation zu begreifen – den menschlichen Triumph im Ablegen wilder, animalischer Triebe – zelebrierten diese eine Fülle an terrorisierenden Szenarien voll schockierender Bilder, in denen (auf den ersten Blick) “unschuldige” Protagonisten in die Fänge degenerierter, oder, zumindest durch die arrogante Brille der westlich-absoluten Weltsicht gesehen, gar nicht erst entwickelter Stämme fielen, um qualvoll und auf bestialische Weise den Weg in deren Magen zu finden. Morbide und teilweise, wie am Beispiel des Zugpferds CANNIBAL HOLOCAUST deutlich wird, aufgrund der Wahl der filmischen Mittel auch heute noch kontrovers diskutiert, jedoch filmisch nur eine kurze Strömung, die schnell abebbte. Ob dies mit der (vermeintlichen) zunehmenden Aufklärung des Menschen (und der wachsenden Verfügbarkeit fundierter Dokumentationen über Naturvölker, etc.), oder schlichtweg einer schnell sinkenden Attraktivität des Stoffes durch Abnutzungserscheinungen einher ging, ist eine Frage für Filmhistoriker – fest steht nur, dass “Peak Cannibal” schnell erreicht und überschritten war.

Spannend also, dass dieses spezielle Subgenre des Horrors, oder zumindest maßgebliche Charakteristika daraus, sich anscheinend in den letzten Jahren wieder zunehmender Beliebtheit erfreut und Eli Roth, Macher von HOSTEL und CABIN FEVER, bereits im Jahr 2013, also noch lange bevor S. Craig Zahler den letztjährigen Kracher BONE TOMAHAWK ablieferte, die Materie erneut durch den hungrigen Fleischwolf drehte. Ob es etwas über die Qualität aussagt, dass sein Film in den drei Jahren die seitdem vergangen sind mehrfach angekündigt, verschoben, wieder gecancelt und nun, bereits nachdem Roth’s nächstes Werk KNOCK KNOCK international in den Kinos lief, zumindest in Deutschland lediglich auf den Heimkino-Markt gespült wurde, sei dahingestellt – eine derartig holprige Veröffentlichungs-Historie lässt immerhin entweder auf ein kontroverses Meisterwerk hoffen, oder deutet auf unterirdischen Schund der allerletzten Schublade hin. Film: The Green Inferno – Director’s Cut (2013) weiterlesen

Podcast(s): Durch Den Podcatcher Gejagt #18 (2016)

Das hat hier fast schon nur noch Listencharakter, aber mir fehlt die Zeit zum langen beschreiben der Episoden. Hört sie einfach – quality Stuff! – und drückt schön auf Flattr in den verlinkten Blogs. Wohl bekommt’s


Filme

  • Schöner Denken X Medien Nomaden besprechen Serpico. Schöne Diskussion zu einem starken Film und danke für die Werbung im Nebensatz, die mich und Enough Talk! betraf
  • Longtake V Second Unit streiten sich in Longtake #33 INTENSIV zu DEADPOOL. Sehr unterhaltsam, wie die extreme Sicht von Kinomensch auf Christian‘s Superhelden-Spleen trifft.
  • Harmonischer geht es hier zu: Second UnitPlay Together (also Christian und Timo) loben in Second Unit #181 umfangreich THE MARTIAN – da gehe ich mit.
  • Crossover so weit das AugeOhr reicht: Second Unit x CineCouch im SU-Special #22 zur BerlinaleJan berichtet von Organisation und Ausrichtung des Festivals, Christian lobt die Genrenale.
  • Und es hört nicht auf: Spätfilm & Second Unit liefern mit Spätfilm #65 die erste (von drei Kollaborationen) zu HER (den ich großartig finde). Bei Second Unit wird noch die Frage erötert werden, ob der Film Dystopie, oder Utopie ist und ich selbst bequatsche demnächst mit Paula und Daniel die Rolle des künstlichen Menschen im Film. Also: Ohren offen halten
  • Mehr Longtake (und mehr Berlinale): In 7 Sendungen (!) gibt es von Lucas und Lukas eine komplette Berichterstattung über ihre persönlichen 9 Tage Festival, alle gesehenen Filme und Meryl Streep. Podcast(s): Durch Den Podcatcher Gejagt #18 (2016) weiterlesen

Meinung: Media Monday #245

Moin. Die Tage werden länger und meine Zeit knapper, denn es geht nun in die heiße Phase meiner Promotionsarbeit – zusammenschreiben, merken dass noch zig Ergebnisse fehlen, etc. etc. Demnach wird dieser Beitrag einen Übergang einleiten, der spätestens in 1-2 Wochen abgeschlossen sein wird: Ich steuere auf eine Blog-Pause zu! Ich halte mich, zur Eingewöhnung, heute beim Media Monday #245 schon mal deutlich kürzer und gucke ob das geht. Man wird sehen. Meine Ergänzungen zu Wulf’s Text sind wieder in kursiv gehalten.


1. Als ich LOVE EXPOSURE erstmalig sah war das wie eine Frischzellenkur, denn das Epos zeigte mir zu einem Zeitpunkt, an dem ich relativ gelangweilt war, dass Kino immer noch (und auf ewig) in der Lage sein wird den Kiefer ungläubig runter klappen zu lassen.

2. Die David Fincher-Filmografie sollte ich dringend mal wieder einer Sichtung unterziehen, denn nachdem ich GONE GIRL wirklich gar nicht mochte, alle den Film aber als ebenso stark, wie sämtliche anderen Fincher-Werke einstuften, kam ich ins Grübeln.

3. Es ist echt schwer, Gleichgesinnte zu finden, wenn es um das Thema Subtexte und moralischer Auftrag von Filmen geht, denn ich habe das Gefühl, dass meine Kritik an Werken, die mich aufgrund ihrer Welt- und Menschenbilder regelrecht abstoßen (wie jüngst 13 HOURS), bei den meisten nur Achselzucken und die Aussage “stell dich nicht so an, war doch geile Action” bewirkt.

4. Eins meiner liebsten Zitate stammt auf OLDBOY: “Lache und die Welt lacht mit dir, weine und du weinst allein”. Meinung: Media Monday #245 weiterlesen

(Neuer) Deutsch(sprachig)er Genrefilm #12: Auf Kurze Distanz (2016)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by ARD


Fakten
Jahr: 2016
Genre: Cop-Thriller
Regie: Philipp Kadelbach
Drehbuch: Oliver Kienle, Holger Karsten Schmidt
Besetzung: Tom Schilling, Edin Hasanovic, Emilia Schüle, Lazar Ristovski, Aleksandar Jovanovic, Jens Albinus, Sandra NedeleffMarko Dyrlich Fortunato Cerlino
Kamera: Jakub Bejnarowicz
Musik: Michael Kadelbach
Schnitt: Constantin von Seld


Review
Wie tief muss man graben, um zum Kern einer Sache vorzudringen? An die Basis zu kommen, damit man alles darüberliegende zu Fall bringen kann? Und wo ist der Punkt, an dem man aufhören sollte weiter zu machen, weil, zunächst noch unbemerkt, nach und nach die lebensrettende Fähigkeit schwindet, die Grube wieder zu verlassen? “In too deep“ ist der amerikanische Terminus zur Beschreibung dieses Zustands, der von jeher ein beliebtes Objekt des Genre-Kinos darstellt. Undercover-Ermittler, denen die Sache über den Kopf wächst, die eben tatsächlich zu tief drin stecken, um aus freien Stücken den Fängen der kriminellen Organisation zu entkommen, in die sie eingebunden wurden, konnten wir von DONNIE BRASCO über INFERNAL AFFAIRS, bis zu MIAMI VICE in unzähligen Werken bewundern – mal mehr, mal weniger geglückt. Was die meisten dieser Filme jedoch eint: Sie entstammen nicht dem deutschen Raum – denn auch wenn hier in Form von TATORT– & POLIZEIRUF-Episoden, oder anderen TV-Krimis sicher schon tausendfach verdeckte Cops auf Mattscheiben ermittelten, so sind die großen, nachhaltigen Genre-Meilensteine bis jetzt ausgeblieben.

Das Zeug zum Welthit hat AUF KURZE DISTANZ, dieser jüngste Vertreter des Sujets wahrscheinlich ebensowenig, wie er ein reiner, auf Geradlinigkeit reduzierter Genrefilm ist und doch sorgt es, besonders unter dem Aspekt, dass öffentlich-rechtliche Sendeanstalten ihn produzierten, für eine unglaubliche Überraschung, wie überdurchschnittlich stark er ist. Von deren sonst so zahmer Vorgehensweise ist hier nämlich nichts zu spüren: Tom Schilling taucht, schauspielerisch wie üblich brillant, in eine verborgene Parallelgesellschaft ab – es geht um Wett-Manipulation, um Schiebung von Sportereignissen, um kriminelle Vereinigungen, von denen jede einzelne das große Geld machen will und in der Wahl der Mittel auf dem Weg dahin vor wenig zurückschreckt. Zunächst setzt Regisseur Phillip Kadelbach uns dieses Milieu noch als genau das dubiose, verschwommene, schwer greifbare Etwas vor, das ein Zuschauer ohne bisherige Berührungspunkte zum Metier erwarten würde: verqualmte Spelunken, in denen Screen an Screen die aktuellen Spiele internationaler Ligen flimmern, geschwärzte Scheiben, die diese Bereiche als eine kleine, in sich geschlossene Welt schützen, die bewusst von der normalen Realität abgeschottet wurde, weil hier eigene Regeln von Aufstieg und Fall gelten, und wenig vertrauenserweckende Buchmacher, die erst bei den obskursten Wetten, die Schilling als Protagonist Klaus platzieren will, um langsam mit den Drahtziehern der beschatteten Organisationen in Verbindung zu kommen, auf die Barrikaden gehen. Soweit so gut, in kühlen, entsättigten Bildern ein halblegales Milieu zu zeigen, ist noch keine große Kunst. (Neuer) Deutsch(sprachig)er Genrefilm #12: Auf Kurze Distanz (2016) weiterlesen