Review Audiovisuelle Perfektion, ein unschöner und ungeschönter Blick auf das Profil einer Generation und ein vielschichtiger Gesellschafts-Kommentar ohne Urteil, dafür umso mehr als Aufforderung zum Denken und Hinterfragen verfasst.
Verlorene Seelen in der öden Sicherheit der post-Postmoderne, gefangen in den unsichtbaren, teilweise selbst auferlegten Fesseln der marktwirtschaftlichen Zivilisation, getrieben in den Drang nach Ausbruch, Veränderung und Selbstverwirklichung. Harmony Korine liefert, nachdem er vor einigen Jahren den totalen Bruch mit allen gesellschaftlichen Normen, die filmische Antithese zu alles und jedem brachte – Wahnsinn, Zerstörung und Mülltonnen ficken – nun das absolute Gegenteil: Er wettert hier nicht gegen, sondern sinniert über die Gesellschaft – ihm dabei zu zu schauen, ist eine wahre Freude. Film: Spring Breakers (2012) weiterlesen →
Review Vater: “Eure Mutter wird bald zwei Kinder und einen Hund gebären. Wenn ihr euch anstrengt und euer Verhalten sich bessert, kann eventuell von den Kindern abgesehen werden“
Wie(so) funktioniert unsere moderne Gesellschaft?
Vereinfacht, ist sie wohl am ehesten als ein präzise ineinander greifendes Uhrwerk aus anerzogenen, erlernten und am wichtigsten, von einer übergeordneten Führung vorgegeben Regeln und Normen, kommuniziert durch etablierte und mit unveränderlichem Sinn behaftete Sprache, zu beschreiben. Wir verstehen uns durch das Erlernen von Begriffen (die einem von außen zugetragen werden) als Beschreibung für erlernte Taten (die einem von außen vorgegeben werden). Konditionierung von Tag eins an. Wir tun also das, was man uns als gut und richtig eingeimpft hat – ein Zustand, der als gegeben und selbstverständlich hingenommen wird. Unser gesamtes Weltbild ist ein Produkt unserer Umgebung – “normal” ist das, was tagtäglich auf uns einwirkt.
Doch inwieweit entsteht diese gültige Realität aus dem tiefen Innersten des Menschen heraus und wieviel davon ist ein künstliches Konstrukt – über die Zeit gewachsen, um den Interessen einer bestimmten (wie auch die Gesellschaft ebenfalls in dauerhaftem Wandel stehenden) Gruppe in die Arme zu spielen? Heruntergebrochen von gesellschaftlicher auf individuelle Ebene, folgt eine essentielle Frage von enormer Tragweite: Wie viel in uns stammt ungefiltert und pur aus unserem Wesen? Also wie viel ist im Gegenzug von rein artifizieller, von anderer Seite aus erschaffener Natur und wurde lediglich durch gezielte Implementierung dieses artifiziellen Konstruktes in unserem, bis dato noch unbefleckten, Geist ein Teil von uns?
Unser Hirn als Festplatte – mit beliebigem Inhalt beschreibbar, in jede mögliche Richtung programmierbar? Oder der Mensch, als sich selbst definierendes Wesen, welches – sofern er in eine ihm unwohle Form gepresst wurde – beim geringsten Störimpuls Versuche des Ausbruchs unternehmen wird?
Review Die Bedrohung ist unter uns – nicht zu sehen, aber da!
Sie wartet. Still und hinterhältig.
Angepasst schwimmt sie leise mit dem Strom. Bis zum Exodus. Dann Beschleunigung, Erhitzung, Explosion. Vereinnahmt unseren Körper, bezwingt uns, versklavt uns, verändert uns. Lässt uns zum Wirt des Verderbens mutieren. Der unsichtbare Tod.
Auch ohne den massiven Subtext, den John Carpenter in diesen (mindestens) Klassiker, wenn nicht absoluten Meilenstein des Genres eingewoben hat, wäre THE THING bereits ein verdammt starker Horror-Film mit deftigen Splattereinlagen – unglaublich spannend, heftigste Paranoia heraufbeschwörend und auch fast 35 Jahre Sspäter absolut fantastisch anzusehen.
Durch den tieferen Sinn, der (offensichtlich) zwischen den Zeilen verborgen liegt, gelingt dem Filmemacher jedoch zusätzlich eine starke Parrabel auf omnipräsente Urängste des Menschen – damals ganz sicher auf ein anderes Ziel projiziert (in den 80ern tobte der kalte Krieg, es herrschte eine tiefe Angst vor AIDS und Homosexualität, etc.) und dennoch heute so aktuell wie nie zuvor. Unauffällige Bedrohungen unter dem Radar sind, nicht zuletzt dank medialer Aufbauschung gewisser Events der jüngsten Vergangenheit, mehr denn je Ziel individuellen Misstrauens. Welches zu Angst führt. Welche zu Gewalt führt. Film: Das Ding Aus Einer Anderen Welt – The Thing (1982) weiterlesen →
Das Projekt DREILEBEN ist eine kollektive Initiative dreier Regisseure, deren Ziel die Schaffung dreier eigenständiger Werke in der selben Filmwelt war. Die drei quervernetzten Filme ETWAS BESSERES ALS DEN TOD, KOMM MIR NICHT NACH und EINE MINUTE DUNKEL sind um einen zentralen Vorfall in einer Kleinstadt herum angesiedelt, funktionieren jedoch auf gänzlich unterschiedliche Weise.
Review Trotz der losen Reihenfolge der Filmreihe handelt es sich bei Christoph Hochhäusler’s Beitrag definitiv um ein Finale (und ich bin froh, trotz freier Wahl in der DVD-Box erst zuletzt zu diesem Film gegriffen zu haben). Oder andersgesagt: EINE MINUTE DUNKEL liefert uns den Kern der Reihe – vieles was in den vorangegangenen Filmen gezeigt wurde und diffuse Spekulation, sowie unausgesprochene Fragen hervor rief, bekommt hier das nicht zwingend nötige, aber unbewusst herbeigewünschte Fundament.
Molesch, der entflohene Straftäter dessen Weg wir bereits mehrfach gestriffen haben, bei kurzen, wahnsinnig intensiven Kontakten in nächtlicher Dunkelheit, am Krankenbett, oder während der bestialischen Verfolgung eines jungen Mädchens, bekomt nun die Bühne, um seine Geschichte zu erzählen. Wo steckt er nur? Eine Woche in einem Hotelzimmer? Versteckt in Höhlen des Gebirges? Was ist sein Weg, wer ist er genau? Film: Dreileben #3 – Eine Minute Dunkel (2011) weiterlesen →
Review Wenn ein Film als Faustschlag im großen Stil angelegt ist und mich um jeden Preis verstören will, mich das alles allerdings durchweg ziemlich kalt lässt, dann stimmt etwas nicht. Das ist hier passiert, also Zeit für eine Analyse.
Die Prämisse ist wohl das unangenehmste an HARD CANDY – erwachsene, mittelalte, bzw. sehr alte Männer streifen weltweit durch die anonymen Weiten der Chatrooms und suchen das Verbotene: (zu) junge Mädchen. Das gibt es so, das weiß man, da macht man(n) sich aber keine Gedanken drüber – betrifft mich nicht, nehme ich also nicht wahr. Psychothriller, Horrorfilme, etc. – man nenne es wie man will – die wirklich gut sind, schaffen es, genau diese Grauzonen im menschlichen Gehirn frei zu legen und zwingen uns, Dinge zu konfrontieren, die sonst aufgrund der ((zum Selbstschutz auferlegten) Verdrängungsmechanismen im Dunklen verblieben wären. Man will nicht alles wissen, was in unserer verrohten Welt geschieht. Doch diese Suche nach Sex mit Mädchen im Teenager- oder sogar noch Kindesalter findet wahrscheinlich in einem Maße statt, dass der normal denkende sich kaum vorstellen kann. Hier liegt also ein Übelkeit erzeugendes Thema vor, und HARD CANDY erlegt uns den Zwang auf, uns genauer damit auseinanderzusetzen zu müssen, wie diese Menschen auf Jagd nach naiven, leicht zu beeindruckenden Opfern gehen. Das könnte (und müsste) also voll in die Magengrube treffen.
Und da liegt der erste, vielleicht kolossalste und bereits ausreichende Schwachpunkt von David Slade’s Debutfilm – HARD CANDY zwingt uns nicht sich wirklich mit diesen widerlichen Seiten der Welt da draußen zu befassen, er zwingt uns nicht die Welt danach mit leicht verändertem Blick zu sehen. Stattdessen wird das Thema in einer kurzen Einleitung von maximal 20-30 Minuten als Basis für einen Torture-lastigen “Plot” genommen und anhand einer (relativ) gängigen Täter-/Opfer-Konstellation abgearbeitet – er, über 30 und falsch gepolt, sie erst 14, dann Kontakt, kurzes Kennenlernen, nach Hause mitnehmen. Das alles wird abgehakt, nur um dann als Fundament für eine ziemlich öde, uninspirierte und holprig geschriebene Gewalt- und Psycho-Nummer nach absolutem 08/15-Schema zu fungieren. Schade, da wird ganz großes Potential in noch größerem Stil verschenkt. Film: Hard Candy (2005) weiterlesen →
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