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Dokumentation: Pussy Riot – A Punk Prayer (2013)


Trailer © by Roast Beef Productions

Fakten
Jahr: 2013
Genre: Dokumentation, Systemkritik
Regie: Maxim Pozdorovkin, Mike Lerner
Drehbuch: Maxim Pozdorovkin, Mike Lerner
Kamera: Antony Butts
Musik: –


Review
In letzter Zeit keimen immer häufiger Dokumentarfilme auf, die sich durch besonders starke (oder eigensinnige) Inszenierung definieren – beeindruckende Kameraarbeit, durchkomponierter Score, nachgestellte Szenen. Die Grenze zum Spielfilm verschwimmt, ob der Inhalt nach wie vor Priorität hat, zweifeln einige Kritiker an, weswegen manchen Exemplaren eine Aufgabe der objektiven Berichterstattung zu Gunsten der simplen Unterhaltung vorgeworfen wird.

PUSSY RIOT – A PUNK PRAYER ist eine britisch/russisch/amerikanische Co-Produktion (BBC und HBO-Documentary produzierten, Maxim Pozdorovkin, ein russisch-stämmiger Künstler der in Harvard lehrt, führte Regie), die das absolute Gegenteil der beschriebenen Doku-Art darstellt. A PUNK PRAYER ist an einer einzigen Sache interessiert: den Zuschauer in einem detaillierteren Maße als die Massenmedien über den totalitären Wahnsinn des “Pussy Riot Prozesses” aufzuklären. Dokumentation: Pussy Riot – A Punk Prayer (2013) weiterlesen

Film: Snowpiercer (2014)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Ascot Elite Home Entertainment


Fakten
Jahr: 2014
Genre: Science-Fiction, Dystopie, Gesellschaftskritik
Regie: Bong Joon-ho 
Drehbuch: Bong Joon-hoKelly Masterson
Besetzung: Chris Evans, Jamie Bell, Tilda SwintonSong Kang-hoJohn HurtEd HarrisOctavia SpencerEwen BremnerKo Ah-sungAlison PillSteve Park
Kamera: Hong Kyung-pyo
Musik: Marco Beltrami
Schnitt: Steve M. ChoeChangju Kim


Review
Enge.
Dreck.
Hunderte Menschen in Lumpen, im Zwielicht eingepfercht, inmitten von Stahlwänden, umgeben von Lärm. Endlosem Lärm.
Am Leben gehalten von schleimiger Nährstoffpampe.

Die Perspektive?
Genau das immer weiter. Für immer.
In Stahl und Lärm und Armut und Unmenschlichkeit gefangen.
Würde genommen. Rechte genommen. Menschsein genommen.

Doch da ist diese Tür.
Dahinter Ungewissheit.
Strahlend. Heilend. Rettend?
Eine Pforte in eine andere Welt.
Eine bessere Welt?
Film: Snowpiercer (2014) weiterlesen

Film: Martha (1974)


Trailer © by STUDIOCANAL


Fakten
Jahr: 1974
Genre: Drama, Gesellschaftskritik
Regie: Rainer Werner Fassbinder
Drehbuch: Rainer Werner Fassbinder, Cornell Woolrich
Besetzung: Margit Carstensen, Karlheinz Böhm, Barbara Valentin, Peter Chatel, Gisela Fackeldey, Adrian Hoven, Ortrud Beginnen, Wolfgang Schenck, Günter Lamprecht, Kurt Raab
Kamera: Michael Ballhaus
Musik: –
Schnitt: Liesgret Schmitt-Klink


Review
Gesellschaftliches “Demaskierungs-Kino” in Reinform, frontal gegen die makellose Fassade des falschen Spießbürgertums: MARTHA

Rainer-Werner Fassbinder macht in seinem 1974er Werk keine Sekunde einen Hehl daraus, wie ihm klassische gesellschaftliche Konstrukte und Konventionen gegen den Strich gehen. Zu Recht, denn man muss sich aus unserer heutigen, immer noch weit vom Optimalzustand entfernten Gesellschaft heraus beim Schauen eines solchen Werkes aktiv klar machen, in welchen Verhältnissen damals noch gelebt wurde: Bis 1977 brauchten Frauen in der BRD die Zustimmung ihres Ehemanns um arbeiten zu dürfen, einer von vielen widerlichen Fakten, die stellvertretend für eine gesamt-gesellschaftliche Machtverteilung standen.

Er befiehlt, sie hat zu folgen – so wurde Nazi-Deutschland im Stillen fortgeführt, was aus heutiger Sicht absolut grotesk erscheint, jedoch nicht einmal 40 Jahre her ist – und da setzt Fassbinder an, begreift die Eheschließung als Eintritt in die Vorhölle – denn Ehe ist gesellschaftlicher Zwang, aus diesem folgt zwangsweise Gewalt, die der Ursprung allen Elends ist – und treibt klassische Rollenverteilung auf die Spitze, um im Resultat zwar deftige, offensichtlich überzeichnete, aber eben ganz sicher nicht realitätsferne Machtverhältnisse zu servieren (und zu kritisieren). Film: Martha (1974) weiterlesen

Dokumentation: The Waiting Room (2012)


Titelbild, Bildausschnitte & Trailer © by The Waiting Room


Fakten
Jahr: 2012
Themen: Gesundheits-System, Soziale Ungerechtigkeit, Krankenhaus
Regie: Peter Nicks
Konzept: Peter Nicks
Kamera: ?
Schnitt: Lawrence Lerew


Review
24 Stunden in einem öffentlichen Krankenhaus in Oakland, Kalifornien. 24 Stunden voller Geschichten, Patienten, Bilder, Eindrücke und Momente, die für sich sprechen und gänzlich ohne Kommentator eine brüllende Anklage an das System der USA heraus schreien – so eindeutig, dass es keiner moderierenden Worte mehr bedarf.

Primär an das völlig runtergekommene, aus unserer Sicht betrachtet nicht weniger als menschenunwürdige Gesundheitssystem des Landes. Da gibt es den jungen Mann der an Hodenkrebs leidet, akut eine Operation benötigt, doch der, nachdem er in einer Privatklinik kurz vor dem vereinbarten Termin wieder nach Hause geschickt wurde, weil irgendwann jemandem aufgefallen ist, dass er gar nicht Mitglied ist, jetzt erstmal finanziell die Hosen runter lassen muss, um die Chance auf Behandlung zu bekommen. No Cash, no Help. Mit etwas Glück können Arme noch ins Wohlfahrtsprogramm aufgenommen werden. Dokumentation: The Waiting Room (2012) weiterlesen

Film: Paradies – Liebe (2013)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by good!movies


Fakten
Jahr:2013
Genre: Drama, Gesellschaftskritik
Regie: Ulrich Seidl
Drehbuch: Ulrich Seidl, Veronika Franz
Besetzung: Margarete Tiesel, Peter Kazungu, Inge Maux, Dunja Sowinetz, Helen Brugat, Gabriel Mwarua, Josphat Hamisi, Carlos Mkutano, Melanie Lenz, Maria Hofstätter, Livingson Nyambu, Tobias Kasiwa, Anderson Mutisya, Francis Aluoch
Kamera: Edward Lachman, Wolfgang Thaler
Musik: –
Schnitt: Christof Schertenleib


Review
Wir Menschen mögen klare Verhältnisse. Wir wollen mit dem Finger auf jemanden zeigen können, sagen: “Das ist der Böse!” und uns dann, nach dieser klaren und unanfechtbaren Erkenntnis, den anderen zuwenden und feststellen, dass sie unschuldig, fromm und einfach durchweg gut sind. Wir wollen Schuld definieren und zuweisen – deutlich und unumstößlich.

Doch so einfach macht Ulrich Seidl es uns mit dem Auftakt seiner PARADIES-Trilogie leider (bzw. eher zum Glück) nicht. In PARADIES: GLAUBE untergräbt er dieses vereinfachte “ganz oder gar nicht” Denken vollständig – in seiner Welt gibt es nicht die eine Seite, die alles richtig macht und die andere die darunter leidet. Es ist komplizierter. Das Stichwort heißt: Ambivalenz.

Die frustrierte, tief einsame, körperlich wenig anziehende Teresa will aus ihrer österreichischen Vorstadt-Tristesse ausbrechen. Nach Kenia – wenn man dem Film glauben schenken darf, dem Bangkok der sexuell frustrierten Mittfünfziger-Damen. Zunächst herrschen Berührungsängste und Skepsis vor, doch ihre Freundin muss ihr nur noch ein wenig die Ohren vollschwärmen – vom Kokos-Geruch der “Negerhaut” und den Vorzügen solch erkaufter Zärtlichkeiten – und nach anfänglicher Abneigung fällt sie schnell auf die durchtriebene Masche des Einheimischen Munga herein – getrieben von der Illusion der gefundenen Liebe.

Was Seidl uns im Laufe der folgenden zwei Stunden in quasi-dokumentarischer Form vorsetzt, ist sowohl auf eine traurige Art bewegend, wie auch konträr dazu enorm abstoßend. Film: Paradies – Liebe (2013) weiterlesen