Meinung: Media Monday #283

Und wieder die Bahnfahrt zur Arbeit für den Media Monday genutzt. Läuft. Meine Ergänzungen sind wie immer in kursiv gehalten. Habt eine schöne Woche und lasst mal eure Meinung da


1. Wenn ich daran denke, dass jetzt schon wieder die Vorweihnachtszeit beginnt fällt mir auf, dass ich noch gar nicht “in the mood” bin, obwohl ich am WE schon deftig Entenbrust mit Rotkohl und Klößen hatte. Aber so wirklich ändern wird sich das wahrscheinlich sowieso nicht, ich bin kein Christ und mag zwar das Zusammentreffen mit der Familie aber bin extrem abgeturnt von diesem Konsum-Wahnsinn.

2. Normalerweise mag ich Filme von Martin Scorsese ja sehr gerne, aber mit THE WOLF OF WALL STREET hat er echt ins Klo gegriffen, denn dieser monotone, überlange Film verherrlicht den gezeigten Lifestyle – High-Life auf Kosten tausender ausgenommener Menschen, die der portraitierte Widerling grinsend um ihre Lebensträume gebracht hat – aufs übelste! Scorsese nickt anerkennend in Jordan Belforts Richtung und deswegen ist es ein absolut abstoßender Streifen.

3. Die HOBBIT-Trilogie ist eine der enttäuschendsten Verfilmungen überhaupt, denn ein nettes Kinderbuch wird von dem Mann, der (verdammt noch mal) HERR DER RINGE gemacht hat zu einem leeren, unfassbar hässlichen Videospiel ohne Controller aufgeblasen. Charakter-Tiefe, Physik der Kämpfe, Weichzeichner-Look – da passt wirklich gar nichts und den dritten hab ich mir geschenktMeinung: Media Monday #283 weiterlesen

Dokumentation: In Den Tiefen Des Infernos – Into The Inferno (2016)


Titelbild & Trailer © by Netflix


Fakten
Jahr: 2016
Themen: Vulkane, Mythologie, Forschung
Regie: Werner Herzog
Konzept: Werner Herzog
Kamera: Peter Zeitlinger
Schnitt: Joe Bini


Review
Feuerrot glühendes Magma in Großaufnahme – unablässig brodelt es, ist in Wallung, scheint ein geheimnisvolles Eigenleben in sich zu tragen. Die Luft zittert, ein fremdartiges Grummeln und Poltern liegt in der Luft, bildet ganz eigene, fremd anmutende Modulationen, gipfelt in ohrenbetäubendem Getöse, nur um direkt wieder auf das vorherige, nie enden wollende Level abzufallen. Und im Feuer gehen Formen ineinander über. Immer auf’s Neue, außerweltlich mutet es an, wie sie sich ohne Regeln oder klaren Rhythmus fressen und nahtlos neues gebären, das von kurzem Bestand ist. Doch wie lang? Vielleicht nur für Sekunden, vielleicht Tage, vielleicht Jahrmillionen? Niemand kann das sagen, aber eines ist sicher – für die Ewigkeit ist keine dieser Formationen geschaffen.

Vielleicht ist es die offensichtliche Nähe zu den lodernden Szenarien, die die christliche Lehre (und somit in hiesigen Kreisen, ob man will oder nicht, auch die Allgemeinbildung) uns in apokalyptischen Gemälden als das ewige, qualvolle Feuer der Hölle präsentiert, vielleicht auch, ganz unterbewusst, der der Natur der Sache inhärente Blick zurück durch die Zeit, der uns die eigene Unbedeutsamkeit und Endlichkeit bewusst macht, weil dieses Brodeln schon seit Millionen, oder sogar Milliarden von Jahren gleichgültig vor sich geht geht und uns, die gesamte Menschheit, um Äonen überleben wird – die Gründe des Wirkens dieser Motive sind subjektiv und eigentlich auch egal, denn Fakt ist, dass der Anblick der brodelnden Lava-Massen in Werner Herzog’s neusten Dokumentarfilm IN DEN TIEFEN DES INFERNOS starke Gefühle auslöst. Für eine überwältigende, ehrfürchtige, oft fast beklemmende Stimmung sorgt. Und somit stellvertretend für die Wirkungsweise des gesamten Films, vielleicht ssogar Herzog’s gesamten Werkes steht.

Denn dieser ist bekannt für einen besonderen, vielleicht einzigartigen Blick auf die Welt und den Menschen, der uns immer wieder ungewöhnliche Dokumentarfilme über ungewöhnliche Individuen oder Themen beschert. Dies sind Filme, die ganz entgegen der gemeinen Forderungen nach neutralen Dokumentationen durch Herzog’s (wortwörtliche) Erzählstimme vor allem WIRKEN sollen. Seine subjektive Faszination, sein Stirnrunzeln, oder seine tiefe Leidenschaft vermitteln sollen. Interesse und Neugier treiben seine Werke weit stärker an, als es Fakten oder Informationen tun.

So auch hier – man mag zunächst denken in IN DEN TIEFEN DES INFERNOS ginge es natürlich offenkundig um mächtige Vulkane, doch Herzog wählt – anstatt uns in einem verfilmten Wikipedia-Eintrag lediglich plump zu erklären was sie sind, wie sie funktionieren und wo die größten stehen – erneut den weniger offensichtlichen Weg, ist primär an Menschen, Mythen und Emotionen, statt an Wissen interessiert und biegt zu diesem Zwecke in der Erzählung immer wieder in gänzlich unerwartete Richtungen ab. Der Mythos Vulkan ist der eigentliche Kern, das wissenschaftliche System Vulkan hingegen wird trotz involvierter Wissenschaftler nur kurz angerissen. Weil es Herzog spannenderes wittert. Weil er am Wegesrand immer wieder Bruchstücke wahrnimmt, die eine tiefere Ausleuchtung, wenn nicht gar einen eigenen Film verdienen – nicht umsonst hat er das Team Wissenschaftler, welches er hier erneut begleitet, vor über zehn Jahren bei den Dreharbeiten zu BEGEGNUNGEN AM ENDE DER WELT kennengelernt.

Fünf aktive Vulkane, vom ewigen Eis über die Philippinen bis nach Nordkorea verstreut über die ganze Welt, sind die Anlaufpunkte der Reise, doch die beeindruckenden Bildern eruptiver Ausbrüche und kochender Lava, nutzt der Film nur immer wieder, um die Aussagen seiner Protagonisten fühl- und erlebbar zu machen. Herzog will zum Lebendigen, fängt die anorganischen Welten des flüssigen Steins als eben dieses ein und dringt schnell in tief menschliche Gefilde vor. Wie haben die Vulkane das Leben der Menschen beeinflußt? Unser aller Leben? Was hat junge Forscher dazu gebracht, ihnen ihr gesamtes Leben zu opfern, was die Chiefs eines kleinen Inselstaates dazu, trotz aller Gefahren Nächte im Krater zu verbringen, welche Kette von Ereignissen stoßen die rauchenden Berge an, die nun 100.000 Jahre später Forscher im äthiopischen Wüstensand kriechen lässt?

Die einen suchen Erkenntnis, die anderen finden im Vulkan einen neuen Gott, von dem sie sich sich spirituelle Erleuchtung erhoffen, die nächsten sehen in ihm das Mittel, um einen Hauch Freiheit zu atmen – sie alle eint eine tiefe, kaum in Worte zu fassende Faszination. Und so finden wir uns inmitten von Naturvölkern wieder, in der Wüste zwischen skurrilen Forschern, die die ersten Menschen in alten Vulkan-Tälern suchen, oder sogar in Nordkorea, wo ein Vulkan seinen festen Platz in der sozialistischen Propaganda hat, weil der “große Führer” angeblich auf ihm weilte, bevor er die Volksrepublik ausrief.

Wo auch immer wir Menschen treffen, die der Berg geprägt hat, schafft Herzog durchweg Momente, die etwas besonderes in uns auslösen – von Interesse, über ungläubige Skepsis, bis zu Ehrfurcht und Staunen – und so ist IN DEN TIEFEN DES INFERNOS ein oft meditativer, (trotz aller meiner Beschreibungen von Herzog’s eigener Gewichtung) auch informativer, aber dabei immer tief menschlicher Film geworden. Stark.


Wertung
8 von 10 ewigen Brodel-Schloten


Veröffentlichung
INTO THE INFERNO ist bei Netflix verfügbar.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
Ihr wollt den Film kaufen? Dann nutzt doch mein Amazon-Partner-Widget (falls ihr es nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt) und spült mir damit ein paar Cent Provision in die Serverkasse:

Meinung: Media Monday #282

Straßenbahnfahrten sinnvoll nutzen, aka auf dem Weg zur Arbeit am Media Monday #282 teilnehmen. Die Formatierung meiner kursiven Ergänzungen ist zwar am Handy echt ein wenig frickelig und wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten, aber ich will bloggen. Punkt. So!


1. Wenn es etwas gibt, was mich in meiner Kindheit/Jugend begleitet hat, dann definitiv die Kombination Hip-Hop & Rollerblading. Jeden Tag auf 4-8 Rollen unterwegs, dabei Cypress Hill oder Wu-Tang Clan im Ohr, das war meine Welt (und zwar 24/7, 365).

2. Walther White ist eine wirklich vielschichtige Figur, die man zwar tief verachtet, aber dennoch nie endgültig den Glauben an seinen guten Kern verliert. Ein epischer Character-Arc. Meinung: Media Monday #282 weiterlesen

Comic: Brian Wood – Mara (2012)

Titelbild & Bildausschnitte © by Image Comics


Ohne zu wissen was mich erwartet, habe ich mir (aufgrund von ansprechendem Artwork, einer knackigen Tagline und einer spannenden Prämisse) ein recht interessantes Genre-Hybrid vorgenommen – Dystopie und Coming-Of-Age treffen auf Superman, vielleicht auch eine Prise Dr. Manhattan. Aber lest selbst, was damit auf sich hat.


Eckdaten
StoryBrian Wood
ArtworkMing Doyle
ColoristJordie Bellaire
Genre: Coming-Of-Age, Dystopie, Superheld
LabelImage Comics
Umfang: 160 Seiten
Gelesen: Englisch, Digital, Oktober 2016



Plot
In einer dystopischen Zukunft, die von dauerhaftem Krieg und gigantischen Sport-Events dominiert wird, ist die siebzehnjährige Mara ein fanatisch gefeierter Volleyball-Star. Als ihr Körper jedoch plötzlich, ohne dass Mara begreift wie es um sie geschieht, auf unkontrollierbare Weise übernatürliche Phänomene aufzeigt, geraten ihre Fans in Rage und das Image bröckelt. An Teleportation grenzende Geschwindigkeit, oder schiere Unverwundbarkeit sind nur zwei der unfassbare Dinge, die sie selbst vor Rätsel stellen, zunächst das Sponsoring und Ansehen kosten, und Mara schlussendlich in die Hände des skrupellosen Militärs treiben, das aus ihr eine Superwaffe machen will. Doch Mara beschließt, nicht länger klein bei zu geben.


Review
“This is a Coming-Of-Rage Story” heißt es auf dem Deckblatt, noch vor der ersten Seite, und gewissermaßen beschreibt dieses nette Wortspiel MARA bereits perfekt. Denn zusammengefasst ist der Comic die Geschichte von einer, die, weil sie es nicht anders kannte, immer brav und überzeugt nach den bizarren Regeln eines aus dem Ruder gelaufenen Systems spielte, sich vollkommen für dieses aufopferte, doch als Dank beim kleinsten Rückschlag, einer Abweichung von der Norm, fallengelassen und mit Füßen getreten wurde. Und der als Resultat mächtig der Kragen platzt. Comic: Brian Wood – Mara (2012) weiterlesen

Meinung: Media Monday #281

Diese Woche bin ich wieder dabei. Media Monday #281, 7 Lücken-Sätze, sieben kursive Ergänzungen von mir. Viel Spaß damit und eine gute Woche!


1. Von dem, was man bisher so hört, reizt mich BLADE RUNNER II wirklich sehr. Besetzung, Setting und Regisseur lassen auf einiges hoffen. Wenn nun auch nich Jóhan Jóhannsson wie bei SICARIO und ARRIVAL den Score macht, ist das Ding geritzt (obwohl ich ja mal für Ital Tek plädierte).

2. Denis Villeneuve hätte es verdient, dass die Leute diesem späten Sequel eine Chance geben, anstatt in den üblichen Hassgesang zu verfallen, weil es ja “nur noch Sequels, Prequels uns Superhelden” gäbe.

3. Über diese Leute könnte ich mich ja richtiggehend aufregen, schließlich ist die einzige Wahrheit in diesen Worten, dass derjenige der sie äußert offenbar einen sehr begrenzten Blick auf das Kino hat. Ja, im Blockbuster-Bereich gibt es viele besagte Kandidaten, aber wer links und rechts guckt, wird zahlreiche originelle Perlen entdeckenMeinung: Media Monday #281 weiterlesen

Filme // Musik // Podcasts // Sport // Kunst // Nerdstuff