Archiv der Kategorie: Drama

Trauer / Schmerz / Verlust / Depression / Schicksal / Leben

Film: Der Babadook (2014)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Capelight Pictures


Fakten
Jahr: 2014
Genre: Horror, Psychologisches Drama
Regie: Jennifer Kent
Drehbuch: Jennifer Kent
Besetzung: Essie Davis, Noah Wiseman, Daniel Henshall, Barbara West
Kamera: Radek Ladczuk
Musik: Jed Kurzel
Schnitt: Simon Njoo


Review
Ein Film der spaltet: Bereits seit der letztjährigen Festival-Auswertung des BABADOOKs kassiert er in gleichem Maße Höchst- wie Niedrigst-Wertungen, wird als lahm und öde abgetan, auf anderer Seite hingegen als ein möglicher Rettungsanker des Horrors gefeiert. Horror? Auch in Bezug auf diesen Begriff ist die Zuschauerschaft sich uneinig – im Netz wird kontinuierlich gestritten, oder zumindest immer wieder diskutiert, ob es sich im Falle von DER BABADOOK tatsächlich um einen Horror-Film, oder doch eher ein psychologisches Drama handele. Seltsamerweise sind häufig genau die Filmfreunde enttäuscht, die im Vorfeld einen deftigen Horror-Schocker erwarteten. Ich frage mich jedoch, ob abgesehen von einem (anscheinend notwendigen) Label für den Film, das lediglich den Anhängern klarer Genre-Definitionen die guck-Entscheidung erleichtert, irgend etwas sinnvolles in diesem Streit heraus springt? Eine breite Basis für weit gehaltvolleren Austausch bietet DER  BABADOOK nämlich auf vielseitiger anderer Ebene, formell wie inhaltlich – Diskussionen zum Film sollten sich daher eher um die Substanz drehen, anstatt sich in Phrasendrescherei und Labeling zu verlieren. Film: Der Babadook (2014) weiterlesen

Film: Der Meister Und Margarita (1972)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Koch Media GmbH


Fakten
Jahr: 1972
Genre: Satire, Mystery, Drama
Regie: Aleksandar Petrovic
Drehbuch: Aleksandar Petrovic, Romain Weingarten
Besetzung: Ugo Tognazzi, Mimsy Farmer, Alain CunyVelimir ‘Bata’ ZivojinovicPavle VuisicFabijan SovagovicLjuba TadicTasko Nacic
Kamera: Roberto Gerardi
Musik: Ennio Morricone
Schnitt: Mihailo Ilic


Review
Wenn ein Film derartige Wogen schlägt, dass der verantwortliche Regisseur von seiner Regierung gezwungen wird die langjährige Tätigkeit als Dozent an einer renommierten Einrichtung nieder zu legen und das Werk über Jahrzehnte in dessen Heimatland verboten wird, liegt die Vermutung nah, dass sich wohl einige hohe Tiere des jeweiligen Regimes nicht unwesentlich auf den Schlips getreten fühlten. Alexandar Petrović’s gleichnamige Adaption des russischen Romans DER MEISTER UND MARGARITA (welcher in Russland ebenfalls bei Erscheinen mit der Zensur zu kämpfen hatte) ist so ein Fall: Gedreht 1972 als jugoslawisch-italienische Co-Produktion und der Regisseur Bürger der damaligen “Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien”, wurde die Aufführung direkt für die nächsten 20 Jahre verboten. Ein genauerer Blick auf die Themen des Films bestätigt: Ein unterdrückerisches Regime sieht sich hier ganz sicher einem intolerablen Maß an Kritik ausgesetzt – Zentral im Werk stehen nämlich Begriffe wie Wahrheit, Freiheit und Machtmissbrauch.

Allerdings erschließen diese sich eher fragmentarisch, denn wenn die (dennoch nicht uninteressante) Geschichte um einen subversiven Autor, der in Moskau mit einem provokanten Theaterstück gegen Windmühlen reitet und ständig mit dem Teufel in Kontakt gerät, eines ist, dann leider ziemlich wirr inszeniert. Das ganze wirkt wie eine lose Sammlung verschiedenster Szenen, die mal banal, mal unheimlich mitreißend, bis hin zu bizarr erscheinen, aber insgesamt kein stimmiges Ganzes formen – ein wirklicher filmischer Fluss ist nicht zu entdecken, Figuren-Konstellationen entstehen aus dem (und enden im) Nichts, selten kommt das Gefühl auf, die gesamte Inszenierung wäre über die kritisierten gesellschaftlichen Themen hinaus (im Sinne einer Geschichte) zielgerichtet. Ein Blick auf den Inhalt der Vorlage offenbart, dass auch diese sich inhaltlich alles andere als geradlinig gibt: Zunächst ist dort fast die Hälfte des Romans nur dem Teufel gewidmet, welcher mit seinen Schergen in Moskau auftaucht, Menschen verdammt und aus dem Hintergrund das Zeitgeschehen lenkt. Der Titel-gebende Meister gesellt sich erst im zweite Teil dazu. Film: Der Meister Und Margarita (1972) weiterlesen

Wim Wenders #1: Die Angst Des Tormanns Beim Elfmeter (1972)


Titelbild & Trailer © by STUDIOCANAL


Fakten
Jahr: 1972
Genre: Autorenfilm, Drama, Thriller, Neo-Noir
Regie: Wim Wenders
Drehbuch: Peter Handke, Wim Wenders
Besetzung: Arthur Brauss, Kai Fischer, Erika Pluhar, Libgart Schwarz, Marie Bardischewski, Sybille Danzer
Kamera: Robby Müller
Musik: Jürgen Knieper
Schnitt: Peter Przygodda


Review
Es gestaltet sich immer wieder spannend aus heutiger Perspektive an die Ursprünge renommierter Filmemacher zurück zu gehen und ein wenig Geschichts-Recherche zu betreiben. Erforschen wo Stil, Themen und Handwerk ihren Ursprung nahmen, Vergleiche mit aktuelleren Werke der letzten Dekaden ziehen, oder auch einfach “nur” die Kunst auf sich wirken lassen – nicht selten kann dem wachen, aufmerksamen Filmfreund (nicht dass ich mich selbst zwingend mit diesem Siegel versehen würde) dabei ein Licht aufgehen: Methodik offenbart sich, Versatzstücke die erst später zur Perfektion finden sollten, deuten sich in ihren Grundzügen an und manchmal wird bereits ein Ton gesetzt, der weite Teile einer Filmografie durchziehen wird. Im Falle von Wim Wenders gestaltete sich diese filmische Zeitreise in den letzten Jahrzehnten allerdings nicht ganz einfach – 40 Jahre lang konnte sein Langfilmdebut DIE ANGST DES TORMANNS BEIM ELFMETER aufgrund ungeklärter Musikrechte nicht gezeigt werden – Wenders hatte blauäugig einfach seine Lieblingsmusik im Film platziert, deren korrekte Lizensierung ein mehrfaches der gesamten Produktionskosten geschluckt hätte. Fies. Aber nun wurde dieser Fauxpas mit nicht unwesentlichem Aufwand gerade gebogen, einige Stücke lizensiert, andere getauscht, wieder andere mit einer eigens zusammen gestellten Gruppe Musiker gecovert, um die Copyrights zu umgehen. Verdammt viel Aufwand. Aber nicht dass die missliche Musik-Misere gereicht hätte, denn Wenders, der Jahre zuvor sämtliche Rechte an seinen eigenen Werken aufgrund eines Firmenbankrotts plus Insolvenzversteigerung verloren hatte, musste zunächst mühsam die Negative zurück in die eigene Obhut bekommen, deren Zustand sich als desaströs, wenn nicht kurz vor der Verrottung heraus stellte. Ein mühsamer Weg voller Hürden, doch er war es wert: In diesem August ist DIE ANGST DES TORMANNS BEIM ELFMETER offiziell in einer fantastischen Restauration erschienen. Wim Wenders #1: Die Angst Des Tormanns Beim Elfmeter (1972) weiterlesen

Film: Love Exposure – Ai No Mukidashi (2008)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Rapid Eye Movies


Fakten
Jahr: 2008
Genre: Drama, Liebesfilm, Wahnsinnstrip
Regie: Shion Sono
Drehbuch: Shion Sono
Besetzung: Takahiro Nishijima, Hikari Mitsushima, Sakura Andô, Yutaka Shimizu, Makiko Watanabe, Hiroyuki Onoue, Atsuro Watabe, Tasuku Nagaoka, Sô Hirosawa, Yûko Genkaku
Kamera: Sôhei Tanikawa
Musik: Tomohide Harada
Schnitt: Jun’ichi Itô


Review
Es kommt selten vor, wirklich selten, dass ein Film die Kraft besitzt alles zuvor im Kopf des Zuschauers dagewesene mit geradezu erschreckender Leichtigkeit davon zu fegen. Sich von jetzt auf gleich in den geistigen Vordergrund zu drängen, der Rest dahinten nur noch vage Schemen, und laut zu schreien: “Hier bin ich und egal, was du meinst bis jetzt gesehen zu haben, ich garantiere dir, so etwas wie mich kennst du noch nicht!” Diese Wirkung erreicht vielleicht ein Film alle paar Jahre. Doch selbst über diese seltene Gattung der Meisterwerke hebt sich Shion Sono’s 2008er Film LOVE EXPOSURE noch ein kleines Stückchen weiter empor – weil er nicht nur einmal derartig wirkt, sondern die totale Ausweitung jeglicher Grenzen und den nicht wieder zuklappen wollenden Kiefer auch bei jeder weiteren Sichtung erneut hervor ruft. Diese Achterbahnfahrten durch eine Welt aus fotografierten Schlüpfer und fanatischen Sekten immer besser werden. Ein Werk, das völlig eigen, in exotischem Maße größenwahnsinnig und streng genommen vollkommen unbeschreiblich ist – das man erleben muss, um auch nur eine Idee von der Intensität zu erhalten, die dieser Film erzeugen kann.

Film: Love Exposure – Ai No Mukidashi (2008) weiterlesen

Kurz-Review Round-Up: August 2015 (Kings Of Summer, Hectors Reise Oder Die Suche Nach Dem Glück)

Krass: Ein Blick in mein Filmtagebuch zeigt mir, dass der August 2015 mein Filmschwächster Monat seit mindestens drei Jahren war. Allerdings führt mir das nur umso mehr vor Augen, wie effektiv ich in meinem Urlaub das schöne Wetter genutzt habe – draußen sein, Sport treiben und die Sonne genießen lag in der Priorität weit über extremem Couching und Filme gucken. Die aufgekommene ORANGE IS THE NEW BLACK-Sucht ist aber wohl auch nicht unschuldig. Immerhin hab ich mit CUBE (für die Besprechung im Podcast) und LOVE EXPOSURE zwei hoch geschätzte Lieblingsfilme geschaut und mit dem Film aller Filme VICTORIA einen neuen dazu gewonnen. Gute Ausbeute. Viel blieb allerdings für kurze Vorstellungen (die irgendwie auch gar nicht so kurz geworden sind) nicht übrig.



Trailer © by STUDIOCANAL


Kings Of Summer (Jordan Vogt-Roberts, Independent-Film, USA, 2013)

Review
Eine kleine, knuffige Indie-Produktion über das Aufwachsen und den Durst nach Unabhängigkeit. Regisseur Jordan Vogt-Roberts taucht die entschlossene Flucht dreier gänzlich unterschiedlicher Jungs in die schützende Verborgenheit ihres eigenen, geheimen Waldstücks, in warmes Licht und belebende Klänge. Endlich frei sein, endlich den dauerhaft plappernden, schlecht gelaunten Eltern entkommen, endlich auf eigene Faust den schönen Duft des Lebens schnuppern. Dabei gleicht KINGS OF SUMMER (vor allem in puncto “Realismus” des Gezeigten) weit mehr einem Märchen, als der Betrachtung realer Möglichkeiten: Die malerischen Bilder der unberührten Natur (inmitten derer die drei sich ein komplettes Haus errichten), das ausgiebigst-ausrastende Herumalbern und nicht zuletzt die (selbstverständlich der Jugend innewohnende) völlige Gleichgültigkeit, ob das neue Lebensmodell zu irgend etwas führen kann und wird – viele einzelne Charakteristika addieren sich zu einer ganz bestimmten Art Film: Dem Versuch ein Gefühl einzufangen. Kurz-Review Round-Up: August 2015 (Kings Of Summer, Hectors Reise Oder Die Suche Nach Dem Glück) weiterlesen