Review Enge. Dreck. Hunderte Menschen in Lumpen, im Zwielicht eingepfercht, inmitten von Stahlwänden, umgeben von Lärm. Endlosem Lärm. Am Leben gehalten von schleimiger Nährstoffpampe.
Die Perspektive? Genau das immer weiter. Für immer. In Stahl und Lärm und Armut und Unmenschlichkeit gefangen. Würde genommen. Rechte genommen. Menschsein genommen.
Doch da ist diese Tür. Dahinter Ungewissheit. Strahlend. Heilend. Rettend? Eine Pforte in eine andere Welt. Eine bessere Welt? Film: Snowpiercer (2014) weiterlesen →
Review Ich habe unglaubliche Probleme diesen Film für mich richtig einzuschätzen. Aufgrund des vorherigen Werkes SHAME von McQueen waren die Erwartungen riesig, nun weiß ich weder, was ich von 12 YEARS A SLAVE bei tieferer Betrachtung halte und noch nicht mal, ob er mir auf einer ganz primären Ebene gefallen hat oder nicht. Sofern “gefallen” das richtige Wort für ein Sklaven-Drama ist – klingt nämlich etwas deplatziert. Sagen wir also: ob ich ihn für einen funktionierenden Film halte? Vielleicht sträubt sich auch lediglich irgendetwas in mir zu akzeptieren, dass er eben nicht recht funktioniert – wie das immer bei fähigen Filmemachern ist.
Wer war Solomon Northup?
Das wusste ich vor dem Film nicht. Und nach dem Schauen weiß ich zwar was ihm widerfahren ist – nämlich schlimmes, unmenschliches, schier unerträgliches – aber wer er war, liegt weiterhin im Dunste verborgen. Film: 12 Years A Slave (2013) weiterlesen →
Review Gesellschaftliches “Demaskierungs-Kino” in Reinform, frontal gegen die makellose Fassade des falschen Spießbürgertums: MARTHA
Rainer-Werner Fassbinder macht in seinem 1974er Werk keine Sekunde einen Hehl daraus, wie ihm klassische gesellschaftliche Konstrukte und Konventionen gegen den Strich gehen. Zu Recht, denn man muss sich aus unserer heutigen, immer noch weit vom Optimalzustand entfernten Gesellschaft heraus beim Schauen eines solchen Werkes aktiv klar machen, in welchen Verhältnissen damals noch gelebt wurde: Bis 1977 brauchten Frauen in der BRD die Zustimmung ihres Ehemanns um arbeiten zu dürfen, einer von vielen widerlichen Fakten, die stellvertretend für eine gesamt-gesellschaftliche Machtverteilung standen.
Er befiehlt, sie hat zu folgen – so wurde Nazi-Deutschland im Stillen fortgeführt, was aus heutiger Sicht absolut grotesk erscheint, jedoch nicht einmal 40 Jahre her ist – und da setzt Fassbinder an, begreift die Eheschließung als Eintritt in die Vorhölle – denn Ehe ist gesellschaftlicher Zwang, aus diesem folgt zwangsweise Gewalt, die der Ursprung allen Elends ist – und treibt klassische Rollenverteilung auf die Spitze, um im Resultat zwar deftige, offensichtlich überzeichnete, aber eben ganz sicher nicht realitätsferne Machtverhältnisse zu servieren (und zu kritisieren). Film: Martha (1974) weiterlesen →
Review Wir Menschen mögen klare Verhältnisse. Wir wollen mit dem Finger auf jemanden zeigen können, sagen: “Das ist der Böse!” und uns dann, nach dieser klaren und unanfechtbaren Erkenntnis, den anderen zuwenden und feststellen, dass sie unschuldig, fromm und einfach durchweg gut sind. Wir wollen Schuld definieren und zuweisen – deutlich und unumstößlich.
Doch so einfach macht Ulrich Seidl es uns mit dem Auftakt seiner PARADIES-Trilogie leider (bzw. eher zum Glück) nicht. In PARADIES: GLAUBE untergräbt er dieses vereinfachte “ganz oder gar nicht” Denken vollständig – in seiner Welt gibt es nicht die eine Seite, die alles richtig macht und die andere die darunter leidet. Es ist komplizierter. Das Stichwort heißt: Ambivalenz.
Die frustrierte, tief einsame, körperlich wenig anziehende Teresa will aus ihrer österreichischen Vorstadt-Tristesse ausbrechen. Nach Kenia – wenn man dem Film glauben schenken darf, dem Bangkok der sexuell frustrierten Mittfünfziger-Damen. Zunächst herrschen Berührungsängste und Skepsis vor, doch ihre Freundin muss ihr nur noch ein wenig die Ohren vollschwärmen – vom Kokos-Geruch der “Negerhaut” und den Vorzügen solch erkaufter Zärtlichkeiten – und nach anfänglicher Abneigung fällt sie schnell auf die durchtriebene Masche des Einheimischen Munga herein – getrieben von der Illusion der gefundenen Liebe.
Was Seidl uns im Laufe der folgenden zwei Stunden in quasi-dokumentarischer Form vorsetzt, ist sowohl auf eine traurige Art bewegend, wie auch konträr dazu enorm abstoßend. Film: Paradies – Liebe (2013) weiterlesen →
Review FREAKSTARS 3000 ist die gelungenste Mediensatire, die ich jemals sehen durfte. Nie wurde die Absurdität des TV-Alltags gelungener aufgezeigt, nie wurde der Zuschauer, seine Begrifflichkeit von normal, sein Durst nach Wahnsinn, sein unreflektiertes Schlucken von ewig wiedergekäutem, provokanter auf die Probe gestellt.
Normal. Was bedeutet das? Wer definiert das? Und wann zum Teufel wurde beschlossen, dass “normal” das Ideal ist, dem wir alle hinterher laufen müssen?
Normal gibt es nicht. Und das beweist Christoph Schlingensief mit seiner Casting-Show FREAKSTARS 3000 so gut wie kein anderer. Ehrlicher als alles was die privaten Verdummungsanstalten uns jemals vorgesetzt haben, menschlicher als es die Bohlens, Bauses, Heidis und sämtliche anderen Zugpferde der mittlerweile leider fest etablierten professionellen Diffamierungsindustrie auch nur träumen könnten (wenn sie es denn wollten) und um längen “normaler”, weil purer und echter, als der ganze glattgebügelte Zirkus, der täglich über unsere Mattscheiben flimmert. Film: Freakstars 3000 (2004) weiterlesen →
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