Schlagwort-Archive: 2010er

Film: Leviathan – Левиафан (2014)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by EuroVideo Medien GmbH


Fakten
Jahr: 2014
Genre: Drama, Gesellschaftskritik
Regie: Andrey Zvyagintsev
Drehbuch: Oleg Negin, Andrey Zvyagintsev
Besetzung: Aleksey Serebryakov, Elena Lyadova, Roman Madyanov, Vladimir Vdovichenkov, Anna Ukolova, Aleksey Rozin, Sergey Pokhodaev, Platon Kamenev
Kamera: Mikhail Krichman
Musik: Andrey Dergachev, Philip Glass
Schnitt: Anna Mass


Review
In einer durch und durch grauen Welt, peitscht sprudelnd eine Brandung gegen die Felsen am Rande des Meeres. Mit unnachgiebiger Beharrlichkeit greift sie immerfort an, gnadenlos, doch bleibt ohne Wirkung: Die Wellen schäumen auf, brechen sich und sind vergessen – jede von ihnen war nur eine unter Millionen, die es mit dem Gestein am Ufer aufnehmen wollten und doch nichts bewirken konnten. Der Kampf der Gezeiten – eine Geschichte der stetigen Unterlegenheit: in langer, langer Zeit – Millionen von Jahren – können die Wellen gemeinsam eine neue Form ins Ufer schleifen, nachhaltig etwas verändern, doch akut und für sich allein, sind sie unbedeutend und machtlos. Prallen ab, statt einzuschlagen.

Diese kargen, wenn auch von einer rauen, natürlichen Schönheit durchzogenen Bilder setzt Filmemacher Alexey Zvyagintsev uns in den ersten Momenten seines Films LEVIATHAN keineswegs willkürlich vor – sie sind ein kraftvolles, treffendes Symbol für den unmöglichen Kampf den Protagonist Kolya zu kämpfen begonnen hat: Allein gegen ein übermächtiges System, um die unrechtmäßige Enteignung seines Grundstücks anzufechten, also schlicht und einfach die Einhaltung des Gesetzes einzufordern, reitet dieser Mann gegen Windmühlen und an ihnen vorbei in sein Verderben. Denn der Feind, dem er sich entgegen zu stellen gewagt hat, spielt nicht nach den üblichen, streng genommen nach gar keinen Regeln, und so bekommt Kolya ein ums andere Mal zu spüren, dass er trotz aller Bemühungen nichts bewegen können wird. Sein Gegner – der Staat, denn die Enteignung geht auf den unsympathischen Bürgermeister des kleinen Dörfchens im äußersten Norden Russlands zurück – wirft ihm wann immer nötig Steine in den Weg. Weil er es kann. Film: Leviathan – Левиафан (2014) weiterlesen

Film: Straight Outta Compton – Kinoversion (2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Universal Pictures Germany


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Biopic, Musikfilm, Drama
Regie: F. Gary Gray
Drehbuch: Jonathan Herman, Andrea Berloff, S. Leigh Savidge, Alan Wenkus, Andrea Berloff
Besetzung: O’Shea Jackson Jr., Corey Hawkins, Jason Mitchell, Neil Brown Jr., Aldis Hodge, Paul Giamatti, Marlon Yates Jr., R. Marcos Taylor, Keith Stanfield, Carra Patterson, Alexandra Shipp, Elena Goode
Kamera: Matthew Libatique
Musik: Joseph Trapanese (Score)
Schnitt: Billy Fox, Michael Tronick


Review
Als sich in der zweiten Hälfte der Achtziger Jahre eine Gruppe DJs und MCs im berüchtigten L.A.-Stadtteil Compton zusammenschloß, um das zu tun, was (einige von ihnen) am besten konnten – Rap-Musik produzieren – hätte wohl niemand von ihnen geahnt, dass sie Jahrzehnte später als die Wegbereiter eines ganzen Sub-Genres, dem Gangsta-Rap, gelten sollten. N.W.A., die Niggaz wit Attitudes, schafften das damals undenkbare: trotz Radio- und MTV-Boykott, ohne wirkliche Promo, also einzig über Hörensagen und Mund-zu-Mund-Propaganda, erkämpfte sich ihr roher, harter Straßen-Sound schleichend einen Platz in den Charts, einige (auf kontroversen Lyrics basierende) Probleme mit den Bundesbehörden und vor allem eine landesweite fanatische Anhängerschaft. Fast 25 Jahre nach dem Auflösen der Gruppe (und 20 nach dem tragischen AIDS-Tod Eazy-Es) setzen sich die vier verblieben Gründungsmitglieder ein filmisches Denkmal: STRAIGHT OUTTA COMPTON.

Und man braucht sich nichts vormachen – dieser Film feiert das Vermächtnis der Crew bis ins Letzte und ist demnach wohl vor allem ein Werk für langjährige Hip-Hop-Fans! Formell zwar ein gewöhnliches Biopic vom Reißbrett, das sämtliche wichtigen Stationen von Gründung, über erste Konflikte, bis zur Auflösung abgrast, sowie den folgenden rasanten Solo-Karrieren von Ice Cube und Dr. Dre genügend Platz einräumt, atmet STRAIGHT OUTTA COMPTON doch durch und durch den Geist der Musik und lässt des Rap-Fan’s Herz in regelmäßigen Abständen höher schlagen. Persönliche, tiefe Einblicke in das tatsächliche Wesen der fünf Musiker gewähren Regisseur F. Gary Gray (und die 5 (!) Drehbuchautoren) zwar nur selten, faszinierende Auszüge aus dem begeisterten Schaffensprozess in Studios, dem energetischen Eskalieren auf Bühnen und den Problemen, die Lebensstil und Einstellung der jungen Männer zwangsweise mit sich bringen, dafür umso mehr. Wenn das Ensemble auf einem heiklen Konzert in Detroit gegen alle vorherigen Warnungen FUCK THA POLICE performed und das Publikum schier ausrastet, oder Dr. Dre und sein langjähriger Wegbegleiter Snoop Doggy Dogg Jahre nach der Trennung der Gruppe in einer spontanen Session die Vocals von NUTTIN’ BUT A G THANG erarbeiten, geht das so sehr ins bouncende Herz, das dies vor Freude mit dem Kopfnicken beginnt. Film: Straight Outta Compton – Kinoversion (2015) weiterlesen

Film: Knight Of Cups (2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by STUDIOCANAL


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Kunstfilm
Regie: Terrence Malick
Drehbuch: Terrence Malick
Besetzung: Christian Bale, Cate Blanchett, Natalie PortmanBrian DennehyAntonio BanderasFreida PintoWes BentleyIsabel LucasTeresa PalmerImogen PootsArmin Müller-Stahl
Kamera: Emmanuel Lubezki
Musik: Hanan Townshend
Schnitt: A.J. EdwardsKeith FraaseGeoffrey RichmanMark Yoshikawa


Review
Terrence Malik hat sich über die Jahre immer weiter von dem entfernt, was gemeinhin von einem “normalen” Film erwartet, bzw. überhaupt noch als ein “richtiger” angesehen wird. Zwar zieht ein tief naturalistischer Ansatz sich bereits seit dem Regie-Debüt BADLANDS durch sein Werk – stimmungsvollen Bildern aus der Natur und dem Leben wurde bereits zu Anfang ein großer Platz eingeräumt – doch wichen Faktoren wie eine klassische Handlung und Narration mit der Zeit immer weiter aus seinen Filmen. In DER SCHMALE GRAT formulierten erstmalig multiple Figuren nachdenklich ihre verschiedenen Weltsichten aus dem Off, in TREE OF LIFE verpackte Malick eine Abhandlung über konträre Lebenswege – rational VS spirituell – bereits überwiegend in Form einer symbolischen Bilder- und Klangflut, hangelte sich aber partiell noch an einem tragischen Familiendrama entlang, nur um (nach dem zwischengeschalteten TO THE WONDER) in KNIGHT OF CUPS endgültig in einer extremen Verdichtung seines Stils anzukommen. Dieser Film hat nun gar nichts mehr von einer konventionellen Geschichte, sondern ist nur noch Stimmung, nur noch ein Treiben durch Momente, nur noch offen gehaltener Raum für Projektion – nach Sichtung eines Werks nicht sicher zu sein, ob der Hauptdarsteller on Screen auch nur einen einzigen wirklichen Satz gesagt hat, spricht Bände und deutet schwer auf eine gänzlich andere Art Film hin.  Film: Knight Of Cups (2015) weiterlesen

Film: We Are Still Here (2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Tiberius Film


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Horror, Haunted-House
Regie: Ted Geoghegan
Drehbuch: Ted Geoghegan
Besetzung: Barbara Crampton, Andrew Sensenig, Lisa Marie, Larry Fessenden, Monte Markham, Susan Gibney
Kamera: Karim Hussain
Musik: Wojciech Golczewski
Schnitt: Aaron Crozier, Josh Ethier


Review
Selbst ohne sich durchweg mit der Fülle an neuen Veröffentlichungen im Horrorgenre auseinanderzusetzen, fällt unübersehbar ins Auge, dass das klassische Sujet des Spukhaus-Films eines der am breitesten ausgetretenen Stilrichtungen der dunkleren Sorte ist. Da inhaltlich sowieso immer das gleiche passiert, aber besonders, weil die Rückkehr zur altbekannten Langsamkeit und Stilistik vergangener Tage, welche in den letzten Jahren zum Beispiel durch frische Vertreter wie THE HOUSE OF THE DEVIL oder INSIDIOUS erfolgte, von vielen Genre-Freunden als die längst überflüssige Rettung (von anderen hingegen als endgültiger Untergang) der verwunschenen vier Wände abgefeiert wurde, ist es mittlerweile inmitten der Flut an Vertretern kaum bis gar nicht mehr möglich sich ohne besondere Originalität oder eine markante eigene Handschrift in relevanten Qualitätsregionen oberhalb des Durchschnitts zu tummeln. Das Langfilm-Debüt des US-amerikanischen Autorenfilmers Ted Geoghegan trägt eine solche Handschrift in sich. Film: We Are Still Here (2015) weiterlesen

Film: Baskin (2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Capelight Pictures


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Horror, Mystery
Regie: Can Evrenol
Drehbuch: Can EvrenolOgulcan Eren AkayCem OzuduruErcin Sadikoglu
Besetzung: Muharrem BayrakFatih DokgözGorkem KasalErgun KuyucuSabahattin YakutSeyithan Özdemir
Kamera: Alp Korfali
Musik: Ulas Pakkan
Schnitt: Erkan Ozekan


Review
Wer die Kinostarts der letzten Jahre aufmerksam studierte, konnte feststellen, dass sich schleichend (weil vom deutschen Publikum weitgehend unbemerkt) eine Fülle türkischer Produktionen in die Lichtspielhäuser einschlich. Von romantischen Komödien, über Action-Thriller, bis hin zu einer Vielzahl morbider Horror-Filme ist einiges dabei, die Türkei als Film-Nation schon lang kein unbeschriebenes Blatt mehr und demnach für ein internationales Publikum bereit – letzteres bestätigen diverse Festival-Erfolge der letzten Jahre. Wahrscheinlich mit einem Auge auf die stattliche Anzahl potentieller türkisch-stämmiger Kinogänger schielend, werden diese Vertreter hierzulande sogar meist im Original mit deutschen Untertiteln projiziert und sind so für Originalton-interessierte Kino-Geeks gänzlich ohne Umwege in der präferierten Form zu genießen.  Film: Baskin (2015) weiterlesen