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Film: Heat (1995)


Trailer © by Warner Home Video


Fakten
Jahr: 1995
Genre: Thriller, Action, Drama
Regie: Michael Mann
Drehbuch: Michael Mann
Besetzung: Al Pacino, Robert De Niro, Val Kilmer, Jon Voight, Tom Sizemore, Diane Venora, William Fichtner, Natalie Portman, Ashley Judd, Amy Brenneman, Ted Levine, Tom Noonan, Danny Trejo
Kamera: Dante Spinotti
Musik: Elliot Goldenthal
Schnitt: Pasquale Buba, William Goldenberg, Dov Hoenig, Tom Rolf


Review
Vincent Hanna: “And now that we’ve been face to face, if I’m there and I gotta put you away, I won’t like it. But I tell you, if it’s between you and some poor bastard whose wife you’re gonna turn into a widow, brother, you are going down.
Neil McCauly: “There is a flip side to that coin. What if you do got me boxed in and I gotta put you down? Cause no matter what, you will not get in my way. We’ve been face to face, yeah. But I will not hesitate. Not for a second.

Ein kurzer Auszug aus einem Gespräch. Einem Dialog, der bei bloßer Erinnerung an ihn für Gänsehaut am ganzen Körper sorgt und den Atem stocken lässt. Eine Kollision zwischen zwei Altmeistern. Clash der Titanen. Zwei Legenden halten ein kurzes Gespräch, eingebettet in einen Film, der auf seinem Sektor – vielleicht auch in Film als Ganzem – auch bereits legendären Status erlangt hat. Weil er etwas tut – und zwar in Perfektion –  was vor ihm erst selten (oder in diesem Maße vielleicht sogar nie) mit Erfolg getan wurde: Den Genrefilm, konkret Heist-Thriller, zu entschleunigen, seinen Fokus zu verlagern und ihn auf ein Podest zu erheben, dessen Fundament sich aus dramatischer Substanz speist, dass also somit auf Augenhöhe mit jeglicher, gemeinhin als “seriöser” angesehenen Art des Films liegt. Weil HEAT nichts vernachlässigt oder missachtet, ein Bewusstsein dafür hat, dass ALLES in diesem Film von äquivalenter Wichtigkeit ist, gelingt es dem alten Action-Autheur Michael Mann problemlos, das beengende Korsett der Konventionen abzuschütteln – in Konsequenz bricht HEAT in jeder nur erdenklichen Weise mit unseren Erwartungen, übertrifft sie durch den eigenen, reiferen Ansatz bei weitem und ist ein Genrefilm, der das eigene Genre nur als Ausgangspunkt versteht, um klassische Begrifflichkeiten und Abläufe zu transzendieren. Wie sonst könnte die großartigste Schießerei der Filmgeschichte nur einer von vielen Höhepunkten des Films sein? Wie sonst könnten Dialoge in ihrer Gewichtung gegenüber Taten sogar noch überwiegen – aber doch nur durch ihre Koexistenz mit dem Rest ihre ganze Wucht entfalten? Kein Thriller, kein Drama, kein Actionfilm, sondern ein Gesamtwerk, dass nur durch das Miteinander der Bausteine zu echtem Leben erweckt wird. Film: Heat (1995) weiterlesen

Film: Lawrence von Arabien (1963)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Sony Pictures Home Entertainment


Fakten
Jahr: 1963
Genre: Historienfilm, Abenteuer, Epos, Monumentalfilm
Regie: David Lean
Drehbuch: Robert BoltMichael Wilson
Besetzung: Peter O’Toole, Alec Guinness, Anthony QuinnJack HawkinsOmar SharifJosé FerrerAnthony QuayleClaude RainsArthur KennedyDonald WolfitI.S. JoharGamil RatibMichel RayJohn DimechZia Mohyeddin
Kamera: Freddie Young
Musik: Maurice Jarre
Schnitt: Anne V. Coates


Review
Ich schließe die Augen und stelle mir vor es ist 1963. 1963, das bedeutet für mich natürlich, dass ich sicher noch keinen der etwa 4 Millionen Fernsehgeräte in der Republik besitze (solcher Luxus lag sicher nicht in meiner Erreichbarkeits-Spanne). Und auch wenn, dann ist dieser Fernseher klein, unscharf, in schwarz/weiß und maximal mit drei Programmen ausgestattet. Wie nehme ich also meine große Passion, den Film wahr? Film, das ist damals für mich noch etwas, was ich mir (nahezu ausschließlich) in Kinos ansehen kann (und in dieser kleinen, fiktionalen Erinnerungs-Reise natürlich schon ausgiebig getan habe). Das ist auch etwas, was ich (noch) überwiegend mit künstlichen Aufnahmen aus großen Studios verbinde – opulente, kostspielige Kulissen, künstlich errichtete Western-Städte, geschlossene Räume, etc. Außerdem ist Film für mich etwas, was gerade erst dabei ist, sich von seinem Jahrzehnte-langen Dasein in Schwarz/Weiß zu emanzipieren.

Das sind die Rahmenbedingungen. Ich höre also damals, in 1963, von diesem neuen Film, der der große Renner sein soll. Man erzählt sich, er beinhalte wundervolle Aufnahmen einer mir fremdartigen Welt, wie ich sie so noch nie gesehen habe. Man sagt der Film sei unheimlich lang und begleite seine Figur über weite Strecken ihres Lebens in “Arabien”. Arabien? Wie ist es dort überhaupt? Viel weiß ich nicht darüber, gesehen habe ich es erst recht nicht, da ich – wie alle Deutschen, die es sich leisten konnten – erst einmal mit dem Auto im Urlaub in Italien war. Man sagt es sei unglaublich, was in diesem Film geschieht, also beschließe ich schnell, mir ein eigenes Bild davon zu machen.

Als ich in diesem kleinen Gedankenspiel dann über vier Stunden später aus dem Kino komme, ist wahrscheinlich nichts mehr wie vorher.  Film: Lawrence von Arabien (1963) weiterlesen

Film: The Place Beyond The Pines (2013)


Trailer © by STUDIOCANAL


Fakten
Jahr: 2013
Genre: Drama, Episodenfilm
Regie: Derek Cianfrance
Drehbuch: Derek Cianfrance, Ben Coccio, Darius Marder
Besetzung: Ryan Gosling, Bradley Cooper, Eva Mendes, Mahershala Ali, Ben Mendelsohn, Rose Byrne, Ray Liotta, Dane DeHaan, Emory Cohen
Kamera: Sean Bobbitt
Musik: Mike Patton
Schnitt: Jim Helton, Ron Patane


Review
Manchmal hilft es, Film als eine Art theoretischen Modellversuch zu sehen – die Drehbuchschreiber / der Regisseur definieren die Rahmenbedingungen: Konstanten die lediglich als Ausgangspunkt für alles weitere dienen (und wenn nötig eine leichte Verschiebung in die gewünschte Richtung erfahren). Diese Bedingungen können so nah wie möglich an der existenten Realität angelehnt sein, können eine freiere Auslegung dieser darstellen, oder im Extremfall vollkommen davon abweichen. Letzteres ist der Zustand den viele Stimmen gerne als “unrealistisch”, “konstruiert”, oder “unlogisch” betiteln. Was diese Stimmen unter Umständen nicht erkennen (wollen): Das wichtige an diesem Experiment sind nicht die Konstanten, sondern die Variablen – um genau zu sein nur eine Einzige: Der Faktor Mensch!
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Film: God Bless America (2011)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by EuroVideo Medien GmbH


Fakten
Jahr: 2011
Genre: Gesellschaftskritik, Amoklauf
Regie: Bobcat Goldthwait
Drehbuch: Bobcat Goldthwait
Besetzung: Joel Murray, Tara Lynne Barr, Mackenzie Brooke SmithMelinda Page HamiltonRich McDonaldMaddie Hasson
Kamera: Bradley Stonesifer
Musik: Matt Kollar
Schnitt: David HopperJason Stewart


Review
Im Kern von GOD BLESS AMERICA steckt ganz, ganz viel wahres – über die Gesellschaft und ihre schleichende Verrohung, über den Verfall von Moral, von zwischenmenschlicher Toleranz, von essentiellen Werten. Auch über die tägliche Flut an vollkommener Idiotie die uns umgibt, etc., etc.

Dass einige Uhren im modernen Alltag mittlerweile leider so krank, wie hier angeprangert ticken, ist jedoch alles andere als ein Geheimnis, da medial besonders diese Schattenseiten des Daseins mit hoher Präferenz ausgeschlachtet werden. Ich bin mir sicher, dass jeder halbwegs reflektierte Mensch (ich gehe so weit und zähle mich auch zu dieser Gattung) sich dieses Faktums bewusst ist. Ob masochistischer Seelen-Striptease und öffentliche Anprangerung in Casting-Shows oder Dschungel-Schrott, der tägliche Bullshit den die BILD-Zeitung uns als Journalismus verkaufen will, oder die Glorifizierung von C-Celebrity-Knallchargen zu Halbgöttern – das alles ist verachtenswert trivialer Mist und kann einem entweder richtig auf den Senkel gehen, oder einfach nicht zur Kenntnis genommen, oder vor Freude sprudelnd bejubelt werden – wie man damit umgeht ist egal, bewusst ist es jedem.  Film: God Bless America (2011) weiterlesen

Film: Leben und sterben in L.A. (1985)


Trailer © by 20th Century Fox


Fakten
Jahr: 1985
Genre: Thriller, Neo-Noir, Gangsterfilm
Regie: William Friedkin
Drehbuch: William FriedkinGerald Petievich
Besetzung: William Petersen, Willem Dafoe, John PankowDebra FeuerJohn TurturroDarlanne FluegelDean StockwellSteve JamesRobert Downey Sr.Michael GreeneChristopher Allport
Kamera: Robby Müller
Musik: Wang Chung
Schnitt: M. Scott Smith


Review
Wenn William Friedkin eines liegt, dann die Umsetzung von rasanter Bewegung. Egal ob er seine Protagonisten unter vollem Körpereinsatz, quer über Gepäckbänder und Sitzbänke durch einen völlig überfüllten Flughafen sprinten lässt, zur Rush-Hour das Gaspedal auf den Straßen von Los Angeles auf Anschlag durchtritt und die zwei FBI-Agenten sogar als Geisterfahrer auf rappelvolle Highways loslässt, oder fußläufige Verfolgungsjagden durch ganze Stadtviertel inszeniert – die Action sitzt und ist definitiv das Highlight aus TO LIVE AND DIE IN L.A. – verdammt schnell, knackig-explosiv und wirklich gut fotografiert.

Weniger Highlight ist im Kontext gesehen leider die oftmals demonstrative Klischee-80er-Ästhetik, speziell der Soundtrack. Für sich genommen, liegt mit der Musik von Wang Chung großartige Qualität vor. Wirklich feinster 80er-Synthiepop – quietschig, pornös und in jeder Note Zeichen seiner Zeit. Doch wirkt eben diese Form der Musik hier unangenehm deplatziert, weil sie sich weder natürlich einfügt, noch sinnvoll aus den gezeigten Szenarien heraus legitimiert ist. Synthesizer geben sich in Friedkin’s 1985er Werk ein fröhliches Stelldichein mit klassisch-orchestraler Untermalung und TO LIVE AND DIE IN L.A. ist immer (bzw. leider nur) dann packend, spannend, intensiv und atmosphärisch dicht, wenn der etwas düstere, bedrückende Streicher-Score die Geschehnisse untermalt. Doch das ist nicht von Dauer: aus dem nichts ertönt der nächste, frisch aus dem Step-Sequencer entflohene Synthie-Angriff und wirft den Zuschauer (bzw. mich zumindest) mit einem weit ausgeholten Tritt in den Allerwertesten aus dem atmosphärischen Fluss hinaus. Um in dieser Hinsicht stimmig zu wirken, bringt der Film akustisch zu sehr die Synthie-Peitsche, ihm fehlt jedoch fast völlig das visuelle Äquivalent dazu: Eine ordentliche Schippe Neon-Ästhetik. Wenn, dann richtig – hier herrscht eine ungewollte Diskrepanz vor, die keine gesunde Mitte findet – der Film sieht weit klassischer aus, als er klingt.  Film: Leben und sterben in L.A. (1985) weiterlesen