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Film: Her (2014)


Titelbild & Trailer © by Warner Home Video


Fakten
Jahr: 2014
Genre: Drama, Science-Fiction, Liebesfilm, Philosophischer Film
Regie: Spike Jonze
Drehbuch: Spike Jonze
Besetzung: Joaquin Phoenix, Amy Adams, Scarlett Johansson, Chris Pratt, Rooney Mara
Kamera: Hoyte Van Hoytema
Musik: Arcade Fire
Schnitt: Jeff Buchanan, Eric Zumbrunnen


Review
Her.
Sie.
Sie, die Eine.
Einzigartige.
Was muss sie bieten um die Eine zu sein?
Wärme? Zuneigung? Verständnis?
Einen Körper?

Was ist Leben? Was ist Liebe?
Wo fängt all dies an und wo endet es?
Wie muss Leben sein, damit Liebe entsteht?

HER stellt Fragen über Fragen.
HER ist mehr als ein unkonventioneller Liebesfilm.
HER ist ein Lichtblick am Kinohimmel!
Ein Film der, nachdem er gesehen wurde, primär die Frage in den Raum stellt, wie man ihn nicht vermissen konnte, als es ihn noch nicht gab! Der unglaublich toll aussieht, der eine selten gekannte menschliche Wärme ausstrahlt, der fantastisch geschrieben und ebenso fantastisch gespielt ist.

Und vor allem ein Film, der zwar auf elementarer Ebene substantiell ist, aber dennoch einen nicht in Worte zu fassenden Zauber entfaltet.

HER heißt zurücklehnen, aufgesogen werden und zwei viel zu kurze Stunden in einen träumerischen Zustand verfallen, der genau so von ungewöhnlichen wie ehrlichen Emotionen, purer Liebe und echter Romantik, wie auch von bitterer Melancholie und Trauer getragen wird. Aber dennoch: Noch während er über die Leinwand läuft (und erst recht danach) kann und wird man realisieren, wie hier der pure Existenzialismus behandelt wird – auf eine unglaublich herzerwärmende Weise inszeniert Spike Jonze einen Liebesfilm, der zwischen den Zeilen von den grundsätzlichsten Fragen der klassischen Science-Fiction durchzogen ist. Diese Gedanken in Worte zu fassen ist schwierig, fast unmöglich, da die Kernaussage von HER zwar vollkommen klar fühl-, aber doch schwer greif- oder formulierbar ist.

Obwohl jede denkbare Formulierung streng genommen viel zu technisch bleibt (und damit diesem warmen Werk in keinster Weise gerecht wird) mal der Versuch einer Assoziationskette: Wenn es möglich wird eine künstliche Lebensform zu erschaffen, wo ist die Grenze zur Gleichwertigkeit? Der Mensch ist durch sein Wesen und durch seinen Körper, also durch die Gemeinsamkeit dieser zwei Eigenschaften definiert – wenn nun künstlich eine dieser Eigenschaften simuliert wird, erscheint nur ein Fall einfach: Ein künstlicher Körper mit allen unseren Eigenschaften ist nicht mehr als ein Roboter und als dieser zu behandeln. Auch programmiertes Verhalten bleibt programmiert und somit nur Werk seiner Schöpfer. Kompliziert (und deshalb in Meilensteinen wie BLADE RUNNER bereits tiefergehend hinterfragt) wird der nächste Schritt – der künstliche Körper, kombiniert mit künstlicher Intelligenz. Warum sollte etwas das lebt und denkt kein Leben, also nicht wertvoll, sein, nur weil der Schöpfungsprozess kein Natürlicher war? Ist es überhaupt unnatürlich, wenn wir, die wir doch auf diesem Planeten nach und nach entstanden sind, unsere Entwicklung nutzen um etwas Neues zu schaffen? Spike Jonze geht aber mit HER sogar noch weiter: Ist der Körper überhaupt im geglaubten Maße relevant, oder ist es nur der Geist, das Wesen, (die Seele?), was uns ausmacht, also den Menschen, also LEBEN ausmacht? Kann man einer körperlosen Form des Daseins mit Gefühlen, Entwicklung, Launen, einfach allem was auch in einem Menschen steckt, absprechen lebendig zu sein? Ein Beispiel aus unserer Lebensrealität: Ein Mensch mit schwersten Behinderungen, dessen Körper jegliche Beweglichkeit eingebüßt hat (um bei Filmen zu bleiben, z.B. Ramón aus DAS MEER IN MIR), ist trotzdem kein weniger wertvoller Mensch. Im Science-Fiction Kontext weitergesponnen folgt: Des Körpers endgültig beraubt, aber aller sonstigen MENSCHLICHEN Eigenschaften habhaft – ist diese Lebensform nun auch ebenbürtig? Warum sollte sie es nicht sein? Oder ist Materie in einer materiellen Welt doch zu essentiell?

Viele Gedanken für die uns Jonze zum Glück keine Lösung vorsetzt. Nur Denkanstöße und davon so viele, dass chaotische Texte wie dieser entstehen.

Denn Theodore verliebt sich in solch einen körperlosen Charakter – Samantha ist kein Mensch, sie ist ein intelligentes OS. Sie entwickelt sich, lernt sich kennen, lernt Theodore kennen – und er, der so einsam und grau durch eine Welt läuft, die eigentlich vor Farbe und Sonnenlicht strotzt, erkennt in ihr den Menschen, das WESEN, was ihm zur Vervollständigung der Leere fehlt. Einen Charakter, der Liebe hervorruft und ihn glücklich macht. “I think anybody who falls in love is a freak. It’s a crazy thing to do. It’s kind of like a form of socially acceptable insanity”, heisst es in HER, aber eigentlich ist es doch ein Plädoyer FÜR die Liebe. Die träumerische Aussage, dass es eigentlich keine Barrieren gibt, die durch Gefühle nicht hinter sich zu lassen sind. Und auch wieder nur eine Aussage von vielen.

Auch die Aufforderung das Leben zu genießen, schreit HER uns entgegen. Uns gereichte Hände zu ergreifen. Uns helfen zu lassen, wenn es mal nicht so läuft. All den Stress auch mal auszublenden und träumend am Strand zu liegen – mit fantastischer Musik im Ohr, die mehr auslösen kann als jedes Wort. Fantastische Musik von Arcade Fire, die mal wieder beweisen warum man ihren Namen aktuell zu Recht überall hört und liest. Fantastische Musik, die noch fantastischere Bilder begleitet – Kameramann Hoyte van Hoytema beweist erneut, dass er zu den fähigsten seiner Zunft gehört und fängt die ebenso fantastischen Kulissen perfekt ein.
Einzigartig.

Inszenatorisch großartig, inhaltlich warm, bewegend, vielschichtig und eine vollkommen runde Abhandlung über das Wesen der Existenz. Absolut einzigartig!

Samantha: “As there are no pictures of us together, I’m composing a song that sounds like the feeling of looking at a picture of ourselves.”
Theodore: “It’s wonderful, I really can see you in the picture!”
Samantha: “I am.”


Wertung
9 von 10 poetischen Piano-Balladen (mit Tendenz zur 10)


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
Amazon (*) (falls ihr das Amazon-Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

5 Gedanken zu „Film: Her (2014)“

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