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Film: Tokyo Tribe (2015)


Tokyo Tribe (IMDb) – Groteske, Musical, Japan, 2015 – Regie: Sion Sono, Skript: Sion Sono, Kamera: Daisuke Sôma, Musik: B.C.D.M.G., Copyright (Titelbild, Bildausschnitte, Trailer): Rapid Eye Movies


Review
Tödliche Haarverlängerungen, ein vierstündiges Splatter-Liebes-Epos mit Martial-Arts-Hößchenfotografie und nun ein abgedreht-buntes Gangsta-Rap-Musical, das sich wie die Smartphone-Game-Version der ENTER-THE-VOID-Variante von THE WARRIORS anfühlt – immer wenn man denkt Sono Sion kann keinen mehr drauf setzen, tut er es einfach. Wer zelebrierten Exzess zum vielleicht einzigen roten Faden des eigenen Werks erkoren hat, trumpft eben in den unerwartetsten Momenten durch ein seltenes As im Ärmel auf.

Lässt man sich den Inhalt von TOKYO TRIBE genüßlich auf der Zunge zergehen – dauer-rappende Gangs in Tokyo, die mit Fäusten und Punchlines in einer blinkend-verzerrten Neon-Variante der Stadt um Territorien battlen, sich aber dann zusammenschließen um den fiesen, kleine Kinder verspeisenden Oberboss vom Thron zu schmeißen – so steht eigentlich nur eines fest: zu erahnen, was in diesem Konglomerat der weirden Ideen an überbordenden Motiven auf den Zuschauer wartet, gestaltet sich unmöglich. Zu ungewöhnlich, zu schräg und (ganz in Tradition des Regisseurs) eben auch zu einzigartig. Aus eben dieser Unberechenbarkeit generierte Sono oft einen nicht unerheblichen Teil seiner Schlagkraft, die Konsequenz mit der er Dinge einfach tat, statt sich vorsichtig heranzutasten, zeichnet sein Werk von jeher aus.  Film: Tokyo Tribe (2015) weiterlesen

Film: Mutant Girls Squad (2010)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Ascot Elite Home Entertainment


Fakten
Jahr: 2010
Genre: Splatter, Trash, B-Movie
Regie: Tak SakaguchiNoboru Iguchi, Yoshihiro Nishimura
Drehbuch: Noboru IguchiJun Tsugita
Besetzung: Yumi SugimotoSuzuka MoritaTak SakaguchiYûko TakayamaKanji TsudaCay IzumiAsami
Kamera: Shu G. Momose
Musik: Kou NakagawaTakashi Nakagawa
Schnitt: Yoshihiro NishimuraTakeshi Wada


Review
“Liebe Fans aus Deutschland. Bitte genießt MUTANT GIRLS SQUAD, während ihr Bier trinkt und Würstchen esst”. In diesem kleinen Vorwort des gut gelaunt grinsenden Yoshihiro Nishimura, einem von drei Regisseuren des Films, schwingt geradezu perfekt die Einstellung mit, die er selbst in Bezug auf das Werk hat: Nimm’s locker, hab Spaß und ergötze dich an der Fülle absurder Ideen. Man tut gut daran, als Zuschauer dieser 90 Minuten geballten Over-The-Top Irrsinns, eben diese lockere Attitude zu teilen, denn todernst an ein überzogenes Trashfest, dass sich selbst nicht eine Sekunde ernst nimmt, ran zu gehen, führt selten zu einem harmonischen Miteinander. Obwohl derartige Pauschalisierungen an sich immer gefährlich sind, ist MUTANT GIRLS SQUAD mal wieder einer dieser Filme, die in der vorliegenden Form einfach nur aus Japan kommen können. Der immense Splatter-Faktor, die ständigen sexuellen Anzüglichkeiten und nicht zuletzt die Schulmädchen- und Krankenschwester-Uniformen – Zitat der Hauptdarstellerin Yumi Sugimoto “Ich glaube schon, dass die drei Regisseur etwas pervers sind.“ – sowas kann man nicht imitieren, sowas kommt halt aus Japan. Aber Schritt für Schritt.

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Film: Love Exposure – Ai No Mukidashi (2008)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Rapid Eye Movies


Fakten
Jahr: 2008
Genre: Drama, Liebesfilm, Wahnsinnstrip
Regie: Shion Sono
Drehbuch: Shion Sono
Besetzung: Takahiro Nishijima, Hikari Mitsushima, Sakura Andô, Yutaka Shimizu, Makiko Watanabe, Hiroyuki Onoue, Atsuro Watabe, Tasuku Nagaoka, Sô Hirosawa, Yûko Genkaku
Kamera: Sôhei Tanikawa
Musik: Tomohide Harada
Schnitt: Jun’ichi Itô


Review
Es kommt selten vor, wirklich selten, dass ein Film die Kraft besitzt alles zuvor im Kopf des Zuschauers dagewesene mit geradezu erschreckender Leichtigkeit davon zu fegen. Sich von jetzt auf gleich in den geistigen Vordergrund zu drängen, der Rest dahinten nur noch vage Schemen, und laut zu schreien: “Hier bin ich und egal, was du meinst bis jetzt gesehen zu haben, ich garantiere dir, so etwas wie mich kennst du noch nicht!” Diese Wirkung erreicht vielleicht ein Film alle paar Jahre. Doch selbst über diese seltene Gattung der Meisterwerke hebt sich Shion Sono’s 2008er Film LOVE EXPOSURE noch ein kleines Stückchen weiter empor – weil er nicht nur einmal derartig wirkt, sondern die totale Ausweitung jeglicher Grenzen und den nicht wieder zuklappen wollenden Kiefer auch bei jeder weiteren Sichtung erneut hervor ruft. Diese Achterbahnfahrten durch eine Welt aus fotografierten Schlüpfer und fanatischen Sekten immer besser werden. Ein Werk, das völlig eigen, in exotischem Maße größenwahnsinnig und streng genommen vollkommen unbeschreiblich ist – das man erleben muss, um auch nur eine Idee von der Intensität zu erhalten, die dieser Film erzeugen kann.

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Film: Geständnisse – Kokuhako (2010)


Trailer © by Rapid Eye Movies


Fakten
Jahr: 2010
Genre: Thriller, Drama
Regie: Tetsuya Nakashima
Drehbuch: Tetsuya Nakashima
Besetzung: Takako Matsu, Yoshino Kimura, Masaki Okada, Yukito Nishii, Kaoru Fujiwara, Ai Hashimoto, Hirofumi Arai, Makiya Yamaguchi, Ikuyo Kuroda
Kamera: Masakazu Ato, Atsushi Ozawa
Musik: Toyohiko Kanahashi
Schnitt: Yoshiyuki Koike


Review
Das asiatische, speziell japanische Kino mutet dem Hollywood-sozialisierten Europäer sicher oft ein wenig seltsam an. Es ist “anders” inszeniert, die Figuren benehmen sich, gemessen an den uns vertrauten zwischenmenschlichen Interaktionen unverständlich, ihre Beweggründe verbleiben, aus der Perspektive unseres kulturellen Sozialisationshorizontes heraus gesehen, in einem Bereich der geringen Nachvollziehbarkeit. Ist diese kulturelle Barriere aber einmal überwunden, so wartet als Belohnung die Entdeckung einer bzw. mehrerer großartigen Filmnationen auf den geneigten Zuschauer.

Das schöne bei der Erschließung von Neuland ist zudem, dass sobald sich langsam ein wenig (und bei mir liegt die Betonung auf wenig) Routine eingeschlichen hat, ein Gefühl der Vertrautheit entsteht, welches jedoch in regelmäßigen Intervallen wieder eingerissen wird. Man meint, langsam ein Gespür für eine Materie zu entwickeln und hat doch nicht mehr, als die blanke Oberfläche gesehen – die nächste Überraschung ist nicht fern. In meinem Fall hieß sie nun KOKUHAKO. Ein grandioses Werk, welches die Dinge, zumindest aus meiner begrenzten Sicht, nochmals anders angeht. Nicht auf die Art anders, wie sie “die Japaner” – eine Filmnation deren Vertreter man selbstverständlich nicht plump als eine graue Masse über einen Kamm scheren darf – im Gegensatz zu “Westlern” anders machen, sondern anders, als überhaupt alle es machen. Film: Geständnisse – Kokuhako (2010) weiterlesen

Film: Outrage – Autoreiji (2010)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Capelight Pictures


Fakten
Jahr: 2010
Genre: Thriller
Regie: Takeshi Kitano
Drehbuch: Takeshi Kitano
Besetzung: Takeshi Kitano, Kippei Shîna, Ryô Kase, Fumiyo Kohinata, Sôichirô Kitamura, Tadashi Sakata, Kenji Morinaga, Hideo Nakano
Kamera: Katsumi Yanagijima
Musik: Keiichi Suzuki
Schnitt: Yoshinori Ohta, Takeshi Kitano


Review
Traue keinem. Absolut keinem!

So, oder so ähnlich, muss wohl die drastische Aussage lauten, die Takeshi Kitano unterm Strich mit OUTRAGE vermittelt (und dadurch mit den klassischen Werten der Yakuza-Clans, wie geheuchelter Loyalität, ehrfürchtigen Stirnbietungen, usw. gnadenlos abrechnet). Um einzuschätzen, ob das ein gänzlich neuer Blick auf das etablierte japanische Gangster-Genre ist, kenne ich mich leider (noch) nicht genug aus, allerdings lassen diverse Einwürfe im Laufe des Films vermuten, dass auch die ehrbaren Anzugträger in den schwarzen Limousinen nun den Sprung ins 21. Jahrhundert nötig hatten – die Ziele sind im Wandel, die Gier nach Macht bleibt.

Von Drogenhandel und illegalen Casinos an den Aktienmarkt. Das wäre mit dem alten Kaichõ nie gegangen!

In einer verschachtelten Gangster-Geschichte voller Clans, konkurrierender Familien, eindrucksvollen Anführern, deren Stellvertretern, dem alles überragenden Kaichõ und einem Haufen hitzköpfiger Straßenschläger, welche zunächst etwas Anlauf braucht, bis sämtliche Zusammenhänge und Vernetzungen klar werden, treibt Kitano seine Protagonisten bis aufs äußerste und es wird klar: Jeder kämpft für sich und besonders der Chef, der alle anderen überthronende Boss, hat lediglich das Ziel möglichst lang in seiner Position zu bleiben. Wer zu mächtig wird, oder es irgendwann mal werden könnte, bekommt den richtigen Flo ins Ohr gesetzt und wird schon selbst für seinen Untergang sorgen – Intrigen, so weit das Auge reicht, Soap-Opera im Yakuza-Style. Film: Outrage – Autoreiji (2010) weiterlesen