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Film geschaut: Magical Mystery oder Die Rückkehr des Karl Schmidt (2017)


Magical Mystery oder Die Rückkehr des Karl Schmidt (IMDb) – Satire/Drama/Musikfilm, Deutschland, 2017 – Regie: Arne Feldhusen, Skript:  Sven Regener, Kamera:  Christoph Iwanow & Lutz Reitemeier, Musik: VA, Copyright (Titelbild, Bildausschnitte, Trailer): DCM


Review
Itze-Itze-Itze-Itze, alle Arme hoch, Trillerpfeifen raus, Abfaaaaaaaahrt!

Er hat es in mittlerweile sechs (viel zu kurzen) Staffeln TATORTREINIGER bereits zur Genüge bewiesen und nun mit einem herrlichen Spielfilm endgültig alle Zweifel ausgeräumt: Arne Feldhusen kann es. Ziemlich gut sogar! Und wenn dann auch noch Sven Regener das Skript “verzapft” hat, ein Multitalent das mit HAI-ALARM AM MÜGGELSEE meinen vielleicht liebsten deutschen Film der letzten Jahre schrieb (und vertonte), plus auch zuvor im Gespann mit Leander Haußmann bereits mehrfach zur Höchstform auflief, rollt, bzw. schranzt da ein absolutes Must-See auf mich zu.

Gute Wahl, denn besonders mit Affinität zu elektronischer Musik, Wissen um ihre Ursprünge, sowie Bewusstsein für das auf absurde Größe gewachsene Massenphänomen, welches sie Mitte der Neunziger wurde, findet sich in MAGICAL MYSTERY reichlich Unterhaltungswert. Auf Peak Mainstream-Techno (den man keinesfalls „Tekkno“ aussprechen sollte), lassen Regener und Feldhusen eine Gruppe skurril-verpeilter DJs und/oder Produzenten und/oder Party-Nasen im gemieteten, schnell zugemüllten Bulli auf Achse durch die Republik gehen, um dem legendären Roadtrip der Beatles nachzueifern – ganze Nacht Party, ganze Nacht Mucke, auf der Suche nach einem Traum.  Film geschaut: Magical Mystery oder Die Rückkehr des Karl Schmidt (2017) weiterlesen

Film: Moonwalkers (2016)


Moonwalkers (IMDb) – Stoner-Satire, Universal PicturesUK2016 – RegieAntoine Bardou-Jacquet, Skript: Dean Craig, Kamera: Glynn Speeckaert, Copyright (Titelbild, Trailer): Universal Pictures Germany


Review
Wie wir alle wissen ist unsere von Echsenmenschen bewohnte (Hohl)Erde flach, ihre Atmosphäre wird von geheimdienstlich/imperialistisch/BRD AG (bitte zutreffendes ankreuzen) gesteuerten Flugzeugen, äääh, Reichsflugscheiben mit Chemtrails verseucht, die uns gefügig machen, um uns von amerikanischen Horror-Clowns purgen zu lassen und natürlich war die Menschheit niemals auf dem Mond. Alles eine Inszenierung der Bilderberger, oder Illuminaten, oder Rothschilds, oder eben von Stanley Kubrick, dem kenianischen Islamisten. Ach nee, das ist ja schon der scheidende US-Präsident. Macht keinen Sinn, doch sei es drum, wer all das glaubt, was in der Lügenpresse so an Mutti-Propaganda läuft, ist dem westlichen Brainwashing hoffnungslos erlegen. Weil is so. Wacht auf Leute!!!!11 #aufwachenjetzt

Wie Kubrick’s getürkte Mond-Bilder ihren Weg auf die Schirme der mitfiebernden Welt fanden, ergründet der Film MOONWALKERS auf höchst amüsante Weise. Ron Perlman als grummeliger, schwer traumatisierter Vietnam-Veteran wird (ohne die Option auf Wiederrede – this is an order) damit betraut, den Meisterregisseur und dessen Agenten in London zu treffen, um sie mit einem Koffer voll überzeugender Argumente zur Inszenierung der Mondlandung zu bringen. Arglistige Täuschung von höchster Stelle? Nein, alles nur als Backup-Plan gedacht, falls die echte Apollo an der Technik scheitert, denn die Blöße, den Russen den Sieg im Wettrüsten der Raumfahrt zu überlassen, kann und will sich “The greatest nation on earth” nicht geben. Film: Moonwalkers (2016) weiterlesen

Roman: Don DeLillo – Cosmopolis (2003)

Es sollte wieder eine Weile dauern, bis ich den nächsten Roman hier im Blog featuren konnte – zwar las ich endlich wieder viel, jedoch fast nur Comics – doch immerhin lohnt es sich jetzt auch. In aller seiner (bewusst) verkopften Sperrigkeit ist COSMOPOLIS nämlich dennoch (ähnlich wie David Cronenberg’s neun Jahre später umgesetzte Verfilmung) ein extrem gelungenes Werk.


Eckdaten
Autor(en): Don DeLillo
Titel: Cosmopolis
Erscheinungsjahr: 2003
Entstehungsland: USA
Genre: Satire, Gesellschaftskritik, Groteske
Umfang: ca. 200 Seiten
Gelesen: Juli-September 2016, Trade Paperback, Deutsche Übersetzung


Plot
Eric ist ein neureiches Technik- bzw. Finanz-Genie und hat es durch gekonnte Markt-Prognosen vom Niemand zum Multimillionär gebracht. An einem Tag, wo der Yen, auf den er waghalsig spekuliert hat, entgegen aller Erwartungen rapide steigt, beschließt Eric die Situation wissentlich zu ignorieren und sich während die Milliarden seiner Firma im Minutentakt dahin schmelzen einen Haarschnitt verpassen zu lassen. Eine befremdliche Reise durch ein New York, welches Kopf zu stehen scheint, nimmt ihren Lauf – tiefgründig-philosophische Begegnungen, trauernde Sufis, Sex in der Öffentlichkeit und eine zunehmende Entfremdung von den weltlichen Geschehnissen außerhalb der tiefschwarzen Limousine sind nur einige Aspekte dieses Roadtrips.


Review
Don DeLillo lesen, bedeutet immer auch, die Welt ein Stück weit mit gänzlich anderen Augen zu sehen, denn wie kaum ein anderer (zumindest aus meiner, einem literarischen Analphabeten gleichenden Sicht) verwebt er die behandelten Themen und Thesen elementar mit Gedanken und Sicht seines/r Protagonisten. Zauberei ist das natürlich nicht, sondern lediglich stark im Dialog mit den Möglichkeiten der Literatur – vergleicht man erzählende Medien, so offenbaren sich schließlich die verschiedensten Stärken und Schwächen. Und manche Kreative – wie zum Beispiel DeLillo – wissen diese einfach mit maximaler Effektivität zu nutzen, erlauben das tiefe Abtauchen in die Gedankenwelt ihrer Figur, das Wahrnehmen ihrer Weltsicht aus erster Hand und bei genügender Immersion das fühlen ihrer Gefühle. Keine beobachtende, sondern eine erlebende Perspektive.

Hier gelingt es dem Autor, indem er weit über eine reine emotionale Verschmelzung mit dem Protagonisten hinausgeht und eine Bestandsaufnahme des modernen Hyperkapitalismus, sowie die daraus abgeleitete Kritik an selbigem, komplett über Eric als Figur und seine bizarre Weltsicht formuliert. Dieser ist reflektierender Beobachter, selbsternannter Gott und eiskalter Geschäftsmann zugleich – alles, und das meint ebenso banalste Alltagssituation oder -objekte, wie auch existenzialistische und tiefgreifendes Themenkomplexe, was auch nur peripher in seine Wahrnehmung rutscht, wird nicht nur erfasst, sondern regelrecht zerpflückt, nach den absurdesten Parametern analysiert, aus einer verfremdeten Perspektive demontiert und in diesem Zirkel schlussendlich auf eine hochgradig subjektive, schwer greifbare Essenz herunter gebrochen.  Roman: Don DeLillo – Cosmopolis (2003) weiterlesen

Comic: Charles Berberian – Cinerama (2013)

Titelbild & Bildausschnitte © by Reprodukt


Eckdaten
Story: Charles Berbérian
ArtworkCharles Berbérian
ColoristCharles Berbérian
Genre: Satire, Autobiografisches Werk
Label: Reprodukt
Umfang: 57 Seiten
Gelesen: Deutsche Übersetzung, Trade Paperback, August 2016



Plot
Autobiografisch reist Autor Charles Berberian durch seine eigene cineastische Sozialisation und reflektiert den Geist all der unsäglich-komischen B-, C- und Schundwerke, die er im Bagdad der 60er und/oder Frankreich der 80er in sich aufsog. Humorvolle Nacherzählungen wirrer Plots gehören ebenso zu dieser Reise durch die Welt der Obskuritäten, wie eine lockere Auseinandersetzung mit dem eigenen Verhältnis zum Kino.


Review
Begegnungen mit jenem B- und C-Kino früherer Epochen, welches gemeinhin als qualitativ minderwertig angesehen wird, können ein unablässiger Quell der Freude sein. Offenherzige Filmfreunde (wie ich) mit einem notwendigen Hang zum Obskuren, wissen und schätzen dies auf verschiedenste Weise – die einen bezeichnen Gummimonster im Kampf mit unfähigen Schauspielern als “liebenswert naive Trashfilme”, die anderen sprechen mit strahlenden Augen vom “Zauber vergangener Tage” und ganze Youtube-Kanäle (und Festivals und Podcasts) sind augenzwinkernd den “besten schlechten Filmen” gewidmet. Was die meisten dieser Blickwinkel jedoch vereint, ist die ironische Distanz, welche durch Jahrzehnte andauernde Verschollenheit der Werke im Dunst des Vergessens und eine (oft kollektiv gefeierte) rituelle Wiederentdeckung entsteht. Sind halt “nur” die netten Filmchen von damals.  Comic: Charles Berberian – Cinerama (2013) weiterlesen

Serie: Braunschlag (2012)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by EuroVideo Medien GmbH


Fakten
Jahr: 2011
Genre: Satire, Groteske, Gesellschaftskritik
Showrunner: David Schalko
Network: ORF Eins
Crew (Writer, Director, Cinematographer, Editor): IMDb-Übersicht
Besetzung: Robert Palfrader, Maria Hofstätter, Nicholas OfczarekNina ProllManuel RubeyAdina VetterSabrina ReiterChristopher SchärfSimon SchwarzRaimund WallischDavid MiesmerDavid Wurawa
Musik: Kyrre Kvam


Review
Österreichisches Kino hat sich in den letzten 20 Jahren zu einer filmischen Instanz mit ganz eigener Tonalität gemausert. Seidl und Haneke drehen harte, ungeschönte Filme, die dort treffen wo es weh tut und auch auf der heiteren Seite des Spektrums weht ein anderer Wind als hierzulande – die Brenner-Reihe, TV-Filme wie AUFSCHNEIDER, oder überdrehte Werke der Marke CONTACT HIGH, welche irgendwo zwischen tiefschwarzer Groteske und wohldosiertem Irrsinn hin und her schwappen, sprechen eine klare Sprache. Seltener als gewissen Kinofilme schaffen es reine TV-Erzeugnisse der Nachbarn auf den deutschen Markt – leider. Denn die 2011er Miniserie BRAUNSCHLAG, eins von wenigen Exemplare, denen dieser Sprung über die Grenze vergönnt ist (und die mit Netflix- und Maxdome-Auswertung auch eine entsprechende Bühne bekommen), lässt auf ihre ganz eigene Art und Weise keinen Zweifel aufkommen, dass sich derartige Importe mehr als lohnen.

Tief in Niederösterreich, nah der Tschechischen Grenze, ist das verschlafene Kaff Braunschlag gelegen – ein Ort in dem verkorkste Typen einen UFO-Landeplatz betreiben und täglich auf Kontaktaufnahme der Außerirdischen hoffen, erwachsene Männer von ihrer Mutter (in Schürze) mit Nackenschlägen gemaßregelt werden, wenn sie sich vor dem Essen nicht bekreuzigen und die herunter gewirtschaftete Dorfdisco die letzte (und daher tägliche) Flucht für gescheiterte Seelen bietet. Freund Alkohol wird den quälenden Zustand der Existenz schon richten – oder zumindest ein Stück erträglicher machen. In 8 Episoden dürfen wir verschiedensten, durch und durch in ihrer Skurrilität am Anschlag rangierenden Handlungssträngen beiwohnen, in denen gestrige Denke, an die Wand gefahrene Existenzen und stereotype Klischees diverser Alltagsfiguren ihr Fett weg bekommen. Nicht zu knapp und mit sarkastischem Augenzwinkern.  Serie: Braunschlag (2012) weiterlesen