Serie: The Wire – Season #1 (2002)


Trailer © by Warner Home Video


Fakten
Jahr: 2003
Genre: Thriller, Drama
Showrunner: David Simon
Crew (Writer, Director, Cinematographer, Editor): IMDb-Übersicht
Besetzung: Dominic West, Lance Reddick, Sonja Sohn, John Doman, Deirdre Lovejoy, Wendell Pierce, Seth Gilliam, Domenick Lombardozzi, Clarke Peters, Andre Royo, Michael Kenneth Williams, Frankie Faison, Idris Elba, Wood Harris, Lawrence Gilliard Jr.
Musik: –


Review
Ganz selten im großen, globalen Film- und Serienkosmos hat man als unbedarfter Zuschauer das Gefühl, in dem was Studios, Drehbuchautoren, Regisseure und Produzenten uns vorsetzen eine authentische Version der Geschichten, die die Realität schreibt zu sehen. Eine Version, die abzeichnet, wie etwas in dieser Welt IST, nicht uns eine von Hollywood, einem Cable-Network, oder sonst wem zweckdienlich verformte Variante auftischt. THE WIRE zeigt in der ersten Staffel genau so eine Welt:

Die Narcotics Unit der Baltimore Police ist hinter Avon Barksdale, dem Boss einer halb Baltimore mit Smack versorgenden Gang her. Doch Barksdale kennt das “Game” zu gut um sich leicht schnappen zu lassen. “No talking in the car”, “Payphones only”, das Stash-House wechselt täglich, das Geld wird auf verschiedensten Wegen gewaschen – nicht mal das Aussehen von Barksdale ist den Cops bekannt. Was folgt ist ein langwieriger Prozess, den jeder nur erdenkliche Stolperstein zusätzlich erschwert. In Kleinst-Schritten kommen die Beamten ihren Zielen näher. Durch stunden-, tage-, wochenlange Observation von Hausdächern, gezielte Telefonüberwachung, hartes Verhandeln, Entschlüsselung von Pager-Codes, präzise Instrumentalisierung von potentiellen Snitches, etc. etc.

Die NARCs und die Barksdale-Gang – zwei Kontrahenten, verbunden wie die Seiten einer Medaille – der eine existiert nur aufgrund der Existenz des anderen – die Cops organisieren sich um die Pusher zu verhaften, die Pusher organisieren sich um vor den Cops unsichtbar zu bleiben. Komplementäre Funktionsweise, aber in Aspekten wie Hierarchie, Macht, Kontrolle und Misstrauen von Weitem völlig identisch. Das große Ganze in Baltimore existiert durch eine, sich ständig in Richtung eines der Extreme verschiebende Koexistenz: Narcotics-Department und Heroin-Thugs sind (um zur Münze zurück zu kommen) mit dem Rücken aneinander gestellt, die Jäger unfähig sich umzudrehen, die Gejagten unfähig der Konstellation zu entfliehen. Doch wie erreicht nun Seite A (Drogenfahndung) die Seite B (Drogenring)? Auch Rücken an Rücken kann man den Hals noch drehen. Und was die Augen dann ganz weit außen, im letzten Winkel vernehmen – verschwommen, vage, undefiniert – muss reichen um Rückschlüsse zu ziehen. Ein sehr, sehr mühsamer Weg auf einem zermürbenden Pfad, den sich die Ermittler durch ein Terrain graben, welches eigentlich keinen Durchgang vorsieht.

In den ersten dreizehn Episoden dieser Serie wird nichts zu dramaturgischen Zwecken aufpoliert, geschönt, oder für ein erhöhtes Viewing-Pleasure konsumierbar gemacht – die langwierige Polizeiarbeit in den Projects von Baltimore ist das genaue Gegenteil von heldenhaften One-Man-Armys und Puzzlen die sich wie von selbst lösen. Alles hier ist Kleinstarbeit, in der jedes Detail eine verborgene, vielleicht maßgebliche Information sein kann. Hier heißt ermitteln nicht wahllos die Ghettos zu stürmen, große Funde zu machen und sich fix mit Siegesruhm und Ehrungen einzudecken – hier bedeutet es, zu warten, zu analysieren, auf den entscheidenden Einfall zu hoffen. Stundenlang in Autos zu sitzen. In Wechselschicht mit dem Fernglas öffentliche Telefone zu beobachten. Und weil das nicht reicht: Sich immer wieder mit der eigenen Administrative herumschlagen zu müssen, da schnell klar wird, dass ganz weit da oben verschiedenste Leute recht wenig Interesse daran haben, vollkommenes Licht ins Dunkel der “Low Rises” zu bringen. Denn irgendwie ist THE WIRE auch hier ein angenehm authentisches Abbild der Realität:

Es sind nicht nur die Gangster, die aufgrund von Brutalität und Härte hier das Prädikat “böse” verliehen bekommen. Hier hat es jeder Faustdick ausgefressen – Cops, die bei fehlendem Willen zu Plaudern den Verhörten auch mal krankenhausreif prügeln, bei Bedarf auch beliebige Personen in den Projects, Polizeichefs die mit aller Kraft versuchen die Aktionen auszuhebeln, weil ihr Department zu viel Dreck am stecken hat, Politiker die den Daumen auf die Abhöraktion von Detective McNulty und Lieutenant Daniels pressen, weil ihre eigene Weste dadurch droht ihren weißen Glanz zu verlieren. Hier ist jeder Held und Antiheld zugleich, (mit Ausnahmen) jeder sowohl sympathisch, als auch ein dreckiger Bastard. Alles nicht ganz so einfach wie es Filme sonst verkaufen. Und da liegt die Stärke:

THE WIRE geht es mal völlig anders an – sperrig, authentisch, roh und vollkommen packend.
Wer in der Lage ist Augen und Ohren aufmerksam zu spitzen, wird eingesogen und ist mittendrin. Das ist Crime-TV mal so erfrischend anders, das kann man eigentlich nur mögen.

Nein, MUSS man mögen!

Season 2 wartet.


Wertung
8 von 10 angezapften Telefonen


Serie auf:
IMDB
MOVIEPILOT
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

2 Gedanken zu „Serie: The Wire – Season #1 (2002)“

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