Film: Avengers – Age Of Ultron (2015)


Trailer © by Disney / Marvel Studios


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Action, Superhelden, Comic
Regie: Joss Whedon
Drehbuch: Joss Whedon, Stan Lee (Vorlage)
Besetzung: Robert Downey Jr., Chris Evans, Mark Ruffalo, Chris Evans, Scarlett Johansson, Jeremy Renner, James Spader, Paul Bettany, Elizabeth Olsen, Aaron Taylor-Johnson, Samuel L. Jackson, Don Cheadle, Cobie Smulders
Kamera: Ben Davis
Musik: Danny Elfman, Brian Tyler
Schnitt: Jeffrey Ford, Lisa Lassek


Review
Nun mussten sie also das zweite Mal ran, die Avengers und viel ist passiert seit dem letzten offiziellen Zusammentreffen: Jeder durfte einmal die Welt alleine retten, dabei hat Thor sich (halb) mit Loki versöhnt, S.H.I.E.L.D. wurde unterwandert und zerschlagen und Tony Stark’s narzisstische Psyche bekam Risse. Auf AGE OF ULTON hat das alles nicht sonderlich viel Einfluss, denn einzig die von HYDRA aus dem S.H.I.E.L.D. Hauptquartier gestohlenen außerirdischen Artefakte bilden den Aufhänger für diese Fortsetzung: In kompletter Besetzung steigt der Film in Osteuropa ein – alle Avengers sollen im Teamwork Loki’s Zepter aus einer HYDRA-Festung bergen – das letzte der Artefakte.

Frei nach dem Motto “Mehr vom Gleichen, aber bitte höher, schneller und weiter” ist diese Eröffnungs-Actionsequenz bezeichnend für die Tendenz, die sich noch weitere zwei Stunden abzeichnen wird: AGE OF ULTRON könnte genauso gut AGE OF OVERLOAD heißen. Bereits die ersten Minuten sind so unglaublich vollgestopft – neben dem Kernteam sind auch Black Widow und Hawkeye wieder mit von der Partie – dass Überforderung untertrieben ist: alle rennen, fliegen, rasen und springen durcheinander, Hulk brüllt ins Bild, Thor’s Hammer fliegt, kreuzt Cap’s Schild, Iron Man schwirrt quer durch das Geschehen, die Hydra-Nazis fallen wie die Fliegen. Was in AVENGERS der größte aller Momente war – ALLE Avengers im Kampf vereint, die Kamera umkreist sie, fängt sie GLEICHZEITIG ein (und die Comic-Nerds befeuchten sich die Schlüpfer) – zitiert Joss Whedon hier bereits nach fünf Minuten in einem unspektakulären Combat-Shot. Keine Zeit sich zu akklimatisieren, hier wird mit dem Dampfhammer die Erinnerung herauf beschworen: Weißte noch, ne? So war das 2012 in New York!

Nachdem die Sequenz (inklusive der ersten seltsam-unpassenden Joke-Oneliner) überstanden ist, nimmt Whedon zum Glück erstmal das Tempo raus – die Überladung jedoch nicht. Spätestens, als im neuen Avengers-Tower die Siegesfeier über HYDRA stattfindet, wird klar mit welcher Masse an Figuren die Macher hier mittlerweile jonglieren. Bis auf Pepper Potts und Jane Foster, die besseren Hälften der Helden und (was wirklich schade ist) Agent Coulson, gibt sich wirklich jede Figur aus dem Avengers-Universum die Ehre. Das sind viele, doch noch lang nicht genug – am Ende des Films werden weitere vier wichtige Figuren eingeführt worden sein, kein Wunder also, dass AGE OF ULTRON (für MCU-, aber besonders Whedon-Verhältnisse) abseits der Action erstaunlich leer bleibt. Wie auch nicht? Neun Helden und einem Über-Villain (plus Sidekicks) in 140 Minuten sowohl ein Profil, wie auch eigene große Momente zu bescheren, ist eine Aufgabe der Unmöglichkeit. Nötig wäre das auch nicht zwingend, denn Hauptfiguren wie Tony Stark könnten mit ihren je zwei bis drei Solo- und einen AVENGERS-Film als Figur bereits als auserzählt eingestuft werden – doch wieso setzen Whedon und Kevin Feige auf die einzel-Charaktere eine Gewichtung, die bei mir nur Fragezeichen hervor ruft?

Aufhänger der Handlung ist nämlich wieder Tony Stark. Während besonders Thor und Captain America im Film nicht mehr als eine Randnotiz mit Kampfkraft darstellen, bringt Stark, nachdem er von Scarlett Witch in eine alptraumhafte Vision über das Ende von Allem gestürzt wurde, die Dinge ins Rollen, indem er die KI entwickelt die zu Ultron mutiert. Als globales Schutzprogramm für die Erde gedacht, errechnet dieser leider, dass die Menschheit plus Avengers als größte Bedrohung einzustufen sind. Fazit: Auslöschung! Und ganz im Marvel-Stil bietet sich natürlich dazu an, Dinge aus großer Höhe auf Städte fallen zu lassen. Mehr vom Gleichen halt. Immerhin sind die Handlungsstränge gelungen die Hawkeye und der Widow mehr Tiefe (und vor allem Motivation!) geben sollten (und das tatsächlich schaffen).

Ich habe mich im Verlauf des Films zwar nicht gelangweilt, aber das ist leider schon das Beste, was ich darüber sagen kann. Alles einfach viel zu viel – es scheint, als wüchse Whedon der Umfang langsam über den Kopf (oder von Produzenten-Seite wird vermehrt rein gepfuscht?). Zwar gibt es immer wieder Momente, die herausstechen (z.B. ist Black Widow’s Verfolgungsjagd auf dem Motorrad weit näher am starken WINTER SOLDIER, als am Marvel-CGI-Einheitsbrei) und vereinzelte Szenen kann man gar ikonisch nennen (Thor’s Hammer!) – in Summe ist AGE OF ULTRON aber eine generische Materialschlacht voll deplatziertem, dysfunktionalem Oneliner-Humor, der in 9 von 10 Fällen nicht mal zum Schmunzeln bewegt. Der Tone passt einfach nicht: Streckenweise inszeniert Whedon mit Abstand das düsterste, was Marvel je auf die Leinwand gebracht hat (im Gegensatz zum Heimkino, denn an DAREDEVIL kommt die Creepyness natürlich nicht heran), bricht diese Momente aber mit erzwungenem Humor und beraubt sich selbst der eigenen Wirkung.

Maximal fällt dies bei Ultron ins Gewicht. Die Fakten: Er ist eine ultra-diabolische, obskure KI, die die Menschheit ausrotten will, kompromisslos mordet (oder Arme abschlägt) und bereits über seine Erscheinung mächtig einschüchtern soll? Was soll dann dieses clown- und slapstickhafte Kasperletheater? Ich bin mir bis jetzt nicht klar geworden, ob Ultron Comic-Relief, oder ein harter Hund sein soll? Da kann James Spader sich mit seinem (ohne Frage gelungenen) Voice-Acting noch so ins Zeug legen – das wird so nichts. Vielleicht aber auch, weil CGI-Charaktere eigentlich nie funktionieren, besonders wenn ihre optische Qualität so wie hier schwankt – nicht verwunderlich bei unzähligen beteiligten VFX-Firmen. Ultron ist ein geradezu ärgerlicher Villain, der trotz diabolischen Plänen (mal wieder, Marvel!) nicht die geringste Bedrohung ausstrahlt (mal wieder, Marvel!), weil ganze Welten an Potential verschenkt wurden.

Ansonsten machen sich die Neuzugänge ganz gut. Elizabeth Olsen als Scarlett Witch liefert trotz grenzdebilem Gesichtsausdruck bei ihren Beschwörungen überzeugend ab und Paul Bettany als Vision schwebt erhaben über den Dingen, was bei näherer Betrachtung allerdings auch eher ärgerliche Züge annimmt, denn seine Origin ist ebenfalls eher Randnotiz. Ein ultra-mächtiger Charakter, der Materie vaporisiert, über Gedanken quasi alles steuern kann und das pure Gute ist – wäre da nicht ein solo-Film drin gewesen? Ach, ich vergaß, Hauptsache wir bekommen den beknackten ANT MAN. Muss man nicht verstehen. Aaron Taylor-Johnson rennt in AGE OF ULTRON übrigens auch noch herum, ich kann mich aber nach zwei Wochen schon nicht mehr dran erinnern, wie er war – demnach nehme ich an: so blass wie eh und je.

Auf Seiten der Action beinhaltet der Film immerhin das bis dato beste MARVEL-Finale. Die Rettung der gefährdeten Stadt ist wahnsinnig gut choreografiert, das direkte Zitat der (nun veränderten) Avengers, die im Kreis kämpfend die Gegner abwehren gelungen und es kommt trotz offensichtlichem Ausgang Spannung auf, auch weil ganz Marvel-untypisch ausnahmsweise mal etwas unerwartetes passiert. Hätte dieses Finale nicht gepasst, wäre der Film unterm Strich wahrscheinlich sogar der mieseste Marvel-Film, denn die vorherige große Action-Sequenz ist die vielleicht unnötigste, unsinnigste und Selbstzweck-hafteste des gesamten MCUs: Der Hulk dreht durch und Iron Man muss ihn stoppen. Im Resultat werden 20 Minuten lang Hochhäuser zerlegt. So wow, many Applause, much like! Noch nie gesehen sowas! Da hilft es auch nichts, dass Stark aus dem Weltall seinen Hulkbuster mobilisiert (feuchte Nerd-Unterprinten, die zweite), denn es wird ohne Sinn geholzt und ich bin beinahe weg-gedöst. Bitte: Einfach lassen, diese Metropolen-zerstörung!

Abseits dieser ganzen Kritikpunkte tritt neben flachen Figuren und überflüssiger Action ein drittes Marvel-Phänomen ein: Der ultra-simple Plot wird so konfus voran getrieben, dass ich mich nach 90 Minuten wirklich kopfschüttelnd gefragt habe, worum es denn jetzt eigentlich genau geht? Präziser: warum genau Ultron jetzt eigentlich alle vaporisieren wollte, was Thor’s Ausflug ins Dampfbad sollte, was dieser komische nächste Infinity-Gem kann, etc. etc. Ich habe immer das Gefühl, in diesen Filmen wird nonstop geredet, aber wenig gesagt und erst recht nicht entscheidendes gezeigt. Es geht bergab mit dem MCU, aber liegt es wirklich daran, dass die Filme immer mieser und generischer werden, oder hat schlicht eine reichliche Übersättigung einsetzt? Deep waren die Filme nie, unterhaltsam schon, nur nimmt dieser Faktor für mich, abgesehen vom starken (weil eben auch vollkommen aus dem Raster fallenden) CAPATAIN AMERICA 2, stetig ab. Wir werden sehen, was die Phase III bringt, ich befürchte jedoch: Nichts Gutes!


Wertung
5 von 10 überladenen Charakter-Ensembles


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

9 Gedanken zu „Film: Avengers – Age Of Ultron (2015)“

  1. Kann die Kritik nachvollziehen, auch wenn er bei mir besser wegkommt. Den Iron Man vs Hulk Fight fand ich auch ziemlich zermürbend, den hätte man komplett weglassen können und das Ende kürzen können.
    Bekomme das Gefühl, dass Age of Ultron dezent zum Prügelknaben für Phase II verkommt, denn mit Ausnahme vom wirklich genialen Cap 2 Film gefiel sie mir auch nicht mehr so gut, wie noch Phase I.
    Und über das zweigeteilte Finale von Phase III schweige ich besser…

    1. Man muss halt auch leider sagen, dass CAPTAIN AMERICA 2 so gut gefiel, weil er stark anders ist. Ansonsten hab ich das Gefühl, MARVEL hat jetzt schon 10 Mal den (fast) gleichen Film gedreht. Das geht so nicht weiter. Vom Setting reizt mich CIVIL WAR aber sehr. Machen den auch die Rousseaus?

      1. Im Grunde stimmt das ja auch. Und trotzdem schaut man sie und hat dennoch seinen Spaß damit. Um die Abnutzungserscheinungen kommt man dennoch nicht drum herum, die setzen bei jedem unterschiedlich ein. Der zweite Cap überraschte und genau deswegen hatte ich schon wider weniger Spaß mit Age of Ultron. Mal geht es mit dem Charakter nach vorn und dann wieder zurück. Wirklich sympathisch war mir der Stars & Stripes Held wirklichnur im 2. …

        Japp, ebenso wie Infinity War I & II.

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