Archiv der Kategorie: Electronica

Post-Dubstep / Moderat-Musik / Frickelei / Glattheit / Organik

LP: Jamie XX – In Colour (2015)


Quelle: mariofreak444 YouTube-Kanal


Vor einigen Jahren habe ich mal ein Interview mit Jamie XX gelesen, in dem er voller Begeisterung davon schwärmte, wie schön es doch sei in der heutigen Zeit an dem Punkt zu sein, wo er gerade stand: Anfang zwanzig, begeistert von Musik und durch die Möglichkeiten des Internets (die die Menschen 20 Jahre vor ihm ja noch nicht gehabt haben) mit dem Privileg gesegnet, jede Woche aufs Neue die tollste Musik, die er jemals gehört hat entdecken zu können. Word! Nie war es einfacher ein umfassendes Musikwissen und -verständnis aufzubauen, nie war die Fülle an Einflüssen größer. Und was soll ich sagen.. Jamie XX hatte zwar bereits schon mit dem Remix Album WE’RE NEW HERE (und den The XX LPs) gezeigt was Sache ist, aber sein neues Album IN COLOUR steht für das Resultat dieser Entdecker-Mentalität: Der Mann hat Musikgeschichte verstanden. Konkreter: Er hat vor allem das Hardcore Continuum verstanden. IN COLOUR ist eine Reise durch die Zeit, die Stile und vor allem den Vibe der britischen Bassmusik der letzten 25 Jahre. Bereits der Opener OH MY GOSH ist pure Reminiszenz an den rohen Breaks-Sound vergangener Rave-Epochen: die unperfekt gesampleten Drums, der tragende Bass – unglaublich – doch spätestens wenn der quietschige Synth gegen Ende einsetzt, überschwemmt eine so intensive Welle an Erinnerungen und Eindrücken mein Herz, dass ich vor Nostalgie los weinen könnte.  Es folgen 10 Tunes, die wohl am treffendsten als logische Konsequenz einer Entwicklung zu begreifen sind. Jahrzehnte Clubmusik von House über Dubstep bis Breakbeat in einem Topf, vermengt, um etwas neues zu schaffen. Jamie nickt ehrfürchtig den Altmeistern zu, aber blickt entschlossen nach vorn, weil er begrifen hat, dass natürliche Entwicklung nie zum Stillstand kommen wird. Zum abheben und einfach nur großartig – ich schwärme!
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EP: FKA Twigs – M3LL155X (2015)

FKA twigs ‘M3LL155X’ from Aaron Sillis on Vimeo.


Ich hätte ja nach den großartigen Kampfansagen EP, FKA Twigs (aka EP2) und LP1 nicht gedacht, dass es noch besser werden kann – doch es kann. Was zur Hölle feuert die quirlige ex-Tänzerin denn bitte mit M3LL155X für flashig-verträumte, mächtig basslastige und schlicht wundervolle Wahnsinnsmusik ab? Bassmusik, New Skool R’n’B, Zukunfts-Soul – man nenne es wie man will und beschreibt es doch nicht richtig – ich schmelze dahin. Neben dem Writing der Lyrics sind auch die Beats wieder partiell von ihr selbst, bzw. dieses Mal in Kooperation mit Boots (der auch schon auf RUN THE JEWELS 2 den Track LIE, CHEAT, STEAL mit produzierte) gemacht und einfach nur der Wahnsinn. Wabernde Bässe, flashige Flächen und alles voll auf der Höhe der Zeit (bzw. ihr um einiges vorraus). Ein Knaller, der mich pusht, geradezu berührt und hier gerade nonstop auf Repeat läuft – ich sage nur IN TIME ♥! Außerdem: Das obige Video stellt den Tanz-Kurzfilm zur EP dar – ich hab es noch nicht geschaut, aber erwarte einiges. EP: FKA Twigs – M3LL155X (2015) weiterlesen

EP: Lotic – Heterocetera (2015)


Quelle: Machine Funk Savantage YouTube-Kanal


Vor zwei Wochen besuchte ich in Berlin das unglaubliche Konzert von Björk. Abgesehen davon, dass es das schönste und berührendste Konzert war, was ich je erleben durfte – die Atmosphäre in der Zitadelle Spandau war magisch, wie sie mit STONEMILKER eröffnete war magisch² und der weitere Verlauf war magisch hoch unendlich – hat es mir zudem noch eine neue musikalische Entdeckung beschert. Ich wusste im Vorfeld, dass vor Björk noch Arca, der ihr gesamtes neues Album VULNICURA produziert hat, auftreten wird. Was ich nicht wusste: Lotic von Triangle Records war auch da. Ich kannte ihn nicht, war aber direkt ziemlich begeistert, als der gut gelaunte Mann als erster die Bühne betrat und zunächst in einer Mischung aus DJ-Set und Live-Editing eine halbe Stunde den vielleicht abstraktesten Sound abfeuerte, der mir bis dato live zu Ohren gekommen ist (und ich hab schon schrägen Kram gehört). Die EP Heterocetera stellt die Basis dieses Sounds dar. Zwar hat Lotic live noch vollkommen irre Sounds mit den Tracks verschmolzen (von geloopten, sich überschlagenden Sprachfetzen, über Alltagsgeräusche wie zersplitterndem Glas, bis zu markerschütternden Quietsch-Flächen), das Grundgerüst ist aber zu erkennen (und ebenfalls schon recht weird). Aber hört selbst!
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LP: Douglas Dare – Whelm (2014)


Quelle: Erased Tapes Vimeo-Kanal


Irgendwie verirren sich verstärkt die LPs von Erased Tapes, Raster Noton und Project Mooncircle in den Blog – keine Absicht, sondern lediglich Resultat der übermenschlich guten Musik dieser drei Labels. In diesem Fall ist es Erased Tapes, die letztes Jahr die Debut-LP des jungen Briten Douglas Dare veröffentlichten. Auf den Spuren junger multi-Instrumentalist-Electronica-Songwriter wie James Blake, oder Nicolas Jaar und Piano-Göttern vom Schlage eines Nils Frahm (letzterer passt zwar weniger zu den ersten beiden, aber findet sich in Dare’s Musik eindeutig als Einfluss wieder) hat Dare zehn Stücke zusammengschustert, die vor Gefühl, Melancholie und Qualität quasi überlaufen. Piano trifft auf Synthesizer und paart sich mit dem Drum-Computer – das Resultat ist nuancierter, gefühlvoller Sound zum träumen und schweben. Einziges Manko: Dem einen oder anderen mag hier sicher zu viel Einfluss und zu wenig eigenes drin stecken. Ansichtssache – ich zumindest bin relativ begeistert und werde WHELM (vor allem, passend zur Melancholie, bei grauem Himmel) noch einige Durchläufe im Player gönnen.

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LP: Alva Noto – Xerrox, Vol. 3 (2015)


Quelle: Nennard THE YouTube Kanal


Ich hatte Alva Noto ja bereits über das Album UNIVRS im Blog gehabt. Nun kam der neuste Streich namens XERROX, VOL. 3 und maßgeblich hat sich nichts geändert – wieder klingen seine Soundwelten (ich sträube mich fast es wirklich Musik zu nennen) nach Weltraum, fesseln über ihre reduzierte Spannung und lassen mich direkt abheben. Einziger Unterschied: Der Klang ist noch ausgereifter, noch präziser produziert und somit noch besser. Wenn ihr schon immer mal wissen wolltet, was dabei raus kommt, das von der Vorstellung durch das All zu driften ausgelöste Gefühl in Ton zu fassen, werdet ihr hier fündig.  LP: Alva Noto – Xerrox, Vol. 3 (2015) weiterlesen