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Fakten
Jahr: 2013
Genre: Science-Fiction, Dystopie, Action
Regie: Neill Blomkamp
Drehbuch: Neill Blomkamp
Besetzung: Matt Damon, Jodie Foster, Sharlto Copley, William Fichtner
Kamera: Trent Opaloch
Musik: Ryan Amon
Schnitt: Julian Clarke, Lee Smith
Review
Wir schreiben das Jahr 2154 und die Welt quillt über. “Zweiklassen-Gesellschaft” trifft es zwar perfekt, transportiert aber rein begrifflich die Brisanz der Situation nur noch bedingt – die Arm/Reich-Schere ist so weit aufgeklappt, dass der Winkel zwischen den Schneiden zur Gerade geworden ist, an deren schier unendlich entfernten Endpunkten zwei konträre Gesellschaften hausen, die sich gegenseitig nur noch als niederem Schmutz oder dämonischem Halbgott wahrnehmen. Die Strecke dazwischen scheint unüberbrückbar.
Am einen Ende die Erde: Mit harter Hand hält ein globaler Polizeistaat die bedürftigen Menschen klein. Voll automatisierte, gefühlslos agierende Polizei-Roboter setzen eine pervertierte Variante von Law and Order durch und was früher die Stadt der Engel L.A. war, sind jetzt nur noch dreckige Slums soweit das Auge reicht – bis an den Horizont und darüber hinaus. Wellblechhütten, Grafitti und eine an Mittelamerikanische Latino-Gangs erinnernde Tattoo-Kultur. Hinter den maroden, zugetaggten Mauern schlummern nur die schlimmsten Facetten des Daseins:
Elend.
Armut.
Hoffnungslosigkeit.
Krankheit.
Die Herrschaft der 1% ist zu 0,00001% geworden. Dieser Bruchteil der Weltbevölkerung hat die verschmutzte Erde bereits hinter sich gelassen und lebt in ihrem ganz eigenen Utopia. Die noblen Villenviertel der heutigen Zeit, sind der Ära der Sicherheitszäune und Wachmänner ein für alle Mal entwachsen: Der gemeine Pöbel wird nicht mehr nur durch eine Mauer um das jeweilige Stadtviertel fern gehalten, sondern 20.000 Kilometer Erdatmosphäre trennen die zusammen geschusterten Wellblechhütten von der Raumstation “Elysium”. Ein Mekka der Golfplätze, der Ballkleider, der Villen mit Swimmingpool – all das grauenhafte Elend muss und soll draußen bleiben. Mit menschenverachtender Weltsicht wird von da oben die Erde geführt, denn wie wir ja alle wissen, da es schon immer so war, aktuell so ist und wahrscheinlich auch immer so bleiben wird: Der Wohlstand einiger weniger wird auf dem krumm-geschufteten Rücken der Mehrheit erwirtschaftet.
So auch hier. In einer Welt, in der Menschenwürde ein Relikt aus vergangenen Tagen ist, in der das Leben des Einzelnen jeglichen Wert verloren hat, treffen wir Max. Ex-Verbrecher auf Bewährung, Fabrikarbeiter, einer aus zig Milliarden die geboren wurden, um (für zu wenig Geld zu viel) zu arbeiten und irgendwann klanglos wieder zu sterben. Max träumt, wie jeder andere Bürger der Welt wohl auch, seit Kindheitstagen davon nach Elysium zu reisen, um ein besseres Leben zu führen. Einer aus Milliarden, der eigentlich weiß, dass das nie pasieren kann. Niemals. Bis dann eine Reihe von unglücklichen Zufällen (die allesamt Produkt der menschenunwürdigen Bedingungen dieser dystopischen Zukunft sind) das Ziel als unabdingbar definiert.
ELYSIUM ist in Bezug auf den erzählerischen Fokus ein zweischneidiges Schwert, welches dem Zuschauer die Wahl lässt ihn zu lesen, wie man es gerne möchte. Action-Film mit dystopischem Einschlag? Oder rasante Dystopie, in der es zwingend auch noch heftig knallt? Ich sage: beides. In der ersten Hälfte ist Blomkamps Film die Definition einer gelungenen, alle obig beschriebene Sozialkritik auf den Punkt vermittelnden Dystopie. Die gesamte Welt, in der ELYSIUM angesiedelt ist, wirkt von Anfang bis Ende glaubhaft und präzise entwickelt – vielleicht, weil sie sie schlicht überzeugend verkauft, ein konsequent weitergedachtes Produkt unserer heutigen Lebensrealität zu sein. Das beginnt bei den gesellschaftlichen Zuständen, pflanzt sich über das Kulissen- und Setdesign fort und endet bei der (nie aufdringlich) gezeigten Technologie der Zukunft. Wenn Matt Damon, umgeben von zwielichtigen Gestalten, als Max durch die staubigen, dreckigen, vollgeschmierten Gassen dieser Zukunfts-Version eines verkommenen Los Angeles schlendert, dann wirkt das auf äußerst beklemmende Art eindrucksvoll. Frame für Frame schreit ELYSIUM die Hoffnungslosigkeit einer verdammten Bevölkerung heraus.
Das tolle dabei: Blomkamp (hier Autor und Regisseur) muss uns nicht in endlosen Expositionen und Erklärbär-Inserts erzählen, wie es um die Welt der Zukunft steht – er zeigt es uns einfach rein visuell – und aufgrund der kohärenten Gestaltung seines Werks ergibt sich alles weitere wie von selbst. Ein Arbeiter in einer Fabrik hat einen schlimmen Unfall erlitten, doch der Besitzer (aus Elysium eingeflogen, genial von William Fichtner verkörpert) fragt nicht wie es dem Menschen geht, er fragt nur warum die Produktion gestoppt hat. Als er erfährt was passiert ist, interessiert ihn nicht der Zustand des Arbeiters, sondern die Schnelligkeit mit der Ersatz herangeschaft werden kann. Eine räumlich, wie auch emotional abgeschirmte Elite, sieht die Masse unter sich als Brennholz für den Motor ihres Wohlstandes – auch das erscheint heute schon erschreckend real. Der Mensch zur austauschbaren Kakerlake degradiert (“Don’t breathe at me directly”).
Und dann, etwa zur Hälfte des Films, kippt all das ziemlich aprubt in einen außerordentlich straighten Science-Fiction-Actioner. Max will nach Elysium und das muss er sich erkämpfen. Mit futuristischen Waffen im Anschlag, in rasenden Autos, mit gezogener Handgranate im Spaceship, gegen Aufklärungsdrohnen und unterstützt von einem abgefahrenen Exo-Skelett außerhalb seines Körpers. Es geht rund, es knallt, es wackelt. Sein Gegenspieler: der völlig wahnsinnige Undercover-Agent Kruger (leider ZU over-the-top geschrieben, dafür aber eindrucksvoll-diabolisch von Sharlto Copley gespielt), der am Schießen, Prügeln, Schlitzen die helle Freude verspürt. Trotz audiovisuell grandioser Inszenierung (Trent Opalochs Kamera transportiert sehr direkt die Stimmungen der jeweiligen Szenen, Ryan Amonns Score wummert unheilvoll im Hintergrund, schön im Wechsel mit passig gesetzten Lorn, Burial und Kryptic Minds Tunes in den Straßen der L.A. Slums) nutzt sich die viele Action ein wenig ab, überzeugt aber insgesamt doch durch ihre Schnörkellosigkeit.
Nun kann man sich abschließend die Frage stellen: ist das nun schade, dass ein derart gezielt gesellschafts- und sozialkritisches Setting für den Preis eines überbordenden Actioners geopfert wurde? Oder ist das Gegenteil der Fall und eben diese Substanz der Prämisse schon ein Lichtblick im modernen Blockbuster-Kino? Ist das vielleicht einfach Blomkamps Ding (man erinnere DISTRICT 9)? Ich liege irgendwo dazwischen und sehe ELYSIUM mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Da wäre mehr drin gewesen – besonders auf Seiten der Figuren, speziell Jodie Foster als Verteidigungsministerin Delacourt wirkt doch ziemlich eindimensional, auch Kruger ist einfach too much – verglichen mit manch anderem Blockbuster-Konkurrenten ist das aber Kritik auf hohem Niveau, denn immerhin sind hier Faktoren wie World-Design, Figuren-Motivation und auch angenehme Konsequenz zum Ende hin ein klares Plus. Ja, war schon irgendwie ein guter Film.
Wertung
6-7 von 10 knallharten Exo-Skeletten
Veröffentlichung
ELYSIUM ist bei Sony Pictures Home Entertainment einzeln und im Bundle mit TOTAL RECALL (2012) als BluRay und DVD erschienen. Im Bonusmaterial befinden sich die Features: Gemeinschaftsarbeit: Die Gestaltung der Darstellungen in Elysium, Technische Utopie: Die Erschaffung einer Gesellschaft im Weltraum, Erweiterte Szene, Visionen von 2154 – Eine interaktive Erkundung der Kunst und des Designs von Elysium, Die Etappen von Elysium: Ersinnen von Elysium – Einfangen von Elysium – Verschönern von Elysium, Erzählhilfen: Die visuellen Effekte von Elysium, Die Technologie im Jahr 2154.
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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Die Foster fand ich auch dumm meine Wertung ist aber wieder Mal identisch mit deiner
Irgendetwas läuft hier synchron Hatte damals etwas gehadert, ob 6 oder 7P. Aber das passt so schon, denn ich würde den jederzeit nochmal gucken und das ist dann definitiv 7P Material!