Trailer © by Tiberius Film
Es ist #horrorctober!
Was das ist und wer da mit macht, könnt ihr auf dieser Sammelseite der Cinecouch nachlesen. Wer meinen textuellen Ergüssen zum dunkelsten aller Genres regelmäßig beiwohnen will, kann natürlich diesen Blog hier, aber auch gern meiner Letterboxd-Liste, oder mir auf Twitter folgen. Nun zum Film…
Fakten
Jahr: 2010
Genre: Horror, Vampirfilm
Regie: Michael Spierig, Peter Spierig
Drehbuch: Michael Spierig, Peter Spierig
Besetzung: Ethan Hawke, Willem Dafoe, Sam Neill, Vince Colosimo, Isabel Lucas, Emma Randall, Mungo McKay, Claudia Karvan, Jay Laga’aia, Damien Garvey
Kamera: Ben Nott
Musik: Christopher Gordon
Schnitt: Matt Villa
Review
Schon sieben Filme im Horrorctober geschaut und noch keinerlei Bekanntschaft mit spitz-verlängerten Eckzähnen in blassen, Menschen-artigen Wesen ohne Puls gemacht? Das geht so nicht!
DAYBREAKERS sollte der Vampir-Flick meiner Wahl werden, denn völlig unabhängig vom Inhalt des Films, sind bereits Ethan Hawke (in letzter Zeit zu einem meiner Favoriten im zeitgenössischen US-Kino avanciert), Willem Dafoe (sowieso schon immer einer meiner Favoriten) und Sam Neill (der zugegebenermaßen bessere Zeiten hatte) mehr als Grund genug, sich unter den gegebenen Vorzeichen dieses kleine Genrefilmchen anzuschauen. Und genau das erwartete ich auch: einen überdurchschnittlich gut gespielten, inhaltlich durchschnittlichen, kleinen Film.
Und was soll ich sagen, dramaturgisch und inszenatorisch ist DAYBREAKERS tatsächlich nicht der ganz große Wurf geworden, jedoch pflanzen die noch recht unbekannten Spierig Brüder (die hier als Autoren und Regie-Team involviert sind) unheimlich viele sehr reale, also sehr menschliche Themen in die Vampir-Thematik ein und erschaffen so eine umfassende Allegorie auf die Spezies Mensch, ihren Umgang mit den natürlich Ressourcen des Planeten und, ebenso wichtig, den Umgang mit sich selbst, besonders den Schwächeren unter uns.
Die Vampire sind zur dominierenden Spezies auf dem Planet Erde geworden. Menschen existieren so gut wie gar nicht mehr – besonders nicht in “freier Wildbahn” – und dienen nur noch und ausschließlich dem Zweck die Vampir-Bevölkerung zu ernähren. Ganz nach menschlichem Vorbild haben die Vampire sich in eine prekäre Situation manövriert: Die Menge an “Vieh”, die in den weltweiten Blut-Farmen – Orten die den Menschen vollkommen des Mensch seins berauben, also gewissermaßen den engen Boxen der Massentierhaltung nicht unähnlich sind – Nahrung generiert, reicht schon lange nicht mehr aus, um die riesige Überbevölkerung aus unsterblichen Blutsaugern zu ernähren. Forschungsergebnisse auf dem Gebiet des synthetischen Blutes lassen auf sich warten und reihenweise mutieren die Damen und Herren, induziert durch Unterernährung, zu degenerierten Fledermaus-Monstern, die in den Kanalisationen und dunklen Gassen der Städte um das letzte “Biss”chen Nahrung kämpfen.
Man sieht, dass hier viele gesellschaftliche Probleme aufgegriffen und auf die vorliegende Thematik angewandt wurden. In zynischen Spitzen schwingt eine omnipräsente Kritik an unserem Lebensstil mit: Die Vampir-Gesellschaft blickt mit Verachtung auf die mutierten (also sozial abgestiegenen) Exemplare und sieht sie als Ballast, der möglichst aus der Welt geräumt werden soll – nah liegen die Assoziationen zu Obdachlosen, die mit verächtlichen Blicken abgestraft. Auch bekommt die hardcore-kapitalistische Gesamtmaschinerie unserer Welt einen Seitenhieb nach dem anderen versetzt, denn den Bossen der global agierenden Konzerne geht es bei der Entwicklung eines synthetischen Nahrungsersatzes nur als medienwirksame Tarnung um die ehrenvolle Rettung der eigenen Spezies – die eigentlichen Beweggründe sind Macht und Dollarscheine (hallo Politik, hallo Pharmakonzerne, hallo Welt!). Nebst diesen kritischen inhaltlichen Tendenzen flammen zudem immer wieder kleine Momente voller spaßiger, kreativer Ideen auf. So informieren im TV Hochglanz-Werbespots über reichlich unnütze Vampir-Gimmicks, die gegen ein stattliches Endgeld ein sonnenfreies Leben erleichtern sollen, der Kaffee wird mit Blut statt Milch serviert, oder es wirbt eine Vampir-Variante von Uncle Sam auf Plakaten für Rekruten, die dem Militär bei der Jagd nach den letzten frei lebenden Menschen dienen sollen – “Uncle Sam still wants you!”. Überhaupt ist das Militär und blinder Gehorsam in der Befehlskette ohne nötige Reflektion und Infragestellung der fragwürdigen Ziele einer Obrigkeit ein weiterer maßgeblicher Punkt des Films.
Optisch macht DAYBREAKERS in Anbetracht des kleinen Budgets einiges her, das World Design ist relativ bodenständig (vor allem nicht zu abgedreht) und die eingesetzten Blut-, Splatter- und Gore-Elemente behalten, dank sparsamer Verwendung, ihre Wirkung. Auch Car-Chases und sonstige Action sind solide in Szene gesetzt. Auffällig bleibt jedoch leider, dass Dafoe und Hawke hier – vielleicht der geringen Erfahrung der Regisseure, ganz sicher aber dem auf Figurenseite recht flachen Skript geschuldet – weit unter Wert spielen. Und bei all dem Lob für die inhaltlichen Ideen des Films, muss nochmal klar gestellt werden, dass diese definitiv in vielfältiger Form da, jedoch nicht unbedingt bis ins letzte Detail ausformuliert sind. Die Kritik bleibt skizzenhaft, was jedoch als Anstoß sie weiterzudenken gar nicht ungeeignet ist. Alles in allem ein Film, der durch gewisse Aspekte stark punktet, auf anderer Seite viel verschenkt, in Summe jedoch mindestens sehenswert bleibt.
Wertung
7 von 10 geerntete Blutkonserven
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
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2 Gedanken zu „Horrorctober 2014, Film #8: Daybreakers (2010)“