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Serie: Mad Men – Season #7 (2014-2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Universal Pictures Germany


Fakten
Jahr: 2014, 2015
Genre: Drama
Showrunner: Matthew Weiner
Crew (Writer, Director, Cinematographer, Editor): IMDb-Übersicht
Besetzung: Jon Hamm, Elisabeth Moss, Vincent Kartheiser, January Jones, Christina Hendricks, Aaron Staton, Rich Sommer, John Slattery, Kiernan Shipka, Robert Morse, Jessica Paré, Alison Brie
Musik: David Carbonara


Review
Wenn die Geschichte uns eins gezeigt hat, dann wohl dass jede Ära, so großartig und prunkvoll sie sich auch darstellt, so ewig sie auch anzudauern scheint, irgendwann einmal zu Ende geht. Zwangsweise zu Ende gehen muss, denn aller Erfolg, alle erreichten Meilensteine und aller nur erdenklicher Wille das Bestehende aufrecht zu erhalten, sind doch nicht imstande den Fortlauf der Zeit zu verhindern. Jeder Erfolg wird abklingen, jedes Hoch sich nach und nach wieder legen, jeder noch so originelle Gedanke irgendwann nur noch zur Kopie seiner selbst. Und so musste früher oder später auch MAD MEN, die schier epische Saga um Don Draper, Peggy Olsen und die restlichen Damen und Herren aus der vergänglichsten aller Branchen, ihres Zeichens perfekte Puppenspieler der vermeintlichen Wünsche und Sehnsüchte des Menschen, in 2014 die Weiche auf die (zweigeteilte) Zielgerade nehmen – “It was fun while it lasted”.

Wie zuvor bereits diverse größere Blockbuster-Franchises und im Serien-Land erstmalig BREAKING BAD, nahm man sich ein Jahr mehr Zeit, um das Finale, MAD MEN’s siebte Staffel, auf die Schirme zu bringen. Die Erwartungen der riesigen Fan-Gemeinde schienen endlos, der eigene Anspruch der Macher um Matthew Weiner sicherlich nicht weniger hoch, nichts davon sollte enttäuscht werden und so galt es zunächst eine nicht unwesentliche Frage mit besonderer Bedacht zu ergründen: Wie bringt man eigentlich eine vor sich hin mäandernde Geschichte, die eigentlich gar keine ist, weil ihr primärer Reiz schon immer darin bestand, einer interessanten Gruppe höchst unterschiedlicher Menschen bei den vielzähligen Aufs und Abs ihres Lebens beizuwohnen, zu einem sinnvollen Ende? Wo ist Schluss in einem Werk, das nie auf einen Endpunkt zu lief und bei gleichbleibender Qualität der Drehbücher sicher noch (nahezu) endlos so weiter hätte laufen könnte, ohne sich maßgeblich zu verrennen? Keine leichte Aufgabe.

Wo kam MAD MEN her und wovon genau hat MAD MEN uns über 6 Jahre lang erzählt? In diesen Gedanken liegt der Schlüssel, der das mögliche Ziel in sinnvollem Maße abzustecken weiß: Über Jahre durften Figuren mit sich selbst ringen, wurden Etats gewonnen und wieder verloren, befand sich die ursprünglich noch Sterling & Cooper genannte Werbeagentur im Wandel – taucht man analytisch, gründlich und tief in die Facetten dieser Welt ab, findet man in jedem der Kreativen, ihrer temporären Lebenspartner und der gesamten Entwicklung einen wahrhaftigen Kern, den es in diesen letzten 14 Episoden endgültig frei zu legen, bis ins Letzte zu verstehen und (soweit dies im Zuge des fließenden Erzählstils möglich ist) an ein sinnvolles Ziel zu bringen galt. So wie Peggy in Episode 1 der ersten Staffel ihren ersten Arbeitstag bei Sterling & Cooper hatte, die Zeit vor MAD MEN also niemals vollends mit den verwobenen Schicksalen, die wir über 7 Jahre gebündelt auf einem gemeinsamen Weg erlebten, zur Deckung gebracht werden kann, darf auch die Zeit nach MAD MEN nicht deckungsgleich mit dem Verlauf der Serie sein. Es muss Veränderung geben, wenn (bzw. falls) sich die Wege der Figuren trennen, es muss das Gefühl entstehen, dass MAD MEN für alle Beteiligten die definitive Ära ihres Lebens darstellte, in der sich der weitere Weg entschied – ein Finale sollte dem Gesehenen noch über die bereits absolvierten emotionalen wie seelischen Achterbahnfahrten hinaus, eine weitreichendere Bedeutung geben. Und das tut es.

Die erste Hälfte, gemeinhin als #7.1 bezeichnet, bleibt zunächst noch an einer tieferen Erforschung der beruflichen Werdegänge interessiert, die sich jedoch zielstrebiger als zuvor anfühlt – wie funktioniert Don weiter, wenn ihm nach seinem fulminanten Abgang am Ende der Season #6 der Wiedereinstieg in die Firma verwehrt wird? Wird Peggy nun endgültig an eine Position gelangen, in der man ihr Leistung zutraut, die sie reell schon seit Jahren hätte bringen können? Und kann Joan jemals für die gegenüber sitzenden Männer mehr sein, als nur eine auf Brüste und ihren Hintern reduzierte Projektionsfläche für Chauvi-Sprüche? Wie immer galant mit dem Zeitgeschehen verwoben, umtanzen die ersten sieben Episoden persönliche, wie auch berufliche Entscheidungen die nicht folgenlos bleiben werden – die Fusion der Firma mit einer größeren, mächtigeren Agentur deutet eine folgenschwere Veränderung an, die in #7.2 dann als Hauptantrieb für persönliche Wechsel der Marschrichtung fungiert. Wo müssen all diese Leute in letzter Konsequenz landen, um ihr Glück, ihren Erfolg und summa summarum schlussendlich ihren Platz im Leben zu finden? Mit chirurgischer Präzision filetiert das Drehbuch gekonnt sämtliche (noch so subtilen) emotionalen Zustände der Protagonisten heraus, die sich zwischen den Zeilen über die letzten Jahre andeuteten, ausformten und nun erwartungsvoll auf den eigenen Abschluss hin fiebern. Getreu dem Agieren der Werbetreibenden, befriedigt MAD MEN in den allerletzten Episoden Bedürfnisse, von denen der Kunde, also wir, nicht mal wusste dass sie existierten, bevor Weiner’s Serie nun sämtliche offenen Fäden, entstanden bei der Entflechtung des komplexen Bündels namens MAD MEN und nun auf eine neue Richtung wartend, meisterhaft zusammen führte. Aus der Makro-Ebene, dem gemeinsamen existieren auf einem Zeitstrahl, in den Mikrokosmos, wo persönliche Schicksale sich voneinander lösen, um eigene Wege zu beschreiten. Und manifestieren diese Entscheidungen sich erst einmal, wirkt ihr Auftreten wie ein gelungener Pitch des Herrn Drapers – es fällt wie Schuppen von den Augen: Natürlich musste es für diesen oder jenen Charakter in die gezeigte Richtung gehen. Sie such(t)en und nun finden sie – anders wäre es gar nicht denkbar gewesen. Von besonderer Wucht und Tragik ist dies, weil die letzten Stunden des Epos uns in ungewohnt expliziter Weise klar machen, wie stark einige dieser ins Herz geschlossenen Menschen doch an einem Wendepunkt standen – aufrappeln, oder an sich selbst zerbrechen? Konsequenzen aus dem Ist-Zustand ziehen, oder auf wie auch immer geartete Weise in den Ruin wandern? Auf den unterschiedlichsten Ebenen steht für alle etwas auf dem Spiel, dessen Verlust nicht kampflos hingenommen wird.

Einige gewinnen, andere verlieren diesen Kampf – wie das Leben eben ist – doch als sich dann in einer der letzten Einstellungen dezent ein Lächeln auf Don Draper’s Lippen andeutet, dessen reinigende Wirkung einer Katharsis gleichkommt, weil wie durch ein Wunder und vielleicht das erste Mal überhaupt, KEIN leidender Unterton tief in ihm mitschwingt, steigt beim Betrachten ein schier unbeschreibliches Gefühl der Glückseligkeit auf. Die an Gewissheit grenzende Hoffnung, dass dieser Mann nach all den ausufernden Eskapaden nun endlich an dem Ort angekommen ist, der ihm sein Leben lang verwehrt blieb – bei sich selbst – dass er ins Reine kommen kann und die immerfort verleugneten Risse in seiner geschundenen Seele endlich die Chance bekommen werden zu heilen, hat etwas befreiendes, das schwer in Worte zu fassen ist. Was bleibt, ist das Gefühl, dass es sich lohnte. Dass diese vielen Stunden und Tage in der Madison Ave. etwas Besonderes, Einzigartiges waren und MAD MEN im entscheidenden Moment unglaublich viel zurückgegeben hat.


Wertung
9 von 10 abgeschlossenen TV-Sagen


Veröffentlichung
MAD MEN Season #7.1 ist 2014 und #7.2 am 10. Dezember 2015 bei Universal Pictures Germany als DVD-Boxen erschienen. Im Bonusmaterial von 7.2 befinden sich: Audiokommentare aller Folgen, Featurettes: Die unverheiratete Karrierefrau, Laurel Canyon, Baby Boomers, Tag der Erde.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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4 Gedanken zu „Serie: Mad Men – Season #7 (2014-2015)“

  1. Ich habe von Mad Men nur die erste Folge gesehen, im Englischunterricht. Als da so eine Szene im Stripclub kam hat unsere Lehrerin sofort ausgeschaltet. Dabei waren wir alles schon mindestens 15

  2. Aus Angst vor Spoilern habe ich deine Besprechung nur überflogen, denn mir fehlen noch die Staffeln 5-7, die seit ein paar Wochen aber immerhin im Regal stehen. Ich finde “Mad Men” großartig und bin froh, dass die Autoren anscheinend einen guten Absprung gefunden haben. Am liebsten würde ich jetzt sofort mit der Serie weitermachen, nur sind meine Erinnerungen an die ersten vier Jahre auch schon blass. Hmm, nochmal von vorne?

    1. Ja, bei Reviews zu Serien wo einem noch Staffeln fehlen ist das kritisch. Wobei ich finde, dass diese hier so sehr von den Figuren lebt, dass es eigentlich egal ist Dennoch: Nochmal anfangen lohnt sich, aber einfach weiter machen geht aus genau den Gründen auch

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