Trailer © by Universal Pictures Germany GmbH
Fakten
Jahr: 2013
Genre: Remake, Thriller
Regie: Spike Lee
Drehbuch: Mark Protosevich
Besetzung: Josh Brolin, Elizabeth Olsen, Samuel L. Jackson, Sharlto Copley, Michael Imperioli, Pom Klementieff, Lance Reddick
Kamera: Sean Bobbitt
Musik: Roque Baños
Schnitt: Barry Alexander Brown
Review
Achtung, SPOILER für beide OLDBOY Filme enthalten!
Ich wollte mal ganz fair sein und OLDBOY als eigenständigen Film werten. Und unter diesem Gesichtspunkt ist er definitiv nicht das filmische Total-Desaster was viele aus ihm machen, sondern hat gewiss verschiedene Qualitäten – ebenso wie einen Haufen Schwächen. Das wäre gesagt. Und nun desillusioniere ich mich und realisiere, dass es schlicht unmöglich ist, diesen Film als eigenständig zu betrachten, weil er ganz einfach kein eigenständiger Film ist. Er ist ein Remake eines koreanischen Meisterwerks – und daran muss er sich, zumindest in Teilen, messen lassen, denn wie so oft steht die Frage im Raum: “Warum die Kopie?“
Mit kleinen bis größeren inhaltlichen Änderungen und völlig anderen Schwerpunkten versehen, erzählt Spike Lee unter Streichung sämtlicher (das Original so grandios machenden) Ungewissheiten in der Geschichte, die amerikanisierte Version von Oh-dae Su’s – hier nun Joe’s – Leidensweg. Das größte Problem dabei ist wohl die fehlende Subtilität des ganzen.
Joe ist ein Arschloch vor dem Herrn, Alkoholiker und kennt keine Verantwortung. Das könnte man klug und unterschwellig vermitteln, Spike Lee beschließt jedoch, dass auch dem letzten Deppen jegliche Zweifel genommen werden sollen. Joe’s Ex-Frau zählt schön strukturiert in einem Telefonat auf, was der gute Mann doch für schlimme Charakterzüge aufweist, minutenlang ist er nach dem abblitzen beim Anbaggern einer Geschäftspartnerin grölend auf Sauftour zu sehen, pöbelt, kotzt, pisst, benimmt sich wie der letzte Asoziale – es ist wie Malen nach Zahlen: alle typischen Klischees werden als Eckpunkte abgegrast, der miese Typ könnte schematischer nicht eingefügt werden.
Allein dieser Unterschied ist bezeichnend für die “Hollywoodisierung“ des Stoffes. Offene Fragen gibt es im US-OLDBOY nicht, alle offensichtlichen Plot-Punkte bekommen eine Schippe drauf – aus 15 Jahren in Gefangenschaft werden 20, aus dem Selbstmord der Schwester wird ein Massaker an der ganzen Familie, aus dem etwas unsympathischen Oh-Dae Du wird das ultimative Arschloch Joe – allerdings ganz im Gegensatz zur moralischen Fragwürdigkeit (und Uneindeutigkeit!).
Wo OLDBOY moralische Fragen über Schuld, Vergebung und Selbsttäuschung aufwarf, weil man nie vollständig sicher sein konnte, ob der jeweilige Teil der Geschichte, immer aus individuellen Blickpunkten und Erinnerungen rekonstruiert, nun tatsächlich der ganzen Wahrheit entsprach, malt US-OLDBOY niemals in Grautönen. Joe ist anfangs böse und wird zum grinsenden Helden geläutert, sein Gegenspieler (dermaßen over-the-Top von Sharlto Copley gespielt) ist ein wahnsinniger Psychopath mit einem perfiden Plan, Joe’s Tochter das strahlende Gute. An all diesen Eigenschaften gibt es nichts zu rütteln, Grauzonen sind unerwünscht, der Zuschauer soll seine klare Identifikationsfigur bekommen. Eine riesige Schwäche, die den krassen zugrundeliegenden Stoff zur generischen Thriller-Nummer verkommen lässt.
Inszenatorisch kann man Spike Lee jedoch wenig vorwerfen. Von ab und an aufkeimendem Pathos und Herzschmerz-Kitsch mal abgesehen, hat US-OLDBOY durchaus atmosphärische Momente und zwei knackig-harte Actionszenen vorzuweisen. Anständige Kameraarbeit und solides Spiel seitens Josh Brolin und Elizabeth Olsen machen das Gesamt-Konstrukt einigermaßen rund. Und doch stößt bitter auf, dass jegliche Änderung des Stoffes einen Qualitätsverfall zum Negativen hin verursacht. Zu eindeutig und zu geradlinig gestaltet sich der Inhalt, zu wenig sinnhaft die Unterschiede zur Vorlage. Alles in allem okay. Ganz nett. Teilweise. Aber trotzdem bleibt die Frage: “Warum zum Teufel diese Kopie?“
Wertung
4-5 von 10 blass gedruckten Kopien
Weblinks
IMDB
OFDB
MOVIEPILOT
ROTTEN TOMATOES
LETTERBOXD
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