Es ist wieder MEDIA MONDAY – genaugenommen war Media Monday und ich komme erst jetzt zum mitmachen. Sei es drum, hier meine Antworten zum Media Monday #163.
1. Serien oder Filme, die Drogenhandel oder –konsum thematisieren begehen immer eine Gratwanderung, weil oft zur Glorifizierung nicht viel fehlt. Das liegt in meinen Augen weniger an den Intentionen der Filmemacher, sondern in der verschiedenförmigen Lesbarkeit des Themas. Drogen, bzw. Menschen die durch sie ein völlig anderes Leben führen haben schnell etwas fremdes und somit faszinierendes an sich und so ist Tony Montana eigentlich ein widerliches, durch Kokain völlig abgehobenes Arschloch, für viele aber ein cooler Filmheld, FEAR AND LOATHING kann leicht als lockerer Spaß mit ulkigen Drogentrips verstanden werden und ist erst auf den zweiten Blick ein Abgesang auf die gesamte Hippie-Ideologie. Und so weiter. REQUIEM FOR A DREAM macht es richtig, da bleibt hinterher kein Mythos, oder Faszination, nur ein dicker Kloß im Hals! Insgesamt schwieriges Thema!
2. Musical-Filme empfinde ich als anstrengend, denn obwohl ich im Schnitt selber meist ziemlich gut gelaunt bin, geht mir diese aufgesetzte, überdrehte Fröhlichkeit tierisch auf die Nerven. Wenn ich die Wahl habe, ziehe ich eh einen abgründigen Film einem fröhlichen vor, diese Tendenz führt scheinbar bei Musicals zu einer regelrechten Abneigung .
3. Arztserien haben mich noch nie interessiert und ich kann mir nicht vorstellen, wie sich das irgendwann mal ändern sollte.
4. Ich würde mir ja mal einen Tatort wünschen, der die straighten US-Actioner Tendenzen der Schweiger-TATORTe noch ausbaut und unter Aufgabe jeglicher Glaubwürdigkeit und jedes letzten Bisschens Realismus in allen Belangen vollkommen über die Stränge schlägt. Til Schweiger räumt mit dem M16 in der hamburgerischen Russenmafia auf, danach liegt die Halbe Stadt in Schutt und Asche und er stolziert mit zwei heißen Klischee-Bunnies im Arm plus Zigarre im Mundwinkel davon.
Das wär doch mal was .
5. LETZTES JAHR IN MARIENBAD schreit schon aus vollem Halse Kunstfilm, erscheint mir aber nur prätentiös und belanglos, weil der Film mir nicht im Entferntesten auch nur irgendetwas mitgeben konnte. Zwei Menschen starren sich zwei Stunden lang an, die Kamera fährt durch Gänge, die Orgel plärrt nervig vor sich hin, aus dem Off wird non stop wirres Zeug gefaselt. Puh, war das eine Tortur! Sollte damals mein Einstieg in das Werk von Alain Resnais werden, habe mich aber danach an nicht einen einzigen weiteren Film von ihm getraut.
6. Jessica Chastain ist nicht nur attraktiv, sondern überzeugt auch in ihren Rollen, speziell als trauernde Mutter in THE TREE OF LIFE, sowie besessene CIA-Agentin in ZERO DARK THIRTY. Die Frau hat eine unheimliche Natürlichkeit im Spiel und ist extrem wandelbar (ihre Auftritte in LAWLESS oder THE HELP sind völlig andere Rollen) .
7. Zuletzt gesehen habe ich Tim Burton’s ALICE IN WONDERLAND und das war extrem enttäuschend, geradezu verwirrend, weil ich den Film damals zum Start im Kino gesehen habe und ihn in unheimlich guter Erinnerung hatte. Im jetzt erfolgten Rewatch konnte ich nicht mehr im entferntesten verstehen, wie es dazu gekommen ist, weil ich ihn nun unheimlich schwach fand. Es muss wohl an der damals noch frisch aufkeimenden Faszination für 3D gelegen haben (war mein zweiter 3D film nach AVATAR), denn der Film ist abseits der Optik ein groß-aufgeblasenes Nichts. Es fehlt jeglicher Erzählfluss, weder Spannung noch wirklicher Humor kommen auf, Depp als Hutmacher spult seine generische Kostüm-Nummer ab, Hathaway möchte man an die Gurgel gehen und die wenigen echten Schauspieler in dieser durch-animierten Zuckerwatte-Welt sind eher ein störender Faktor. Und ich hab das Ding jahrelang verteidigt..
Zum Geschmack:
80er halt Klar, die Villen sehen fürchterlich aus, die Klamotten etc. auch. Aber das schafft irgendwie eine klare zeitliche Verortung..
Zum Ende:
Da habe ich volles Verständnis für deine Meinung, denn es IST unglaublich übertrieben. Ich bin mir aber sicher, dass Brian DePalma das ganz bewusst so inszeniert hat. Es ist (für mich) ein gelungener Spiegel des totalen Größenwahns und Gott-Komplexes von Tony Montana gegen Ende. Der mann hat jegliche Verbindung zur Welt verloren..
Fände ich spannend, wenn du auch mal mitmachst. Ist nie zu spät, ich bin ja selber erst vor 3-4 Wochen dazu gekommen
Ach, jetzt sehe ich erst, dass du hier etwas über “Scarface” geschrieben hast – den Film hat mir vor ein paar Wochen jemand gezeigt, der von ihm begeistert ist.
Mein Problem mit diesem Film ist vor allem der schlechte Geschmack dieser ganzen Neureichen – die Einrichtung ihrer Häuser zieht einem doch Schuhe und Strümpfe aus. Leute, die so wohnen, kann ich einfach nicht ernst nehmen. Das Ende fand ich einfach nur übertrieben. Ich mag so starkes Blutvergießen gemeinhin nicht, bei “Léon der Profi” hat es irgendwie Klasse, in diesem Film dachte ich einfach nur “Meine Güte, sind die auch irgendwann mal fertig”. Es war auch schon recht spät am Abend…
Vielleicht mache ich auch mal beim Media Monday mit, man wird sehen.
Urlaubsbedingt eine verspätete Antwort:
Zu Schweiger: Die nervige Tochter würde natürlich sofort den nordkoreanischen Terroristen, nein halt, noch reaktionärer: russischen Terroristen zum Opfer fallen Ich habe übrigens (wie der Zufall es will) von Christian Alvart in meinem Urlaub nen älteren TATORT gesehen (BOROWSKI UND DER STILLE GAST). Und der war so gut, dass es eigentlich schon kein TATORT mehr sein konnte. Dass er Atmosphäre kann hat Alvart ja in PANDORUM bewiesen. Und das hat er halt in den Krimi übertragen! Hab echt 9P springen lassen!
Und Burton..
Ich merke dass ich ihn irgendwie immer weniger mag. Mir ist das langsam alles too much, irgendwie..
Hmm, geht mir mit vielen Antworten wie dir: Musicals gehen nur selten, statt der Fröhlichkeit ziehe ich auch immer lieber einen Film für den Kloß im Hals vor…
4. Du meinst wohl mit der einen ein Klischeebunny und mit der anderen seine Tochter! Ohne die geht es doch nicht, hallo? Oh man, so ein richtiger Over the top-Tatort wäre wirklich eine spannende Angelegenheit, wenn auch nur dazu da, um zu sehen ob sich die Verantwortlichen nach so einer Pleite aus dem Staub machen würden…
7. Hmm, Alice war mir damals schon so unangenehm bunt und platt und… Diese übertrieben schrille Atmosphäre kann ich ohnehin nicht ab. Hatte dafür letztens wieder “Sleepy Hollow” von Burto geschaut, und war überrascht wie sehr sich manche Szenen doch ähnelten. Auch wenn letzterer sehr düster gehalten ist, gibt es immer wieder diese aufblitzenden Momente, die mir da aber immerhin besser gefallen haben.
(Sorry, schon wieder so viel geschrieben!)