Film: Lone Ranger (2013)


Trailer © by Walt Disney


Fakten
Jahr: 2013
Genre: Western, Action, Komödie
Regie: Gore Verbinski
Drehbuch: Justin Haythe, Ted Elliott
Besetzung: Johnny Depp, Armie Hammer, William Fichtner, Tom Wilkinson, Ruth Wilson, Helena Bonham Carter, James Badge Dale, Bryant Prince, Barry Pepper
Kamera: Bojan Bazelli
Musik: Hans Zimmer
Schnitt: James Haygood, Craig Wood


Review
LONE RANGER wirkt wie ein Film, der vor allem eines will: Spaß machen! Und das tut er, trabt mal ganz gediegen und langsam, gibt sich mal ulkig, fast albern, mal dynamisch, mal relativ hart, ab und an sogar sehr skurril, aber immer mit genügend Herz gemacht und das spürt man unmittelbar.

Sofort fällt der Look ins Auge. LONE RANGER sieht einfach fantastisch aus. Epische Wüsten- und Felskulissen, verloren in endloser Weite, im Wechsel mit detailverliebter Ausstattung, gelungenen Szenenbildern, authentischen Kostümen und viel Dreck und Staub. Kameramann Bojan Bazelli liefert reihenweise umwerfende, geradezu epische Bilder für die große Leinwand – dafür existiert das Kino – und spart auch in unscheinbarern Momenten nicht mit wundervoller Perspektivwahl und Kameraführung. Tolle Fotografie die zeigt, dass klassischer Stoff auch in moderner Optik funktionieren kann – das richtige Händchen vorausgesetzt.

Der Film lebt jedoch bei weitem nicht nur von diesen visuellen Stärken, überraschend gelungen spielt sich das Gespann Hammer/Depp durch die Wüste und harmoniert dabei blendend. Depp, der wahrscheinlich in den letzten Jahren gut daran getan hätte, etwas mehr als nur den immer wiederkehrenden Jack Sparrow zu verkörpern, ist auch hier schräg, skurril und ziemlich verstört angelegt. Ohne wirkliche Vergleiche ziehen zu wollen (und zu können) bleibt nur so viel zu sagen: Er tut hier scheinbar exakt das, was ihm liegt, denn der IndianerTonto, weit mehr als nur ein Sidekick, wird sofort zum Sympathieträger und sorgt die gesamte Spielzeit über durch seine Mischung aus Weisheit und Wahnsinn für prächtige Unterhaltung.

Armie Hammer liefert als sich wandelnder Protagonist mindestens äquivalente Qualität und funktioniert dabei sowohl als gesetzestreuer Anwalt, wie auch maskierter Outlaw blendend. Seine Präsenz auf der Leinwand ist beachtlich. Getoppt wird das lediglich vom diabolischen William Fichtner – endlich mal in einer größeren Rolle zu sehen – als böser, schwitzig-widerlicher Revolvermann. Seine Performance ist Hauptgewinn: Unmenschlich, abgrundtief teuflisch und ekelhaft wie ein prall gefüllter Eiterpickel. Überhaupt sind alle Nebendarsteller passend besetzt.

Was an Verbinski’s neuestem Blockbuster sicher den ein oder anderen verwirren (oder sogar verärgern) wird, ist die bewusst holprige, nicht in eine einzige Schublade einzuordnende Inszenierungs- und Erzählweise.

LONE RANGER ist irgendwie von allem etwas, es existiert kaum eine Richtung in die das Autorenteam Elliott/Rosso (verantwortlich auch für Verbinski’s PIRATES OF THE CARIBBEAN) und Haythe (Autor des großartigen REVOLUTIONARY ROAD) nicht die Fühler ausstreckt und kaum eine dieser Steilvorlagen lässt Verbinski aus, um ein wenig über die Stränge der Blockbuster-Konformität zu schlagen: Für einen Disney-Familienfilm (denn was sonst ist das Disney-Zielpublikum) ist LONE RANGER zwischenzeitlich eigentlich viel zu hart – im einen Moment reitet eine heroische Gruppe Westernhelden durch den malerisch anmutenden Canyon, im nächsten Moment bricht ein wahres Massaker los, welches als eben solches inszeniert ist und nicht das einzige bleiben wird.

Vergleichen mit dieser Härte, sind andere Passagen des Films unfaßbar albern und kindlich, streng genommen reinster Slapstick. Auch ist LONE RANGER in der einen Minute abenteuerlicher Western mit epischer Optik und klassischem Score, im nächsten Moment kippen schräge Traumsequenzen, oder ein paar grotesk mutierte Tiere in der Steppe den Streifen in Richtung eines surrealen Horror-Alptraums. Auch das geht schwer unter einen Hut, sorgt aber für eine selten gesehene Form der Abwechslung und Unberechenbarkeit.

Die Frage nach dem “Warum” lässt Verbinski hier entschieden unbeantwortet. Warum sollte er auch anders? Über die üppige Laufzeit von zweeinhalb Stunden tauchen immer wieder Situationen auf, die gemessen an gängigen Maßstäben überhaupt keinen Sinn machen – mutierte Karnickel sind einfach da, Pferde stehen plötzlich auf Dächern, der Lone Ranger erwacht in aberwitziger Höhe auf einem Podest, nur um einfach wieder runter zu klettern. Keine Erklärungen und kein Nutzen für den weiteren Verlauf, trotzdem alles irgendwie unterhaltsam (sogar sehr) und so schleichen sich erstaunlich wenige Längen in die Spielzeit ein.

Geschuldet ist das dem Gesamtpaket – LONE RANGER wirkt trotz des streckenweise chaotischen Inhalts in Bild, Ton, Spiel und Dramaturgie sehr rund – und sicher auch Verbinski’s Freude an furiosen Mashups aus den verschiedensten Stilen, die zum Schluß in einem außerordentlichen, engültig durchgeknallten Finale gipfeln. Völlig überdreht – nicht so, dass es nervt und Kopfschütteln hervorruft, sondern auf die Art, die uns wieder zu kleinen Kindern werden und wie diese Jauchzen und Quieken lässt – bekommen wir in perfekter Symbiose mit Hans Zimmer’s “William Tell Ouverture” wahnwitzige Bilder von überschnellen Zügen im Rückwärtsgang, halb-fliegenden Pferden und einem engültig um den Verstand gekommenen Tonto vor die Linse gesetzt – rasant, verrückt, herrlich choreografiert – ein Riesenspaß!

Im Gegensatz zum vorherigen Disney-Flop JOHN CARTER ist LONE RANGER völlig zu unrecht nicht angenommen worden, denn er ist ein Film für das Kino, den man nach Ende des Abspanns direkt ein zweites Mal sehen könnte.


Wertung
7-8 von 10 absurden Doppel-Zug-Spektakeln


Veröffentlichung
LONE RANGER ist bei Walt Disney als BluRay und DVD erschienen.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

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