Trailer © by AV Visionen
Fakten
Jahr: 1988
Genre: Anti-Kriegsfilm, Drama
Regie: Isao Takahata
Drehbuch: Isao Takahata, Akiyuki Nosaka
Sprecher: Tsutomu Tatsumi, Ayano Shiraishi, Akemi Yamaguchi, Yoshiko Shinohara
Kamera: Nobuo Koyama
Musik: Michio Mamiya
Schnitt: Takeshi Seyama
Review
Dass weder Zeichentrickfilme, noch japanischer Anime per se als Kinderkram abgetan werden dürfen, sollte jedem klar sein. Ist es jedoch leider nicht. Doch wer an diesem Fakt zweifelt, kann einfach ins Jahr 1988 reisen – dem Jahr in dem das Studio Ghibli mit DIE LETZTEN GLÜHWÜRMCHEN ein waschechtes anti-Kriegs-Drama im Anime-Gewand schuf. Ein wirklich, wirklich bitteres.
Angesiedelt im Japan des zweiten Weltkrieges, wird eine tieftraurige Geschichte von Zusammenhalt, Verlust, Unmenschlichkeit und Stolz erzählt. Offensichtlich dreht es sich zwar “nur” um den jungen Seita und seine Fürsorge für die noch viel jüngere Schwester Seitsuko, im Kern geht es jedoch um viel mehr: Der Film ist eine schreiende Anklage an den Krieg, die unangenehmen Veränderungen, die er mit sich bringt und den Verfall von Mitgefühl und Güte.
Die einen liegen im Dreck, die anderen gehen unbeteiligt vorbei, nur wenige sehen hin, manche sogar voller Verachtung für die, die alles verloren haben. Als sei es ihre eigene Schuld, dass Staatsoberhäupter wahnsinnige Kriege beginnen und ihrem Volk sogar noch vorgaukeln es wäre ehrenhaft, mit stolzer Brust ins Verderben zu marschieren. Jeder ist sich selbst der nächste, wer selbst nichts hat, lässt “die Ausgebombten” lieber im Dreck verhungern. Das ekelhafte dabei: auch die, die genug haben, tun dies. Nur obendrein mit widerlicher Arroganz. Ein willkommener Anstoß für jeden Zuschauer, auch mal wieder das eigene Verhalten genau zu hinterfragen: “Was denke ich eigentlich, wenn ich den schmutzigen Penner unter seinen Zeitungen am Wegesrand liegen sehe? Fühle ich die Empathie, die ich sollte? Oder bin ich auch so kalt, wie die Menschen in DIE LETZTEN GLÜHWÜRMCHEN? Hat der Zynismus gesiegt und tue diese traurigen Missstände mit Aussagen wie “selbst schuld” ab?”. Wichtige, wertvolle Gedanken zum sozialen Miteinander, die sich problemlos aus diesem Werk ableiten lassen.
Durch die gelungene, oft putzige Visualisierung wird die Thematik des Films teils intensiviert, Seitsuko ist beispielsweise so unglaublich niedlich, dass jedes ihr widerfahrende Leid doppelt schmerzt, teils entschärft, einfach weil heftige, abstoßende Dinge in Form eines Animes gezeigt werden. Im Ganzen wählt die Umsetzung genau die richtige Mitte: toll gezeichnet, mitreißend und rührend geschrieben, am Ende bleibt ein ganz bitteres Gefühl in der Magengegend. Ein äußerst relevanter, vollkommen zeitloser Film, der herzerwärmend und abstoßend zugleich direkt in die Seele trifft. Großes Kino.
Wertung
8-9 von 10 zermarternden Schicksalen
Veröffentlichung
DIE LETZTEN GLÜHWÜRMCHEN ist bei AV Visionen als BluRay und DVD erschienen.
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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