Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Sony Pictures Home Entertainment
Fakten
Jahr: 2011
Genre: Coming-Of-Age, Roadmovie, Action, Drama
Regie: Joe Wright
Drehbuch: David Farr, Seth Lochhead
Besetzung: Saoirse Ronan, Cate Blanchett, Eric Bana, Vicky Krieps, John Macmillan, Jessica Barden, Martin Wuttke, Joel Basman, Tom Hollander
Kamera: Alwin H. Küchler
Musik: The Chemical Brothers
Schnitt: Paul Tothill
Review
Zum Anfang eine kleine Klassifizierung für Genre-Fetischisten: HANNA ist ein Coming-Of-Age-Roadmovie-Drama-Thriller-Märchen mit ausführlicher Huldigung der schönen Dinge des Lebens.
Der Film erzählt die symbolisch abstrahierte Coming-Of-Age-Geschichte eines kleinen Mädchens ohne Mutter und direkt wird klar, dass Joe Wright, sein Kameramann Alwin H. Küchler und Cutter Paul Tothill sich darauf verstehen eine besondere Atmosphäre zu erschaffen – stark durchkomponierte Einstellungen, tolle Kamerawinkel, fließende Übergänge, wirkungsvolle Perspektiven, eine Vielzahl an optischen Spielereien. Das alles sieht wirklich gut aus, der kohärente eigene Stil schafft direkten Zugang zum Film.
Auch im weiteren Verlauf schlägt HANNA sich auf dem inszenatorischen Prüfstand durchweg mit Bravour. Schnelle, allerdings nicht zu schnelle Schwenks und Schnitte verleihen den Bildern und Sequenzen massenhaft Dynamik und reißen mit, was die überzeugende Action zu einem klaren Pluspunkt macht.Klar muss sich der Muskelmann-gewöhnte Zuschauer zunächst darauf einlassen, der zierlichen Hanna dabei zuzusehen wie sie ganze Trupps an Soldaten und Agenten ausschaltet – HANNA wählt nämlich als Parabel für das Aufwachsen wortwörtlich ein ankämpfen gegen die Bedrohungen der Welt – doch gelingt das, macht so gut wie jeder Fight richtig Laune. Wer dennoch Gründe braucht, muss sich lediglich in Geduld üben: die Dampfhammerfaust des kleinen Mädchens bekommt später noch eine stimmige Erklärung verpasst – alles gut also.
Im Kontrast zu eifrigen Schuss- und Schlagwechseln besteht HANNA aus vielen emotionalen, intensiven und vor allem märchenhaft-träumerischen Momenten, die Zugang zur Protagonistin liefern und sie trotz allem unheimlich menschlich erscheinen lassen. In einer tollen Symbiose aus fließend-flackernder, sehr gelungener Filmmusik der Chemical Brothers und warmen Bildern, begleiten wir sie dabei, das erste Mal in ihrem Leben die Welt zu entdecken – mit allen schönen Dingen die dazu gehören: Musik und Tanz, Familie, Freundschaft, malerischen Kulissen aus diversen europäischen Ländern. Die Begeisterung schlägt über, ihr fasziniertes Erkunden lässt Fernweh und Entdeckerdrang entflammen, HANNA steckt wortwörtlich an.
Lässt man all dies links liegen und klassifiziert den Film primär als Hetzjagd-Thriller, so erfüllt Joe Wright auch diesen Anspruch optimal: HANNA ist spannend bis zum Abwinken. Das liegt sowohl am inhaltlichen Verlauf – die Geschichte ist straight, fließend geschrieben und mit gutem Pacing erzählt – als auch am spezifischen Aufbau einzelner Szenen, welche trotz gewollter Langsamkeit zeitweise die pure Energie versprühen. Momente, wie die lange Plansequenz von Bana’s Ankunft am Berliner ZOB, die in einem stark choreografierten Kampf in einer U-Bahnstation endet, könnten kaum packender gestaltet sein.
Auf Seite der Geschichte und Figuren liefern die bis dato noch recht unbekannten Writer Seth Lochhead und David Farr grundsolide ab. Wenig komplex und meist nach Blaupause, aber dafür umfangreich in ihrer Auswahl, sind die Figuren abseits von Hanna gestaltet – die Hippiefamilie auf Wohnwagentour durch Europa, die deutschen Faschos als Begleitschutz für den schrägen Vollstrecker eines fatalen Urteils, der Märchenmann aus dem verrotteten Freizeitpark – das alles sind abwechslungsreiche Charaktere, die als Vehikel für teilweise absurde Situationen (wenn der Springerstiefel-Fascho plötzlich zum Pfeifgesang seines Chefs auf ein paar Containern ein seltsames Tanztheater aufführt) bestens taugen. Zum Ende wird noch ein geringer Bio-Sci-Fi-Anteil eingeflochten um der finalen Erklärung ihre Stichhaltigkeit zu verleihen – kann man machen, hätte man aber nicht gemusst, denn in HANNA ist eh der Weg das Ziel.
Schöner Film, der trotz seiner eiskalt mordenden Protagonistin unterm Strich (und zwischen den Zeilen) vermittelt, dass die Welt schöner ist, als Kriege, Hass und Mord es uns glauben lassen. Vielleicht ein blauäugige Moral, aber auch das würde ja wortwörtlich zur kleinen Hanna passen.
Wertung
8 von 10 gemütlichen Abenden am Lagerfeuer
Veröffentlichung
WER IST HANNA? ist bei Sony Pictures Home Entertainment als BluRay-Steelbook, BluRay und DVD erschienen. Im Bonusmaterial befinden sich: Kommentar mit Regisseur Joe Wright, Alternatives Ende, Entfallene Szenen, Anatomie einer Szene: Die Flucht aus Camp G. Nur auf der BluRay sind zusätzlich die Dokumentationen: Sich anpassen oder sterben, CIA-Allegorie, Chemische Reaktion. Die Discs kommen im Wendecover ohne FSK Logo.
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Stream: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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