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Fakten
Jahr: 2012
Genre: Drama, Gangster
Regie: Kim Ki-duk
Drehbuch: Kim Ki-duk
Besetzung: Jo Min-soo, Lee Jung-Jin, Woo Ki-Hong, Kang Eun-jin, Cho Jae-ryong
Kamera: Jo Young-jik
Musik: Park In-young
Schnitt: Kim Ki-duk
Review
PIETA – ein Rachedrama, das im Kern zutiefst menschlich ausgerichtet ist, weil es essentielle Fragen stellt und uns zu einer unangenehmen Entscheidung zwingt: Darf man Mitleid empfinden, für den der schreckliches tut? Darf man ihm, so grausam und kaltblütig seine Taten auch sind, wünschen sein Glück zu finden? Dürfen wir für einen widerlichen Gewaltverbrecher Empathie empfinden?
Schuldeneintreiber Lee Kang-do ist dieser Mensch – er verstümmelt verarmte Handwerker, die sich auf dubiose Kredite mit 100% Zinsrate eingelassen haben, um nicht in die völlige Armut zu versinken und diese natürlich nicht zurück zahlen können. Er kalkuliert eiskalt die notwendige Gewalt und wendet sie an. Ohne mit der Wimper zu zucken, ohne jegliche Gefühlsregung. Als “Krüppel” sind die Opfer nicht mehr arbeitsfähig und Lee streicht die Versicherungssumme ein, um seinen Auftraggeber zufrieden zu stellen.
So emotionslos und karg wie der Protagonist des Werkes agiert, ist auch die allumfassende Stilistik geraten – in ungeschönten, großartig eingefangenen Bildern aus einer Welt, die am letzten Faden hängt und sehr bald endgültig von der automatisiert-globalisierten Wirtschaft überrollt sein wird, werden fast beiläufig Schicksale portraitiert und eine subtile Anklage eingeflochten. Aber an wen? An ein System was schon seit Jahren den Fuß nicht vom Gaspedal nimmt? An eine Welt in der essentielle Werte wie Menschlichkeit und Mitleid immer weiter verschwinden – und nicht länger erwünscht sind, weil sie Profitoptimierung bremsen? Der Vollstrecker als Sinnbild für systemisch gewachsene Strukturen.
Vielleicht sind diese Vermutungen zur Bedeutung des Films weit hergeholt, oder überinterpretiert, vielleicht treffen sie auch den Kern dessen was Kim Ki-Duk uns mit seinem grauen, kalten Werk vermitteln will? Schwer zu sagen – Menschlichkeit, Schuld, Sühne, Verlust und Trauer sind ganz sicher die Kernthemen aus PIETA und die ständige Symbolik – oft christlicher Natur – deutet an, dass PIETA erforscht werden will. Das wird klar, sobald Kim eine Gabelung in die Geschehnisse einflechtet.
Denn als Lee plötzlich das erste Mal in seinem Leben Wärme und Zuneigung erfährt, wendet sich das Blatt, kippt sein Charakter förmlich. Er steigt aus dem Geschäft aus, zeigt Emotion, wird schnell zum Sympathieträger. Bereut er? Auch das lässt sich nur mutmaßen, doch auch hier könnte sein angedeuteter innerer Wandel für eine Abkehr von der entemotionalisierten Welt stehen. Augen, die das erste Mal in 30 Lebensjahren geöffnet werden und sehen was bis dahin fehlte. Denkt man diese These bis zum filmischen Finale weiter, so bleibt jedoch die ernüchternde Erkenntnis, dass ein Zurück nur bis zu einem bestimmten Punkt möglich sein kann. Irgendwann ist ein Fuß über dem Abgrund, irgendwann kann nicht mehr balanciert werden und der Fall ist besiegelt.
Ein starker Film, der mich auf Anhieb verwirrt und ohne wirkliche Meinung zurück lies, viel Nachdenken erfordert und den ich zugegebenermaßen auch zehn Tage nach der Sichtung immer noch schwer einordnen kann. Intensiv – zeitweise bis zur zugeschnürten Kehle hin – inszenatorisch brillant und wahrscheinlich wesentlich gehaltvoller als es auf Anhieb erscheint.
Wertung
8 von 10 eiskalten Eintreibungs-Methoden
Veröffentlichung
PIETA ist bei Ascot Elite Home Entertainment als BluRay und DVD erschienen. Die Discs kommen im Wendecover ohne FSK Logo.
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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