Titelbild & Trailer © by Universal Pictures Germany
Fakten
Jahr: 2014
Genre: Eastern, Samurai, Action, Fantasy
Regie: Carl Rinsch
Drehbuch: Hossein Amini, Chris Morgan
Besetzung: Keanu Reeves, Hiroyuki Sanada, Ko Shibasaki, Tadanobu Asano, Min Tanaka, Jin Akanishi
Kamera: John Mathieson
Musik: Ilan Eshkeri
Schnitt: Stuart Baird
Review
Vorzeige Schwertkämpfer Keanu Reeves als Halbblut-Abschaum aus dem Wald, führt eine Bande meisterloser, entehrter Samurai im alten Japan zur Wiederherstellung ihres Status an. Auf dem Weg stellt sich Ihnen so einiges entgegen: Drachen, Hexen, seltsame Geister in Höhlen und ein Haufen anderer Kram, der das Fantasy-Herz eigentlich höher schlagen lassen sollte.
Nicht dass ich überhaupt ein Herz für Fantasy hätte, allerdings könn(t)en Samurai, Schwertkämpfe und klassische Kulissen schon bei mir punkten. Betonung auf könn(t)en, denn dieser Film macht so viel falsch, dass jeglicher fernöstliche Charme (selbst Kitsch wäre willkommen gewesen) bereits im Ansatz erstickt wird und die 2 Stunden Laufzeit zu einer drögen Nummer aus anstrengender Langeweile verkommen.
47 RONIN findet beinahe komplett in (so detailreichen wie sterilen) Pixelwelten statt – egal ob Märchenwald, Piratenhafen, bombastisches Gebirge, oder sonstwas, die Kulissen kommen so eindeutig aus dem Computer, dass sie nicht begeistern können – und wählt eine visuelle Sprache, die keinerlei eigene Aspekte beinhaltet. Der Film serviert also rein gar nichts, was wir nicht bereits in Hunderten anderen Hollywood-Versionen fernöstlicher Thematik gleichförmig oder besser bewundern durften. Das Hauptproblem ist jedoch ein Anderes: seine Figuren – JEGLICHE Figuren – sind einzig und allein Abziehbildchen ohne wahrhafte charakterliche Eigenschaften, eine merkliche Entwicklung, oder überhaupt fühlbare Menschlichkeit. Sie stolpern von Plotpoint zu Plotpoint, reden und reden, aber wer sie sind und was sie bewegt, bleibt unter einem dichten CGI-Schleier verborgen.
In Summe bleibt trotz endloser Dialoge das Charakterdrama aus und es hagelt allem voran Blicke. Blicke, Blicke und noch mehr Blicke – schockiertes Geglotze wo es nur geht, denn wenn der Film eins tut, dann sich selbst todernst zu nehmen und wann immer möglich eine bleierne Schwere zu suggerieren. Meistens durch Blicke. Ehre, Moral, Rache das sind hier lediglich leere Phrasen mit denen um sich geworfen wird, nie kommt das behauptete Leid der Figuren um Reeves, hier namentlich Kai, und die 46 anderen Samurai auch im Herzen des Zuschauers an. Ihre Motivationen sind ZU eindimensional: Kai will Anerkennung, dann Rache, der Rest will ausschließlich Rache – das reicht nicht, erst recht nicht, wenn die obligatorische Lovestory auch noch zünden soll. In eine Figur, die so vielschichtig wie Keanu Reeves’ Mimik ist, verliebt sich niemand.
Kai: “I’m not afraid of you.“
Hexendame: “You should be!“
Anstatt hart und bewegend Schicksale zu porträtieren, ist 47 RONIN einzig unfreiwillig komisch, was besonders aus der bemühten Grimmigkeit herrührt. Nonstop tun Figuren Dinge, die zum Kopfschütteln sind und es wummert ein metallener pseudo Zimmer-Score im Hintergrund – oberflächlich angereichert mit einfallslos aus “asiatisch” getrimmten Flöten, etc. – welcher versucht eine Atmosphäre zu suggerieren, die schlicht nicht da ist.
Wenn schon kein Drama vorliegt, könnten natürlich noch Qualitäten auf Seite der Action versteckt sein. Sind sie nicht. 47 RONIN ist eine von jeglichem Blut bereinigte PG-13 Schlacht-Orgie, die Begriffe wie “Dynamik” und “Bewegung” verspottet und deren spärlich gesetzten Kämpfen es an Punch, ausgereiften Choreografien und einem punktgenauem Schnitt fehlt. Die Ideen sind nicht schlecht (z.B. in der Geister-Höhle), aber es reißen, wie bereits die beschriebenen Kulissen, auch die körperlichen Konfrontationen nicht mit, weil auch hier grundsätzlich mehr als die Hälfte der Beteiligten aus dem Computer entwachsen ist? Das ist nicht greifbar, entfaltet kein Gefühl der Bedrohung und ödet an!
Dazu kommt eine moralisch fragwürdige Präsentation von Gewalt (auch bekannt als die Hollywood-Blockbuster-Methode): es werden am laufenden Band relativ brutal Menschen getötet, doch verkauft der Film dies als das Normalste der Welt. Gesichtslose Schergen verdienen scheinbar zu sterben, weil sie dem (ausschließlich bitter-)bösen Herrscher gehorchen?! Also kann man sie abschlachten wie es einem passt, ohne dass es den geringsten Effekt hat? Das suggerieren Regisseur Carl Rinsch und sein Visual Effects-Team hier – 47 aufgeschnittene Daumen sind die sichtbarste Gewalt im ganzen Film.
Ein Lehrstück dazu, wie man wirklich alles falsch macht. Bleibt nur noch die Frage was ein Regie-Debutant getan hat, um 175 Millionen Dollar in die Hand zu bekommen?
Wertung
2 von 10 animierten David-Bowie-Wölfen
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
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