Trailer © by MFA Film
Fakten
Jahr: 2012
Genre: Drama, Survival
Regie: Baltasar Kormákur
Drehbuch: Jón Atli Jónasson, Baltasar Kormákur
Besetzung: Ólafur Darri Ólafsson, Stefán Hallur Stefánsson, Jóhann G. Jóhannsson, Þröstur Leó Gunnarsson, Björn Thors
Kamera: Bergsteinn Björgúlfsson
Musik: Ben Frost, Daníel Bjarnason
Schnitt: Sverrir Kristjánsson, Elísabet Ronaldsdóttir
Review
Der Mensch gegen die Natur.
So sehr wir uns auch technisch weiterentwickeln, um uns Hilfsmittel der verschiedensten Art in diesem Wettbewerb zu Nutzen zu machen, so sehr wir auch lernen die Natur einzuschätzen, vorherzusagen, oder zu manipulieren – bricht man den Eingangssatz auf die puristischste Konstellation herunter (ein Mensch, ohne Technik, verloren in der Gewalt der Erde), so ist der Ausgang des Kampfes so gut wie klar: Die Natur überrollt uns unaufhaltsam.
Immer!
Wirklich immer?
Ganz selten gibt es Menschen, die dieser Gewalt standhalten. Die es auf wundersame Weise schaffen jeglicher Vorhersage zu trotzen und das unerreichbare, unvorstellbare meistern. Nicht selten sind diese Leistungen so beeindruckend, dass sie dann in Buch- oder Filmform verbreitet werden. Klar, Menschen die durch extreme gehen, sind der Stoff, der uns den Atem stocken lässt. Egal ob verloren und gefangen in der Wüste (127 HOURS), zu Fuß von Sibirien nach Indien (THE WAY BACK), mit dem Boot den Amazonas hoch, über den Berg und wieder runter (FITZCARALDO), oder wie hier bei minus-Graden vor Island im Wasser des Nordatlantik – Menschen die der Übermacht der Natur in scheinbar ausweglosen Extremsituationen trotzen, faszinieren uns. Und genau deshalb reißt der isländische Film THE DEEP mit seiner schier unglaublichen Geschichte, trotz absolut unaufgeregter Inszenierung und vollem Verzicht auf überstilisierte Dramatik ungemein mit.
Die Story ist so simpel wie krass: Der Fischkutter-Matrose Gully läuft bei Sturm mir seiner Crew auf Fangtour aus. Irgendwann verhakt sich das Netz an einem Fels, der betrunkene Mechaniker stoppt die Winde nicht und der Kahn kentert in drei Grad kaltem Wasser. Ein Teil der Crew hält noch kurz durch, doch plötzlich ist Gully allein im eiskalten Meer. Was folgt ist ein Wunder, welches kein Mensch der Welt glauben würde, wenn es sich nicht tatsächlich so zugetragen hätte:
Gully schwimmt.
Und das stundenlang.
Bis irgendwann Land in Sicht ist.
Diese Tour de Force durch die eisigen Fluten ist schlichtweg großartig inszeniert und spätestens wenn das Unmögliche überstanden scheint, nur um Sekunden später in ein noch unmöglicheres Szenario zu kippen, materialisiert sich im Hals des Zuschauers ein gewaltiger Kloß. Die Gnadenlosigkeit der Geschehnisse springt einen förmlich an – die Kamera (geführt von Bergstein Björgulfsson) fängt präzise die dominante Kälte, den dunklen Sturm und das eisige Wasser – all diese Eindrücke verschnürt die Kamera zu einem Paket voll bitterer Ausweglosigkeit. In einer überragenden Fahrt zoomt sie immer weiter aus dem Ozean hinaus, bis Gully nur noch ein Punkt in der gefühlten Unendlichkeit ist – Verlorenheit war selten besser nachzufühlen, Empathiekino in Reinform.
Olafur Darri Olafson, der Gully spielt, brilliert und die starke Atmosphäre wird von dem unbeschreiblich guten Score aus der Feder von Ben Frost (welch passender Name) und Daniel Bjarnason unterstützt (bzw. potenziert). Melancholische Kammermusik trifft auf dunklen, brodelnden Ambient – das erschafft Grund-Stimmungen, wie sie sonst meist von Max Richter zu erwarten sind, nur eben noch eine Stufe krasser.
Ein wenig schade, dass die Macher noch weit mehr als die vorliegende Survival-Geschichte – in Anbetracht der langsamen, unaufgeregten Inszenierung ein viel zu reißerischer Ausdruck – erzählen wollen, oder wahrscheinlich, damit das ganze auch nur minimal glaubhaft erscheint, erzählen müssen. Denn im zweiten Teil widmet sich THE DEEP der Erklärung des erlebten Wunders und stürzt dabei stark ab – ein wenig wirkt es, als hätte Regisseur Baltasar Kormákur zur Mitte hin bereits sein Pulver verschossen. Dennoch ein tolles Werk, was uns eindrucksvoll unsere lächerliche Größe gegenüber den Kräften des Ozeans vor Augen führt!
Wertung
7 von 10 wundersamen Schwimm-Ausflügen
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
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Ein Gedanke zu „Film: The Deep – Djúpið (2012)“