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Film: Martha (1974)


Trailer © by STUDIOCANAL


Fakten
Jahr: 1974
Genre: Drama, Gesellschaftskritik
Regie: Rainer Werner Fassbinder
Drehbuch: Rainer Werner Fassbinder, Cornell Woolrich
Besetzung: Margit Carstensen, Karlheinz Böhm, Barbara Valentin, Peter Chatel, Gisela Fackeldey, Adrian Hoven, Ortrud Beginnen, Wolfgang Schenck, Günter Lamprecht, Kurt Raab
Kamera: Michael Ballhaus
Musik: –
Schnitt: Liesgret Schmitt-Klink


Review
Gesellschaftliches “Demaskierungs-Kino” in Reinform, frontal gegen die makellose Fassade des falschen Spießbürgertums: MARTHA

Rainer-Werner Fassbinder macht in seinem 1974er Werk keine Sekunde einen Hehl daraus, wie ihm klassische gesellschaftliche Konstrukte und Konventionen gegen den Strich gehen. Zu Recht, denn man muss sich aus unserer heutigen, immer noch weit vom Optimalzustand entfernten Gesellschaft heraus beim Schauen eines solchen Werkes aktiv klar machen, in welchen Verhältnissen damals noch gelebt wurde: Bis 1977 brauchten Frauen in der BRD die Zustimmung ihres Ehemanns um arbeiten zu dürfen, einer von vielen widerlichen Fakten, die stellvertretend für eine gesamt-gesellschaftliche Machtverteilung standen.

Er befiehlt, sie hat zu folgen – so wurde Nazi-Deutschland im Stillen fortgeführt, was aus heutiger Sicht absolut grotesk erscheint, jedoch nicht einmal 40 Jahre her ist – und da setzt Fassbinder an, begreift die Eheschließung als Eintritt in die Vorhölle – denn Ehe ist gesellschaftlicher Zwang, aus diesem folgt zwangsweise Gewalt, die der Ursprung allen Elends ist – und treibt klassische Rollenverteilung auf die Spitze, um im Resultat zwar deftige, offensichtlich überzeichnete, aber eben ganz sicher nicht realitätsferne Machtverhältnisse zu servieren (und zu kritisieren). Film: Martha (1974) weiterlesen

Film: Eine andere Frau – Another Woman (1988)


Trailer © by 20th Century Fox


Fakten
Jahr: 1988
Genre: Drama
Regie: Woody Allen
Drehbuch: Woody Allen
Besetzung: Gena Rowlands, Mia Farrow, Ian Holm, Blythe Danner, Gene Hackman, Betty Buckley, Martha Plimpton, Sandy Dennis
Kamera: Sven Nykvist
Musik: Verschiedene Künstler
Schnitt: Susan E. Morse


Review
Wer bin ich eigentlich? Und vor allem WIE bin ich? Wie wirke ich und sehe ich mich tatsächlich so, wie ich bin, oder würden andere diese Frage völlig anders beantworten?

Selbstwahrnehmung versus Realität – eines der (vielleicht das) zentrale Thema in Allen’s Werk ANOTHER WOMAN aus den späten Achtzigern. Was anfangs lediglich wie ein Portrait einer Fünfzigjährigen mit diversen kleinen bis größeren Problemchen anmutet, entpuppt sich im weiteren Verlauf zu einer äußerst subtilen, umfassenden Reflektion des eigenen Standpunktes im Leben – für die Protagonistin Marion, ganz sicher auch für Allen, der den Film mit Anfang Fünfzig gedreht hat, wie auch als Aufruf an den Zuschauer sich selbst zu hinterfragen und dabei größtmögliche Ehrlichkeit walten zu lassen.

Marion denkt eigentlich, es sei alles in bester Ordnung. Oder zumindest okay. Die Beziehung zu ihrem zweiten Mann Ken ist zwar nicht völlig prickelnd, wird von ihr aber durchaus als solide angesehen, sie ist Professorin, die sich zum Verfassen eines Werkes aus dem Lehrgeschäft temporär zurückgezogen hat, die Beziehung zu ihrer Stieftochter ist angenehm und nah. Formell magelt es also an nichts. Doch durch eine, im Zuge von Marion’s anstehender Reflektion und Läuterung wohl beinahe schicksalhaft zu nennende Verkettung von Zufällen, gerät ihr sauber errichtetes Konstrukt aus Sicherheiten ins Wanken. Situation voller unbequemer Wahrheiten brechen plötzlich über sie herein: Ihr Mann, den sie ursprünglich noch als verheirateten Mann zu einer leidenschaftlichen Affäre verführte (vielleicht auch umgekehrt, dies wird nicht völlig klar), vermittelt ihr gezwungenermaßen, dass sie nicht mehr allzu viel Feuer in ihm auslöst, eine alte Freundin konfrontiert sie mit Jahre zurückliegendem Fehlverhalten, das sie jedoch vehement abstreitet (doch wie verhielt sie sich wirklich? Wie nehmen wir selbst unser Handeln war?) und Marion hört ihre Stieftochter, wie auch eine fremde Frau die sie kaum kannte, über sich sprechen – und zwar nicht in den Worten, die sie erwartet hätte. Film: Eine andere Frau – Another Woman (1988) weiterlesen