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Serie: Preacher – Season #1 (2016)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Sony Pictures Home Entertainment


Fakten
Jahr: 2016
Genre: Weirde Comedy, Splatter, Comicverfilmung, Gesellschaftkritik, Fantasy
Showrunner: Sam Catlin, Evan Goldberg, Seth Rogen
Network: AMC
Crew (Writer, Director, Cinematographer, Editor): IMDb-Übersicht
Besetzung: Dominic Cooper, Joseph Gilgun, Ruth NeggaIan CollettiGraham McTavishLucy GriffithsW. Earl BrownDerek Wilson, Tom BrookeAnatol YusefJackie Earle Haley
Musik: Dave Porter


Review
Hölle, selten habe ich eine derart inkonsistente Serie gesehen.

Ein ehemaliger Krimineller fühlt sich zum Prediger berufen, erledigt diesen Job aber ziemlich dürftig – gut das bald eine seltsame, durchs Universum reisende Entität in ihn fährt, die vorher reichlich andere predigende Männer platzen ließ – unter anderem Tom Cruise musste dran glauben – und dem “Preacher” Jesse von nun an ermöglicht seine Gegenüber per Befehl ausführen zu lassen was immer er möchte. Klingt durchgeknallt? Und das ist es auch, genauso wie Tulipp, eine Bad-Ass-Lady aus Jesse’s Vergangenheit, die mit der Panzerfaust UFOs vom Himmel holt, der drogensüchtige Vampir Cassidy, welcher zynische Sprüche kloppt und keine Gelegenheit auslässt, um in tiefstem Irisch klarzustellen, dass er THE BIG LEBOWSKI für einen “Sheit Movie!” und “overrated!” hält und Arseface, ein herzensguter Junge der einen Selbstmordversuch mit der Shotgun mächtig verkackte und nun – Surprise – anstatt eines Mundes eine verschrumpelte Öffnung im Gesicht trägt, die recht unangenehme Assoziationen weckt.

Ein abgedrehter Haufen, deren trockenes Miteinander erst einmal Spaß macht. Das ist gut. Und nicht dass es reichen würde, die Liste an irren Zutaten ist im Falle der ersten Staffel von PREACHER noch um einiges länger. An Irrsinn wird nicht gespart, wenn die Macher wüste Splatter-Einlagen mit ehrlichem Charaktermomenten in einen Topf schmeißen, kräftig umrühren und die Mischung einem Duo Engel im Cowboy-Outfit zum Fraß vorwerfen, die erst ein Ständchen trällern, dann die Motorsäge zücken und beim eigenen Tod sofort fünf Meter weiter respawnen. Nicht selten funktioniert der groteske Humor exzellent und so steht in großen Lettern (ähnlich den Titel-Einblendungen der Serie) ein großes, ungläubiges WHAT THE FUCK?! vor dem inneren Auge. Es passieren derart unerwartete und schräge Dinge, dass man dem ganzen ein (zeitweise immenses) Spaß-Potential nicht absprechen kann.

Doch was erzählt PREACHER uns denn eigentlich? Und durchzieht die Serie überhaupt ein roter Faden? Da wird es schon schwieriger und so schleicht sich nach und nach, in all dem Chaos und all den wirren Szenen-Abfolgen, zunehmend das Gefühl ein, hier maximaler Eskalation beizuwohnen, die leider “weird, for weird’s sake” ist. Wahnsinn zum Selbstzweck. Je mehr Zeit vergeht, umso mehr kristallisiert sich heraus, das es keine leichte, vielleicht eine unmögliche Aufgabe ist, auch nur auf einer ganz basalen Ebene einzugrenzen, worum es hier eigentlich geht. Wo läuft es drauf hinaus, was ist das Ziel?

Selten wurde innerhalb eines Formats so vieles richtig und im gleichen Zuge so vieles falsch gemacht. So wird zum Beispiel über die ersten 2-3 Episoden besagte Handvoll hochgradig skurriler, aber dabei voll sympathischer und herzensguter Figuren aufgebaut, nur um deren feine Eigenschaften im Laufe der nächsten sieben Episoden nach und nach wieder fallen zu lassen, anstatt sie zu intensivieren. Man schließt sie ins Herz, nur um sich schleichend wieder von Ihnen zu entfremden. Gelungene Bindung an Figuren zu ermöglichen, geht anders, denn nur von Sympathie und einem schrägen Ansatz – und dieser liegt mit einem irischen Vampir in Texas, der einen Priester zum “Best mate” erklärt und mit der Kettensäge Angreifer zerlegt, definitiv vor – kann man nicht ewig zehren.

Auch was die persönlichen Ziele der einzelnen Charaktere sind, bleibt meist diffus, teils gar ganz im Dunkeln. Das stimmt vor allem ratlos, wenn man einen bewussten Blick auf die inszenatorische Gewichtung einzelner Handlungsstränge über die Laufzeit wirft. Ewige Zeit wird an Nebenplots verschwendet, die absolut nichts substantielles zum Gesamtwerk beitragen, sich teilweise kein bisschen in ihrer Funktion erschließen und Figuren aufbauen, die nachweislich in den weiteren Staffeln keine Rolle mehr spielen können. An anderer Stelle fehlt dann besagte, dringend nötige weitere Charakterzeichnung der Hauptfiguren, um deren Motivation und Marschrichtung klar zu machen.

Aussehen tut das zwar alles grandios – der Look ist hochwertig, die Lichter warm und dem Schauplatz in Texas ziemlich angemessen – und die Riege der Hauptdarsteller holt wirklich alles aus dem kuriosen Skript heraus (besonders Ruth Negga spielt brillant), doch verliert der Inhalt sich immer wieder zu sehr in Nichtigkeiten und schafft nicht den Fokus zu halten – für eine wirklich gute Serie reicht das nicht. Grobe Entwicklung der Figuren ist zwar da – so korrumpiert zum Beispiel Jesse’s neue Macht seinen zuvor sehr optimistische, fast selbstlose Art und Tulipp’s obercoole Fassade bröckelt zunehmend, je mehr über die gemeinsame Vergangenheitheraus kommt – aber dies passiert zu sprunghaft und auch nach fünf Stunden Laufzeit hat man kein wirkliches Gefühl bekommen, warum ein Charakter nun das tut was er tut. Oder auf einem viel allgemeineren Level: Warum PREACHER so ist, wie sie ist?

Einfach zu viele Bruchstücke in diesem Scherbenteppich – Religions-Kritik, Spiel mit Kleinstadt-Klischees, dazu Gangster-Geschichten, Action-Setpieces, sonderbare Film- und Serienzitate (an den frühen Raimi, an BREAKING BAD, an was auch immer), zig historische Andeutungen, Himmel, Hölle, Engel, der liebe Gott, scheißende Rinder, Blutbäder, Trauerfälle, Armbrüche, Western-Flashbacks, Muscle-Cars, Schlägereien, Klamauk und Drama, Splatter und Groteske – aaaaaaaargh. Das Hirn platzt – doch die entstehende Sauerei passt irgendwie zu PREACHER, wie der Cowboyhut auf den Kopf der zwei “Regierungs-Engel”. Was dann jedoch überrascht, ist wie die letzten Minuten der finalen Episode einen derart radikalen Paradigmenwechsel andeuten, dass trotz mittelstarker Ernüchterung die Lust aufkommt in die Season #2 zumindest mal reinzuschauen, denn wenn ich tatsächlich von einem gar nicht genug bekommen konnte, war es das Dreiergespann Jesse/Tulipp/Cassidy.

Übermäßig seltsames Ding.


Wertung
5 von 10 absurden Falschirmsprüngen nach Drogen-Parties im Flugzeug


Veröffentlichung
PREACHER lief in den USA auf AMC, wurde zeitgleich in Deutschland über Amazon PRIME Video verfügbar gemacht und wird am 6. Oktober bei Sony Pictures Home Entertainment als BluRay Steelbook (mit Bonusdisc), reguläre BluRay und DVD erscheinen. Im Bonusmaterial befinden sich: Gag Reel, Aufschlüsselung der Kampfszene mit der Kettensäge, Behind the Killing Machine: Saint of Killers, Entfallene & erweiterte Szenen, Die nicht filmbare Pilotfolge & Die Stuntszenen in Preacher. Die Discs kommen im Wendecover ohne FSK Logo.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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8 Gedanken zu „Serie: Preacher – Season #1 (2016)“

  1. Ich habe mir die Serie nebenbei angeschaut. Verwirrt war ich nicht unbedingt, aber die Story ist schon ein bisschen schräg… aber das ist natürlich Geschmackssache. Auf der Skala von 1 bis 10 würde ich ihr eine 6 geben. Sie haut nicht wirklich vom Hocker, aber man kann es anschauen.

      1. Na dann würde ich dir dringend die Serie “Lazy Company” ans Herz legen. Die toppt den Preacher aber locker in Schrägheit.

  2. Ich kann deine Kritik auch nachvollziehen. Irgendwie ist die Serie ja nicht so schlecht, sie ist aber so verwirrend, das es nach ein paar Teilen einfach keinen Spaß mehr macht. Ich hab die Serie nach den ersten 6 Teilen erst einmal abgebrochen. Ich bin mir ehrlich gesagt noch nicht sicher, ob ich sie mir überhaupt noch weiter ansehen werde.

    1. Dein Gefühl kommt mir bekannt vor – hatte ich alles in etwa auch so empfunden. Es war nie wirklich klar, worum es eigentlich geht, aber weird ist es dennoch (im positiven Sinne). Die letzten zwei Folgen der Staffel bekamen aber überwiegend Lob, von daher würd ich empfehlen die einfach fertig zu sehen…

  3. Kann deine Kritikpunkte absolut nachvollziehen.
    Wäre die Serie nicht perfekt in meine Prüfungs- und Stressphase gefallen, wo mir jede Möglichkeit Joe Gilgun sabbernd zu beobachten willkommen war, wäre ich auch weniger begeistert.

    1. I get your point. Auch wenn ich nicht sabbern, sondern nur während jeder Millisekunde seiner Screentime schelmisch grinsen musste, steht eins fest: der Typ hat es raus! Nur gut!

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