Stetig war es zu hören, das kühle Pfeifen des Windes, welcher hier über eine leere Steppe wehte, die einst ein lebendiger Wald aus inbrünstigen Musikempfehlungen und halbwegs vernünftig formulierten Film-Reviews war.
2018 hatte ich eine (als vorübergehend erhoffte) Pause mit dem Schreiben verkündet, weil das Ganze eher zur Pflicht verkommen, denn Spaß geblieben war.
2019 flammte dann wieder vereinzelt der Impuls auf, gesehene Filme mit ein paar Worten zu ehren (bzw. niederzumachen), so dass ganze vier Einträge ihren Weg auf diese Plattform fanden.
In 2020 herrscht bis jetzt wieder gähnende Leere…
Wer meine anderen Online-Präsenzen verfolgt (was ihr sicherlich alle tut, denn wer könnte relevanter für den medialen Kurs und eure persönlichen Star-Kulte sein, als der jackermonkey [/Sarkasmus off]), könnte aber mitbekommen haben, dass es nicht an Motivation mangelte, sich lang und breit mit Filmen und den Themen in ihnen auseinander zu setzen – im Gegenteil. Einzig das Medium hatte sich gewandelt.
Ich habe es nicht zusammen gerechnet, aber grob geschätzt habe ich in 2018-2020 bei Enough Talk! und Superhero Unit etwa 70 Podcast-Episoden mit im Schnitt je ca. 2,5h Laufzeit veröffentlicht. Irrsinnige Eskapaden in diesem Portfolio an Sendungen – zum Beispiel der insgesamt ca. 13 stündige Jahresrückblick 2018 mit Christian Steiner – deuten an, dass das Mitteilungsbedürfnis ungebrochen war. Nur eben in Wort, statt in Schrift.
Und dies dominierte auch lang meine Auseinandersetzung mit der Kunstform – warum in wenigen Worten wenige Aspekte eines Werkes ausloten, wenn es doch verbal so viel umfangreicher geht? In der Theorie richtig, aber dem Ganzen fehlt ein wesentlicher Aspekt, der meine Texte hier früher stark dominierte: Das Format eignet sich nur bedingt, um unmittelbar nach dem Schauen eines Films die ersten Gedanken, die Überwältigung, die Wut, das Glück, etc. einzufangen und zu kanalisieren.
Das fehlte mir beim Casten manchmal ein wenig, da man Sendungen oft erst Tage nach dem Schauen aufzeichnet und (im worst case) die Stimmung nach dem Film wieder aktiv heraufbeschwören muss, statt noch voll auf der Welle zu schwimmen.
Auf den anderen Seite stellte ich mir aber immer wieder die Frage: “Worüber lohnt es sich zu schreiben?”
Und die Antwort lieferte mir eine Aktion, die ich Anfang des Jahres auf Twitter entdeckte: #52FilmsByWomen
Der Grund für das Aufkommen dieser Aktion ist ganz simpel. Wir alle schauen leider stetig viel zu wenige von Frauen gemachte Filme.
Das passiert aus verschiedensten Gründen und wenn man diese alle auflistet (was ich aus Gründen des Umfangs hier nur anreiße), zeigt sich ganz gut, dass sie Hand in Hand einen perfiden Teufelskreis formen.
Am wichtigsten sind wohl zwei Faktoren:
- Weil das schon immer so war: Da Popkultur seit jeher männlich dominiert ist, und unser liebes Publikum leider vor allem immer mehr von dem will, was es bereits kennt, schaut es vor allem Filme, die dieser Jahrzehnte lang praktizierten Sozialisierung entsprechen. Von Männern (also in “männlichem Ton”) erzählte Geschichten, in denen zumeist männliche Helden die Welt retten – Hollywood wie es schon immer leibte und lebte – sind nach wie vor das dominierende Ding. Die ANgst vor Veränderung dieser Erzählmuster geht so weit, dass weibliche Stars und Filmemacherinnen langsam davon genervt sind, dass sie keinen eigenen Ton entwickeln dürfen, sondern nur mit weiblicher statt männlicher Hauptrolle alte Muster replizieren.
- Gender Bias: Weil es in der Filmindustrie (wie leider auch in so gut wie jeder anderen Industrie) ein extremes Ungleichgewicht auf Ebene der Entscheider hin zu Männern gibt und diese dazu neigen Jobs und Projekte eher an ihnen selbst ähnelnde Akteure (also Männer) zu vergeben, plus, wie andere Studien zeigen, sogar Frauen dazu neigen, eher Männer einzustellen, gibt es schlichtweg weniger Filme von Frauen. Frauen müssen zudem viel höhere Hürden überwinden, um Projekte zu realisieren, bzw. nach einem Flop noch mal ein Projekt zu bekommen (sorry, ich finde den Link nicht mehr, googelt mal selbst, Hinweise sind willkommen), die Angst der Männer vor Machtverlust scheint immens zu sein (was so weit geht, dass Companies mit Frauen im Management-Board größere Probleme haben Investoren zu mobilisieren).
Das führt zu der prekären Situation, dass es weniger Filme von Frauen gibt, die zudem auch noch strenger bewertet werden, weil sie unter Umständen eine andere Tonalität und Erzählweise haben, weswegen sie schneller als Flop gelten, weswegen es noch weniger Filme von Frauen gibt. Teufelskreis.
Und um dies aufzubrechen, sollte jede*r Filmfan sich vornehmen in den vielen Sachen die man schaut wenigstens (mehr geht immer) einmal pro Wochen einen Film einer Regisseurin zu sehen und darüber zu twittern, bloggen, podcasten, oder vielleicht einfach nur mit Freund*innen und Bekannten zu reden.
Im Gegensatz zu #horrorctober, #oWEstern und was es da noch alles gibt, erschien mir diese Aktion endlich einmal wirklich wichtig, weil sie uns dazu motiviert den Bias zu bekämpfen und Filme zu sehen, die wir sonst nicht sehen würden, anstatt (wie bei obigen Beispielen) nur Genres die wir eh schauen in ein bestimmtes Zeitfenster zu verschieben.
Und deswegen beschloß ich (in Woche 16, als ich von #52FilmsByWomen hörte) auch mitzumachen. Ein paar Filme von Frauen hatte ich dieses Jahr zu diesem Zeitpunkt schon gesehen und den weiteren Rückstand “aufzuholen” musste möglich sein. Bzw. schrieb ich damals: es nicht zu schaffen, wäre ein Armutszeugnis.
Gesammelt habe ich die Filme in einer Letterboxd-Liste, promoted habe ich sie über Tweets, bzw. einen Twitter-Thread. Doch irgendwann merkte ich, dass ich für jeden Film 4-5, später 10-12 Tweets brauchte, um meine Gedanken zu sammeln, begann sie auf Letterboxd zu posten und plötzlich war es geschehen: Ohne es zu merken, hatte ich wieder mit dem Review-Schreiben begonnen.
Dass ich das nicht gleich hier tat, hatte den simplen Grund, dass ich ja davon ausging “nur ein paar Worte pro Film zu schreiben”. Aber da es deutlich mehr wurde, haltet die Augen offen, ich werde in den nächsten Tagen beginnen, diese Reviews ins Blog zu überführen – wer weiß, vielleicht beginnt die zweite Renaissance von Jacker’s 2 Cents? Ich selbst bin gespannt wo es hin führt.