GeSneakt: The World’s End (2013)


Trailer © by Universal Pictures Germany GmbH


Fakten
Jahr: 2013
Genre: Komödie, Science-Fiction, Action
Regie: Edgar Wright
Drehbuch: Simon Pegg, Edgar Wright
Besetzung: Simon Pegg, Nick Frost, Martin Freeman, Paddy Considine, Eddie Marsan, Pierce Brosnan, Rosamund Pike, Bill Nighy
Kamera: Bill Pope
Musik: Steven Price
Schnitt: Paul Machliss


Review
Der Anmoderations-, Verlosungs- und Bespaßungs-Kram ist überstanden, auch die unzähligen fünfminütigen Trailer. Das Licht wird endgültig dunkel. 2-3 Labels von Filmstudios flimmern kurz über den Schirm, dann nochmal kurze Dunkelheit.
Erster Frame: Fünf Pint Bier in Reihe auf einer Holzbank aufgereiht. And the crowd goes wild! Applaus, Gegröhle, Jauchzen – spürbare Freude liegt in der Luft und es besteht kein Zweifel daran wie extrem THE WORLD‘S END in den letzten Wochen erwartet wurde. Blood & Ice Cream-Trilogy. Cornetto-Trilogy. Wright, Pegg & FrostyTrilogy – verschiedene Namen für einen Mythos, der mit SHAUN OF THE DEAD seinen fulminanten Anfang fand, mit HOT FUZZ nur Nuancen schwächer fortgesetzt wurde und nun – nachdem Wright zwischenzeitlich noch abtrünnig wurde, um mit SCOTT PILGRIM auf abgedrehten Pfaden zu wandern – seinen lang ersehnten Abschluss finden soll.

Die Vorgänger waren mir noch sehr präsent im Hinterkopf, demnach war klar: vollkommen in die Hose gehen wird THE WORLD‘S END sicher nicht, zu kompetent sind tendenziell alle Beteiligten. Nach der Sichtung stellt sich trotzdem eine leichte Ernüchterung ein, denn den wahnwitzigen Charme, den Simon Pegg und Edgar Wright vor allem Skript-seitig in die Vorgänger hineingeschrieben hatten, spürt man durchweg, scheinbar ging ihnen aber nach zwei Dritteln einfach die nötige Puste für den erfolgreichen Ziel-Einlauf aus.

Aber von vorn.
Einstieg mit 200km/h, in knackig-zackiger Exposition wird gezeigt wer hier wer war (5 Freunde im England der späten 90er, allesamt in feinsten zeitgenössischen Outfits verpackt), was sie wollten (die legendäre “goldene Meile”, eine Tour aus 12 Pubs in ihrem Heimatort Newton Haven meistern), was schief ging (zu viel Alkohol, Gras, Feierei und ein Ende in der puren Glückseligkeit des Morgengrauens – leider schon nach Pub neun) und wo wir jetzt sind (vier von fünf sind “im Leben angekommen”, mit Jobs, Familie, etc. – Pegg als Gary King nicht). Dass Garry’s überbordende Motivationsversuche die alte (und zerstrittene) Bande aus Andy Knight, Peter Page, Oliver Chamberlain und Steven Prince (welch herrliche Namenwahl – fast wie die fünf Musketiere) zum zweiten Meilen-Versuch zu animieren fruchten, legt den Grundstein für das aufkommende Chaos.

Die ersten 60 Minuten liefert THE WORLD’S END exakt das, was jeder Fan sich erhofft hat – dreckiger britischer Humor, over-the-top Momente am Fließband, eine überdrehte Hauptfigur (wahrhaft göttlich von Pegg verkörpert) und vier Gefährten, die allesamt verschiedener nicht sein könnten. Auf intelligente, weil mit Rundumblick auf die Welt verfasste Weise verdammt witzig geschrieben, inszenatorisch perfekt getimed, im richtigen Tempo vom reinen Abfeiern der Figuren ausgehend, zu den vielseitigen ernsten Untertönen gebracht und gekonnt mit den Dynamiken zwischen den konträren alten Freunden gespielt. Klingt doch super, oder?

Und dann hatte wohl irgendwer keine Lust, keine Zeit, oder schlichtweg keine Kreativität mehr übrig. Einen krasseren Bruch in der Qualität eines Films durfte man selten erleben: Die anarchisch überdrehte Tour der Männer bekommt schlagartig neue Impulse als sie eine, gelinde gesagt, seltsame Entdeckung machen. Der dramaturgische Zeitpunkt passt, um im Film eine neue Richtung einzuschlagen, die Umsetzung jedoch nicht. Innerhalb von Minuten geschieht ein Wandel von lebendiger Dialog- und Figurenlastigkeit zu einer anfangs noch wilden, recht schnell aber völlig stumpfen Hetzjagd durch das verschlafene Örtchen, immer wieder unterbrochen von zu langen Wackelcam-Kloppereien, in ihrer Wirkung beinah von einer – dem Film absolut unangemessenen, weil völlig unter Wert angelegten – Lächerlichkeit durchzogen. So wurde Kreativität gegen Action getauscht – an sich noch kein Kapitalverbrechen, würde das alles nicht in einem Finale enden, welches die Hände unangenehm berührt zur Stirn wandern lässt und die Frage, ob Wright hier ebenfalls durch ein hohles Alter-Ego ersetzt wurde, zunehmend Relevanz verleiht. Das ging gar nicht!

Minutenlang wird dröge und ohne jeglichen Charme gequatscht, wirklich jede tolle Idee des Films (und derer gab es viele) lang und breit totgesabbelt – jeglicher Charme, jegliche kluge Dynamik, jeglicher Wortwitz scheint völlig auf der Strecke geblieben zu sein. Fühlt sich tatsächlich an, wie nüchtern um halb 2 auf der Party aufzuschlagen und unerträglich voll-gelallt zu werden. Als besonderen Bonus gibt es ein völlig unzusammenhängend hinten dran geklatschtes Erklärbär-Ende. Zu Beginn dieses wahnwitzigen Filmchens schien es undenkbar, dass irgendwann im Laufe der 110 Minuten der Wunsch nach Erlösung aufkommen wird. Doch er kam.

Sehr schade, denn sowohl zu Themen wie Freundschaft, Erwachsenwerden und die Frage nach dem “richtigen Leben”, wie auch über Fremdsteuerung, erzwungene Angepasstheit und technische Diktate in der heutigen Gesellschaft lieferte das Skript anfangs zahlreiche Ansätze. Doch an der Ausformulierung hapert es und so bleibt eine bloße Action-Komödie übrig: zur Hälfte genial, im nächsten Viertel noch okay und zum Ende hin nah an unterirdisch. Da wäre mehr gegangen.


Wertung
5-6 von 10 befremdlichen Stilbrüchen


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

5 Gedanken zu „GeSneakt: The World’s End (2013)“

  1. Ich find den super, aber meine Wertung geht auch nicht über die 6 hinaus. Allerdings finde ich im Gegensatz zu dir diesen hier sogar ne Spur besser als die andern zwei (haben aber auch beide 6). Seit dem Streifen hab ich ja echt Bock, mit meinen Kumpels auch mal ne Goldene Meile entlang zu wanken

    1. Ja, so eine sauf-Tour könnte ulkig sein. Ich finde aber vor allem SHAWN OF THE DEAD um Welten besser. Vielleicht bekommt der hier aber irgendwann noch mal ‘ne Chance. Musste den damals in der deutschen Fassung sehen, was ja bei britischem Humor.. Naja… Sagen wie mal “schwierig“ ist.

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