Film: Point Break (2015)


Trailer © by Concorde Film


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Action, Sportfilm
Regie: Ericson Core
Drehbuch: Kurt Wimmer
Besetzung: Edgar Ramírez, Luke Bracey, Ray WinstoneTeresa PalmerMatias VarelaClemens SchickTobias SantelmannDelroy Lindo
Kamera: Ericson Core
Musik: Junkie XL
Schnitt: John DuffyGerald B. GreenbergThom Noble


Review
Ein Hollywood-Remake wäre kein Hollywood-Remake, wenn es nicht (streng nach den ungeschriebenen Regeln der Traumfabrik) versuchen würde, in sämtlichen Belangen eins auf die eigene Vorlage draufzusetzen. Folgerichtig gibt sich die 2015er Variante von Katherine Bigelow’s 1991er Surf- und Undercover-Klassiker (bzw. wohl eher Geheimtipp) POINT BREAK nicht damit zufrieden, den Protagonisten und ermittelnden Undercover-Cop erneut ins Milieu der Wellenreiter zu schicken – nein, etwas größeres, krasseres, epischeres muss her.

Und so trägt es sich zu, dass besagter Johnny Utah, Jahre nachdem er die eigene Extremsport-Karriere beendete, weil ein guter Freund aufgrund von Johnny’s waghalsiger Sorglosigkeit beim Motocross das Zeitliche segnete, als angehender FBI-Agent auf die Fährte einer Bande komplett durchgedrehter Extremsportler gelangt. Sportler, die schlichtweg alles können. Diesen Typen reicht das Reiten von Riesen-Wellen nicht, auch Base-Jumping, Wingsuit-Flüge extremstes Helicopter-Snowboarding und weitere Disziplinen, die die Liste vervollständigen würden, gehören zu ihrem Repertoire. 

Im Film als Poly-Athleten bezeichnet, befindet sich die Truppe auf der Suche nach einer spirituellen Erfüllung, die sie durch acht “unmögliche” Aufgaben erlangen wollen, welche von einer Extremsport-Legende zusammengestellt wurden, um eins mit der Natur zu werden. Die “Ozaki 8” – es geht um “mastering the impossible”. Weil das natürlich kostet (und weil es sich bei den wortkargen Tschabos eigentlich um edle Öko-Aktivisten handelt), wird zwischendurch immer wieder ein spektakulärer Heist eingeschoben, oder sogar mit den Aktionen verbunden. Nobel.

Was Regisseur und Kameramann Ericson Core im Laufe dieser Jagd nach dem ultimativen Thrill an ambivalenten Inhalten liefert, ist ein zweischneidiges Schwert. Zuerst das Pro: besagte Extremsport-Sequenzen sind der Wahnsinn. Obwohl bei herkömmlicher Action (Shootouts, Explosionen, ein Erdrutsch) mit dem Computer getrickst wurde, galt beim Dreh (auf vier Kontinenten) in Bezug auf den Sport eine klare Devise – echte Menschen auf echten Wellen, an echten Bergwänden, oder auf echten Snowboards. Zur Planung und Durchführung der jeweiligen Szenen, wurden von Motocross-Profis, bis zu Surfer-Legenden die Besten ihres Faches herangeholt, um die entsprechenden Setpieces zu entwickeln und (wiederum mit anderen Namen der crème de la crème des jeweiligen Sportes) umzusetzen.

Bewegung, Adrenalin, Energie – das packt und wer auch nur die geringste Affinität zu Action-Sportarten hat, wird in den atemberaubenden Abfahrten, Kletter-Sequenzen, etc. ein hohes Anknüpfungspotential finden. Problematisch ist jedoch, dass POINT BREAK kein isolierter Action-Clip auf YouTube ist, sondern ein Kinofilm. Einer, der zwar Extremsport-Action als Puls-gebendes Herz in sich trägt, aber als verbindende Substanz um sie herum eine Story, Figuren und einen Handlungsverlauf zimmert, die bei knapp zwei Stunden Laufzeit eine tragende Rolle spielt. Doch bei aller Begeisterung für die sportlichen Leistungen beim Dreh (allein der wahnsinnige von Jeb Corliss entwickelte Wingsuit-Flug in der Schweiz wurde von den vier Sportlern ganze 60 (!) mal absolviert) kann das Drehbuch von Kurt Wimmer nur als haarsträubendes Desaster betitelt werden.

Utah infiltriert die grimmige, hyper-maskuline Gangster-Truppe, voller Bärte, Muskeln, Narben und (schlecht aufgemalter) Tattoos und wird nonstop mit peinlich-bedeutungsschwangeren, spirituellen Weisheiten zugeblubbert, deren Sinn sich dennoch nicht erschließt. Was diese Bande, vor allem die mysteriöse Quoten-Frau im Bunde, so von sich gibt, oder abseits des Sports tut – zum Beispiel so sehr “off the grid” leben, dass sie als Ausdruck ihrer Verbundenheit mit der Natur das Lagerfeuer wie in der Steinzeit mit Stroh und Holzstöcken entzündet – ist so schmerzhaft mit Klischees von Extremsportlern, oder schlichtweg Menschen die tatsächlich eine spirituelle Lebensweise pflegen überladen, dass sich die Fußnägel aufstellen. Dass bei all dem kryptischen Geschwafel ewig nicht so recht klar wird, was genau sie denn nun wirklich motiviert (sowohl in ihrer Agenda, als auch dazu Utah in ihren Kreis aufzunehmen), ist jedoch fatal. Dass die Figuren lediglich über Muskeln und Bärte definiert sind auch, die angepeilte Öko-Botschaft verläuft völlig im Sande.

In Andeutungen, speziell in den Dialogen mit Utah’s Badass-FBI-Kollegen (welcher ebenfalls einen Hard-Boiled-Detective Klischee-Oneliner nach dem nächsten fallen lässt), scheint zudem durch, dass Wimmer anscheinend auch die (das Original definierende) Zerrissenheit des Undercover-Cops zwischen den Welten behandeln wollte – mit viel Vorstellungskraft erkennt man diese Themen (und sieht sie aufgrund der Flachheit ihrer Ausarbeitung “wie eine Welle” am Riff zerschellen), doch von Psychologie, selbst nur in Andeutungen, kann keine Rede sein. Und wo kommt die plötzlich bestehende Bande zwischen Utah und Bodhi, dem Boss der Bande her? Weil Utah ein guter Sportler ist? Weil Bodhi etwas von sich in ihm sieht? Fragen über Fragen, doch POINT BREAK hetzt ausschließlich von Actionszene zu Actionszene und vergisst den Rest völlig. Und nicht einmal sämtliche Action ist brauchbar – kracht es ohne Sport (zum Beispiel im Kugelhagel während eines Banküberfalls, oder bei der Sprengung eines Steinbruchs), verliert die Inszenierung sich in generischer CGI-Grütze und Wackelkamera.

Die schmerzhafteste Verschenkung von Potential ist wohl, dass Core sich durch fürchterliches, vollkommen überzogenes Colourgrading die eigenen, teils starken Bilder kaputt macht. Die Berge, die Wüste beim Motorcross, die riesigen Wellen im Meer – das alles hätte für sich eine fantastische Wirkung haben können, hätte die so oft thematisierte Macht der Natur auf den Schirm gebracht, da die Eindrücke auch kompetent gefilmt wurde… doch ist leider alles grün. Alles! Schnee, Wasser, Sand. Grün. Ein Vorzeigebeispiel dafür, dass Farbkorrektur einen Sinn haben muss, um Erzählung voran zu treiben und Stimmungen zu unterstützen – ein David Fincher hat das verstanden, ein Ericson Core nicht.

Alles in allem schleifen die klasse inszenierten Sportszenen dank ihres Unterhaltungswertes (zumindest für einen wie mich, der selber oftmals ein Snow- oder Surfboard am Fuß hat) durch den Film, alles weitere tut schon arg weh, fühlt sich nach uninspirierter B-Movie-Gülle an und ist schnell vergessen. Das Original oder selbst ausgewählte YouTube-Clips haben vor diesem Remake die Nase vorn. Sehr schade, vor allem für die Athleten, die beim Dreh tatsächlich ihr Leben riskiert haben.


Wertung
4 von 10 selbstmörderischen Wellen-Ritten


Veröffentlichung
POINT BREAK ist am 28. Juli 2016 bei Concorde Film als 3D-BluRay, BluRay und DVD erschienen. Im Bonusmaterial befinden sich: Interviews, Featurettes, Entfallene Szenen, Trailer.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
Amazon (*) (falls ihr das Amazon-Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

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