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Film: Jagdszenen aus Niederbayern (1969)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by EuroVideo Medien GmbH


Fakten
Jahr: 1969
Genre: Gesellschaftskritik
Regie: Peter Fleischmann
Drehbuch: Peter Fleischmann
Besetzung: Martin Sperr, Angela Winkler, Else Quecke, Michael Strixner, Maria Stadler, Gunja Seiser, Johann Brunner, Hanna Schygulla, Renate Sandner, Ernst Wager, Johann Lang, Johann Fuchs, Hans Elwenspoek
Kamera: Alain Derobe
Musik: –
Schnitt: Barbara Mondry, Jane Seitz


Review
JAGDSZENEN AUS NIEDERBAYERN (oder: Die gnadenlose Demaskierung des deutschen Nachkriegs-Heimat-Mythos)

Damals, 1969, die übliche Behauptung: In einem x-beliebigen Dorf in Süddeutschland, repräsentativ für jedes andere, lebt eine glückliche Dorfgemeinschaft. Die Menschen verüben fröhlich ihre Arbeit und die Sonne scheint bis tief in die Herzen hinein.

Hier gezeigte Realität: Die fröhliche Gemeinschaft ist in Wahrheit eine zutiefst verrohte Sippschaft in der Intoleranz, psychische und körperliche Gewalt, sexuelle Übergriffe und Alkoholismus tief verwurzelt und gedudelt sind, allerdings durch eine scheinheilige Doppelmoral unter dem Deckmantel der gottesfürchtigen-Angepasstheit totgeschwiegen werden.

Diese Angepasstheit ist das Wichtigste in der provinziellen Denke der Dorfbewohner. Eine makellose, sichtbare Fassade bewahren. Nicht auffallen. Bloß nicht aus dem Rahmen der akzeptierten gesellschaftlichen Normen herausbrechen. Jede (vermeintliche) Störung der etablierten Strukturen mit ganzer Kraft bekämpfen.

Fanatischer Konservativismus, geboren aus Angst vor Fortschritt, unausgesprochenem äußerlichem Druck und in manchen Fällen wohl auch schlichtweg aus Dummheit.

Und unter dieser scheinheiligen Oberfläche? Da wird rabiat, respektlos, hemmungslos miteinander umgegangen – Frauen begrapscht, beleidigt und mißbraucht, Behinderte als Dreck behandelt und Andersdenkende gemeinsam fertig gemacht, ausgegrenzt, systematisch zum Abschuss freigegeben. Reicht die Sachlage nicht aus, werden einfach noch ein paar Gerüchte zur gezielten Diffamierung in die Welt gesetzt und dankend weiter verbreitet.

Der Film porträtiert viel der hinterlistigen Falschheit die in Menschen stecken kann, zeigt eine Welt in der jeder Dreck am stecken hat. Anstatt sich dem eigenen Spiegelbild zu stellen, wird als Ventil jedoch (titelgebend) Jagd auf andere gemacht. Da reicht es, dass die Witwe die falsche Kleidung trägt, da kommen Gerüchte über Homosexualität und Gefängnis-Aufenthalte mehr als gelegen. Mit der Gemeinde im Rücken beginnt die Hatz – im Namen dessen “was sich gehört” versteht sich.

Mutiges Werk, was 1969 sicher mehr ungeschönte Wahrheit aussprach, als es all das utopische Heimat- und Alm-Idyll-Geschwurbel zuvor und danach ertragen konnte. Und obwohl die Drastik des zugrundeliegenden Theaterstücks sogar ein wenig abgeschwächt wurde, hat die filmische Variante im Kern nicht ein Stück Relevanz eingebüßt.

Fazit: Druck ist nur bis zu einem gewissen Punkt ertragbar, dann kommt unweigerlich die Explosion.


Wertung
8 von 10 demaskierenden Wahrheiten


Veröffentlichung
JAGDSZENEN AUS NIEDERBAYERN ist bei EuroVideo Medien GmbH im Rahmen der Reihe Kino Kontrovers als BluRay und DVD erschienen. Im Bonusmaterial befinden sich: Jäger und Gejagte” Peter Fleischmann im Interview, Rob Houwer und Peter Fleischmann im Gespräch, Bonus-Coverage, Bonustrailer, Booklet. Die Discs kommen im Wendecover ohne FSK Logo.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

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