Die Leinwand vor der Kulisse des Rathaus

Film Festival Wiener Rathausplatz 2016: Gregory Porter (& Band) play Baloise Session (2015)

Was für eine wunderbare Fügung: Vor weniger als zwei Wochen habe ich durch Zufall den unglaublichen Soul/Jazz/Funk/Gospel-Sanger Gregory Porter für mich entdeckt – Bock auf Jazz gehabt, diese Playlist auf Spotify gehört, von Porter’s TAKE ME TO THE ALLEY absolut verzaubert worden, zu seinem aktuellen Album weiter geklickt und das direkt mehrfach verschlungen. Nun mache ich gerade eine Woche Urlaub in Wien und bin (vor drei Tagen) direkt auf einer meiner ersten Erkundungstouren durch die Stadt in das Filmfestival auf dem Wiener Rathausplatz gestolpert. Vor malerischer Kulisse werden nahezu den ganzen Sommer über Konzert- oder Opermitschnitte, Tanz-Performances und Musikfilme nächtens auf eine 300qm Leinwand projiziert, das Programm reicht dabei von Placebo, über Sol Gabetta, bis Romeo und Julia. Zusätzlich bietet der Rathaus-Park drum herum mit einigen (recht stylishen) Buden füttert Möglichkeit einer kulinarischen Weltreise und der Eintritt ist jede Nacht frei. Meine zwei großen Leidenschaften Kino und Musik also in einem? Hauptgewinn. Gestern wurde dann ein Auftritt von Porter auf der BALOISE SESSION 2015 in Basel gezeigt.

Leute, die Stimmung war wirklich unbeschreiblich!

Der Mann ist das pure Gefühl! Wirklich selten habe ich erleben dürfen, dass Gesang mich derart tief im Inneren trifft – zu Musik schreibe ich ja sonst nicht die typischen Romane, daher sei hier noch mal explizit betont, dass Klang mich oft sehr tief berührt und höchste Gesänge der Begeisterung abstimmen lässt, jedoch in der Regel fast ausschließlich durch die Instrumentale – und die 75 Minuten Spielzeit des ausgezeichneten Konzertes wurden relativ, schienen (im besten Sinne) ewig zu dauern und vergingen gleichzeitig wie ein einziger Magic-Moment im Fluge. Ich hätte nie gedacht, dass eine bloße Aufnahme, anstatt eines “echten” Konzerts, derart starke Magie entfalten kann. Aber es geht – im Bauch war ich kurz davor zu glauben, dass die Band am unteren Rand der Leinwand gerade live spielt. Porter am Mikrofon, trug daran allerdings trotz des unglaublichen Gesangs, durch und durch positiver Ausstrahlung und seinen warmen, humanistischen Texten nicht die alleinige Verantwortung. 

Die vier Musiker seines Jazz-Quartetts bildeten nämlich, jeder für sich an seinem Instrument (konkret waren es Drums, Kontrabass, Trompete und Piano), die perfekte Ergänzung zu Porter’s menschlichem wie musikalischem Wesen. Sie alle sind auf der BALOISE SESSION ebenso Star des Abends, weil Porter sie nicht zur Begleitung im Hintergrund degradiert, sondern ganz im Geiste des Jazz mit absoluter Selbstverständlichkeit als gleichwertig behandelt. Ihnen in erweiterten, abgewandelten Versionen seiner Stücke Platz für beeindruckende, weil ebenso gefühlvoll und nuanciert gespielte Soli einräumt und so alle fünf Musiker auf der Bühne zu gleichen Teilen Standbein eines akustischen Gesamterlebnisses sind.

Spielerisch-hingebungsvolle Musik voller Freiheit, aber doch mit klarem roten Faden, wie man sie wohl am häufigsten im Jazz findet – der Umgang der Musiker mit dem eigenen Instrument lässt staunend zusehen. Wie feinsinnig und zurückhaltend Keyon Harrold die Trompete spielt, nur um im nächsten Moment in reiner Energie zu explodieren. Und wie lebendig Chip Crawford am Piano immer wieder zwischen unterschiedlichen Tempi springt und verfremdete Notenfolgen aus den unterschiedlichsten Richtungen einstreut (vom PRETTY WOMAN-Thema bis zu Funk Klassikern ist dabei alles erlaubt). Oder mit welcher Hingabe Jahmal Nichols an seinem Bass zupft und dabei wirkt, als gebe es nichts im Leben, das ihm mehr Freude bereitet (was vielleicht auch einfach so ist?). Ich könnte endlos schwärmen, wie diese vielen kleinen Zutaten sich ein Jahr, nachdem sie live zusammen gebracht wurden, an diesem besonderen Ort in Wien während einer warmen Sommernacht erneut zu etwas wundervollem zusammenfügten.

Ja, ein schönes Konzert, das in der Mischung von swingenden Upbeat-Stücken, klassischen Jazz-Nummern und Piano-Balladen höchst facettenreich daher kommt. Durch die prägnante Kulisse – das beleuchtete Rathaus, T-Shirt-Wetter in der Nacht und ein kühles Glas Wein dazu – bekam der Charakter der Musik natürlich nochmal die Möglichkeit zur besonderen Entfaltung (und wurde für mich zu einem einzigartigen Abend), doch auch ohne all diese Faktoren bleibt ein sinnliches Konzert, dass einen mit einem ehrlichen Lächeln entlässt.

Also genießt das Leben und die Musik, klickt euch auf das Portal eures Vertrauens, bzw. sucht den Plattendealer eurer Wahl auf, schlagt zu und hört Gregory Porter. Es lohnt sich!



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