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Comic: Kevin Smith – Green Hornet, Vol. I – Sins Of My Father (2010)

Titelbild & Bildausschnitte © by Dynamite


Und nach 30 DAYS OF NIGHT gleich das nächste Comic, welches ursprünglich mal ein Film hätte werden sollen. In diesem Fall basiert es sogar auf einem fertigen Drehbuch, das Kevin Smith konkret, mit Vertrag, etc. für ein Studio geschrieben hatte, welches dort aber über Jahre in der Schublade vergammelte und dann von Smith in Form dieser Graphic Novel umgesetzt wurde. Ob es schade ist, dass die Skript-Zeilen es nicht in die angestrebte Form des Bewegtbildes geschafft haben? Eher weniger – warum genau, lest ihr in der Besprechung.


Eckdaten
StoryKevin Smith
ArtworkJonathan Ang Lau
ColoristIvan Nunes
Genre: Superheld, Action
Label: Dynamite
Umfang: 140 Seiten (5 Hefte)
Gelesen: Englisch, Digital, September 2016



Plot
Britt Reid Sr. AKA Green Hornet schaltet mit seinem Chauffeur Kato das letzte der fünf großen Familien-Kartelle in Century City aus. Jahre später lernen wir seinen arroganten und verzogenen Sohn kennen – ein echtes Spoiled Rich Kid – der mit dem Vermögen des (mittlerweile als großer Zeitungsverleger erfolgreichen) Vaters seinen ausufernden Lebensstil finanziert. Auf einer Feier wird Britt Sr. von einem geheimnisvollen Angreifer, der das alte Kostüm der Green Hornet, allerdings in schwarzer Farbe trägt, verletzt und getötet. Ob der (angeblich legal sein Geld verdienende) Sohn des anfangs vom alten Hornet eingebuchteten japanischen Mafiabosses, welcher gerade in die Stadt zurück kam, um seinen verstorbenen Vater zu beerdigen, seine Finger im Spiel hat? Bald treten merkwürdige Gestalten an Britt Jr. heran, Geheimnisse werden gelüftet und sich vor allem den Rest der Zeit über lang und ausufernd geprügelt.


Review
Die abschließenden Worte der Plot-Zusammenfassung deuteten es vielleicht schon an – dieses Buch empfand ich als kolossal gescheitert und trotz (bzw. besonders wegen) all seiner Action unfassbar öde!

Sämtliche Figuren sind entweder uninteressant, oder totale Arschlöcher – im Resultat interessiert man sich für keinen ihrer Lebenswege, ist weder involviert wenn es in Keilereien zur Sache geht, noch wenn emotionale Momente uns das Verhältnis von Vater und Sohn, oder später einen (vermeintlichen) inneren Konflikt des Letzteren näher bringen wollen. Smith zeichnet alle Beteiligten ziemlich flach und nie wird man gänzlich das Gefühl los, dass die gesamte Rahmenhandlung – Zusammenkünfte bzw. Unterredungen von Figuren, sowie die dürftigen Charaktermomente, die er uns abseits der Action gönnt – lediglich ein Vehikel für übertriebene, aber leider völlig uninteressante Action-Szenen darstellt. Reiner Actioner? Kein Problem, nur wie sollen Fights packen, wenn einem die Charaktere völlig egal sind (und es bleiben)?

Scheinbar setzt Smith darauf, dass der Leser (ähnlich wie er selbst als Autor) eine enorme Faszination und reichlich Vorwissen in Bezug auf die klassische Figur des Green Hornet mit in das Buch nimmt. Es wird sich nicht mal Zeit genommen, den Helden grob zu umreißen und ihn dem Leser auf einem basalen Level näher zu bringen – vielmehr schmeißt Smith uns ins kalte Wasser und brüllt: Friss und feier es! Wie der alte Green Hornet tickte, vermitteln fast durchweg nur flapsige (jedoch weder cool, noch lustige) Sprüche während der Kämpfe. Einen kurzen Moment während einer Redaktionskonferenz gönnt Smith uns zusätzlich – zur groben Eichung von Reid’s moralischem Kompass – danach dreht es sich größtenteils um dessen Sohn. 

Dass dieser bald in die Fußstapfen seines Vaters tritt, verkauft SINS OF MY FATHER uns zwar als epischen Twist, es zu enthüllen geht im Rahmen des Reviews aber in Ordnung, da ihr Leser dieser Zeilen in eurem Leben bereits mehr als drei Filme gesehen habt, Eins und Eins zusammenzählen könnt und der entsprechende Reveal im Buch euch demnach so überraschen wird, wie Weihnachten am 24. Dezember. Für die weiteren “Twists” (und es fühlt sich schon fast lächerlich an, sie so zu nennen) der Story gilt ähnliches – vom ersten Auftreten der involvierten Figuren an, riecht man den Braten meilenweit gegen den Wind, überraschen tut hier gar nichts.

Britt Jr. stellt also für diese Serie die Inkarnation des Maskierten dar und beginnt etwas unbeholfen Gas zu geben, um seinen ermordeten Vater zu rächen – warum sollte man aber, davon abgesehen dass man in der Realität absolut niemandem den Tod des Vaters wünscht, mit ihm fiebern, wenn er uns vorher durchweg als weinerliches, widerliches, hochgradig arrogantes Arschloch präsentiert wurde? Ein Arschloch vom eindeutigen Schlag, den keine Ambivalenz durchzieht, sondern der einfach nur durch und durch ein riesengroßes Arschloch ist. Smith gelingt es nie, für diese Figur auch nur ein Fünkchen Interesse zu wecken. Oder für seine Mitstreiter, die man wahlweise stumm, oder beim Sprechen von zwei Sätzen erlebt hat? Allerdings fragt man sich im Laufe der fünf Hefte zunehmend, ob Smith überhaupt etwas an feiner Charakterisierung lag, denn viel zu sehr verrennt sich der Stoff ein ums andere Mal in hirnlosen, teils seitenlangen Keilereien und genau die scheinen es zu sein, die Smith (und seine Leser?) in Begeisterung versetzen.

Mich nicht. Dass Zeichner Jonathan Lau und Colorist Ivan Nunez das alles in einem hochgradig uninteressanten Stil verpacken, gibt der, von Seite 1 an stetig sinkenden Faszination zudem keinen Auftrieb. Zeichnungen können einen öden Stoff massiv aufwerten (siehe oben verlinktes 30 DAYS OF NIGHT-Review), diese jedoch sind die Blaupause amerikanischer Mainstream-Comic-Charaktere – keine künstlerische Verfremdung, keine Ecken und Kanten, insgesamt also so solide wie uninteressant auf’s Papier gebracht – und trotz bunter Farbflut wirken die Bilder unheimlich steril und distanziert. Es kommt keine Lebendigkeit auf. Mit Sicherheit auch, weil sie sich sehr stark nach digitaler Umsetzung anfühlen und dieser, ähnlich wie den CGI-Schlachten moderner Hollywood-Blockbuster, eine unperfekte Erdung fehlt. Was das gesamte Buch an Tiefe missen lässt, soll in Krawall und fancy Farben aufgewogen werden – auch dies eine unangenehme Parallele zum Hollywood-Kino.

Es gibt insgesamt also leider nichts, was in SINS OF MY FATHER von Belang oder Gewicht wäre. 140 Seiten verschwendete Zeit. Glücklicherweise deuten die letzten Panels an, dass sich das seitenlange Gekloppe wohl in gleicher (oder gar steigender) Frequenz durch Vol. II ziehen wird – nun, wo die Fronten geklärt sind, bricht der Krieg aus – und, danke für die “Warnung”, diese nächste Etappe demnach ohne mich stattfinden wird… Das hier war mir nämlich viel zu flach.


Weblinks
DYNAMITE
COMICBOOKDB
COMIXOLOGY
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