Archiv der Kategorie: Nach Typ

Sortierung der Filmeinträge nach der Machart.

Film: Der Marsianer – The Martian (2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by 20th Century Fox


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Science-Fiction, Survival
Regie: Ridley Scott
Drehbuch: Drew Goddard, Andy Weir (Romanvorlage)
Besetzung: Matt Damon, Jessica Chastain, Kristen WiigJeff DanielsMichael PeñaSean BeanKate MaraSebastian StanAksel HennieChiwetel EjioforBenedict WongMackenzie DavisDonald Glover
Kamera: Dariusz Wolski
Musik: Harry Gregson-Williams
Schnitt: Pietro Scalia


Review
Allein an einem einsamen Ort vergessen zu werden, dürfte wohl in der Rangliste der menschlichen Horrorvorstellungen relativ weit oben angesiedelt sein. Auf sich gestellt, der heilbringenden Zivilisation entrissen, mit beschränkten Rationen und Auge in Auge mit der Natur – eine Extremsituation, die das Innerste des Menschen hervorbringen kann, sieht er sich doch einer kaum zu bewältigenden Aufgabe gegenüber – wie wir wissen siegt die Wildnis schlussendlich immer, denn die Zeit arbeitet gegen uns. Dieser Angst und den seltenen, aus ihr geborenen (und über sich hinaus wachsenden) Heldenfiguren nahm sich das Kino durch Filme wie CAST AWAY oder jüngst THE REVENANT schon immer zahlreich an. Der Appeall des “Left for dead” ist nicht abzustreiten. Dass es also nur eine Frage der Zeit sein sollte, bis Andy Weir’s durchschlagender, 2011 auf eigene Faust und 2014 nochmals über eine Verlags-Struktur veröffentlichter Debutroman THE MARTIAN, welcher besagte Prämisse auf ein neues, bis dato ungeahntes Extrem hievte, seinen Weg in die Kinos finden sollte, stand außer Frage. Wie enorm schnell jedoch Ridley Scott’s opulente Inszenierung im Kasten war, nur um sofort zum gefeierten Kino-Hit zu avancieren, beeindruckt schon ein wenig – offenbar geht der Altmeister dazu über, bombastische Produktionen in Fließband-gleicher Ein-Jahres-Taktung zu liefern. Soll er ruhig, wenn das Resultat sich wie in diesem Fall gestaltet.

Beim überhasteten Abbruch einer bemannten Mars-Mission im Sturm verschollen, von seinen Kollegen für Tod erklärt, auf dem roten Planeten zurückgelassen und durch Initiation einer waghalsigen Rettungsaktion von der Hoffnung auf Rettung beseelt – zwar ist die atemberaubende Story um den Astronauten Mark Watney kein völlig runder Film, denn sein sarkastischer Galgen-Humor ist sicher nicht jedermanns Sache (einige Oneliner laufen voll ins Leere), ein Teil (des riesigen Haufens) exzellenter Darsteller kommt kaum zur Entfaltung und dramaturgisch greift Scott tief in die konventionelle Mottenkiste – aber dennoch erreicht er etwas, dass heute leider fast zum cineastischen Kuriosum geworden ist: er versprüht (und erzeugt) einen geradezu beflügelnden Optimismus. In einer ehrlichen, von der eigenen Begeisterung für Wissenschaft und Fortschrittsgeist getriebenen Art und Weise erzählen Weir, Scott und auf dem Schirm Matt Damon (als Watney) uns davon, dass es eigentlich keine Grenzen gibt. Dass Probleme nur so lange Probleme sind, bis man sich in den Arsch tritt, um sie zu lösen. Dass mit der richtigen Einstellung (und aufgrund der Fähigkeiten der Menschheit) einfach alles möglich sein kann, wenn man sich nicht hängen lässt, sondern aufrappelt und mit Wissen, Einsatz und Hingabe immer weiter voran schreitet.

Watney: “Get to work, do the math, solve the problem. Did it? Then solve the next problem!Film: Der Marsianer – The Martian (2015) weiterlesen

(Neuer) deutsch(sprachig)er Genrefilm #11: Hades (2014)

Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Kevin Kopacka


HADES from Kevin Kopacka on Vimeo.


Edit: HADES ist jetzt sowohl frei auf Vimeo verfügbar (ich habe die Einbettung des Trailers oben durch den 15 minütigen Film ersetzt), so dass ihr ihn problemlos schauen könnt, als auch auf Moviepilot gelistet (hab ich unten bei den weiterführenden Links ergänzt), wo ihr ihn bewerten und kommentieren könnt!


Fakten
Jahr: 2014
Genre: Surrealer Film, Giallo
Regie: Kevin Kopacka
Drehbuch: Kevin Kopacka
Besetzung: Anna Heidegger, Cris Kotzen, Iman Rezai
Kamera: Lukas Dolgner
Musik: Kevin Kopacka
Schnitt: Kevin Kopacka


Review
18 Uhr 33, eine junge Frau erwacht, im Hintergrund das beruhigende, gedämpfte Plätschern von Wasser. Sie schmiegt sich in ihr Kissen, nimmt einen tiefen Atemzug vom Shirt ihres Liebsten und entschwindet zurück ins Land der Träume. Doch etwas stimmt nicht, die Welt scheint surreal entrückt, regelrecht verzerrt. Alptraum, Angst, Erwachen. Immer noch 18 Uhr 33. Oder wieder? Wo ist sie? Wer steht da in dieser Dusche, die plötzlich wirkt, als sei sie Lichtjahre entfernter Teil einer anderen Welt? Dies ist mehr als bloß ein schlechter Traum – Gefangen in einer Schleife des verzweifelten Irrens durch geheimnisvolle, bunt ausgeleuchtete Gänge, verlaufen im Irrgarten der Impressionen und gehemmt von der Unfähigkeit aus diesen zu erwachen, warten schwer zu (be)greifende Prüfungen auf die junge Frau.

Eindeutig angelehnt, das steckt bereits im Titel des 15minütigen Kurzfilms, an die griechische Mythologie um den Herrn der Unterwelt und sein Totenreich, zu dem fünf Flüsse einst den Zugang bildeten, erzählt HADES rein über die audiovisuelle Ebene von einem beklemmenden, nie enden wollenden Traum, als Spiegel abstrakter innermenschlicher Zustände. Sprache braucht dieser mysteriöse Neo-Giallo nicht, denn Filmemacher Kevin Kopacka scheint sich der schönstmöglichen Funktionsweise von Film – als puren, sinnlichen Rausch der Eindrücke – durchaus bewusst zu sein. Sein Werk soll Stimmungen auslösen und das tut es, denn die erzählte Geschichte wurde gekonnt symbolisch abstrahiert und in eine fantastische Form gegossen (Schnitt, Lichtsetzung und Score sind brillant), die keinen Zweifel an Kopacka’s gesunder filmischer Sozialisation und den vielfältigen Einflüssen zwischen farbintensiven Gialli-Klassikern und lynchigen Realitäts-Schleifen aufkommen lässt. (Neuer) deutsch(sprachig)er Genrefilm #11: Hades (2014) weiterlesen

Film: Andromeda – Tödlicher Staub Aus Dem All – The Andromeda Strain (1971)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Koch Media


Fakten
Jahr: 1971
Genre: Science-Fiction, Thriller
Regie: Robert Wise
Drehbuch: Nelson Gidding, Michael Crichton (Vorlage)
Besetzung: James Olson, Arthur Hill, David Wayne, Kate Reid, Paula Kelly, George Mitchell, Kermit Murdock
Kamera: Richard H. Kline
Musik: Gil Melle
Schnitt: Stuart Gilmore, John W. Holmes


Review
Ob Fremdsteuerung durch mysteriöse Mächte oder biologische Erreger, deren Potential die Auslöschung der gesamten Menschheit übersteigt – unsichtbare, nicht (be)greifbare Gefahren sind von jeher ein Damokles-Schwert über der Sicherheit des Menschen und somit ein gefundenes, mittlerweile recht populäres Fressen für das Kino. Die Unfähigkeit, einer geheimnisvollen Entität zu entrinnen, oder ihr auch nur irgendeine andere sinnvolle Handlung entgegen zu setzen, die wir nicht sehen können, und die uns demnach auch auf Anhieb keine Chance zur Entwicklung von Flucht- oder anderweitigen Selbstschutz-Strategien lässt, wirkt lähmend und harmoniert hervorragend mit menschlichen Urängsten, deren initiales Auftreten auf grauste Vorzeit rückdatiert werden kann. Wir wollen Kontrolle. Was wir nicht überblicken verschreckt uns. Aus diesen Gründen fürchten wir die Dunkelheit, wollen immer und überall Herr der Lage bleiben, neigen zu Hypochondrie und hoffen im Falle der nächsten großen Pandemie auf eine schnelle Eindämmung durch Experten, irgendwo in versteckten Laboren außerhalb unseres Horizontes. Doch was wenn nicht? Was wenn der verborgene Feind sich nicht eindämmen lässt? So fremdartiger Natur ist, dass herkömmliche Methoden nicht greifen, weil nicht einmal die Erforschung seiner grundlegenden Beschaffenheit Erfolg verspricht?

Dieses Problems nimmt sich THE ANDROMEDA STRAIN an, nachdem der Absturz eines Forschungs-Satelliten in Mexiko ein ganzes Dorf voll offenbar schlagartig verstorbener Bewohner zurücklässt. In Schutzanzügen wird das unscheinbar wirkende Objekt hermetisch abgeriegelt und gemeinsam mit den zwei Überlebenden, einem Säugling und einem Alkoholiker, in eine geheime unterirdische Forschungstation überführt. Vor Ort beginnt ein Expertenteam, im Vorfeld für einen derartigen Fall von der Regierung zusammengestellt und auf Abruf gehalten, die Suche nach der Ursache – ist es ein chemischer Kampfstoff, ein lebendiger Erreger, oder gar eine außerirdische Lebensform? Der auf dem gleichnahmigen Debut-Roman von Michael Crichton basierende Wettlauf gegen die Zeit, den Robert Wise im Folgenden inszeniert, bietet im Jahre 2016 klares Kollisions-Potential mit modernen Sehgewohnheiten, steckt aber dennoch jüngere Genre-Vertreter wie Soderbergh’s missratenen CONTAGION, oder den uninspirierten OUTBREAK aus den Neunzigern, vor allem Spannungs-technisch locker in die Tasche, weil die Substanz stimmt und die dichte Atmosphäre direkt mitreißt. Film: Andromeda – Tödlicher Staub Aus Dem All – The Andromeda Strain (1971) weiterlesen

Film: How To Catch A Monster – Digging Up The Marrow (2014)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Tiberius Film


Fakten
Jahr: 2014
Genre: Horror, Mockumentary, Found-Footage
Regie: Adam Green
Drehbuch: Adam Green (basiernd auf Ideen von Alex Pardee)
Besetzung: Ray Wise, Adam Green, Will Barratt, Josh Ethier, Kane Hodder, Rileah Vanderbilt
Kamera: Will Barratt
Musik: Bear McCreary
Schnitt: Adam Green, Will Barratt, Josh Ethier


Review
Seit Jahrzehnten erschaffen Heerscharen von Horror-Regisseuren die bizarrsten Kreationen – mutierte Freaks, Außerirdische, fremde Lebensformen – der Kreativität und Vorstellungskraft sind keine Grenzen gesetzt. Doch geht man über die offensichtliche Freude an einfallsreichem Handwerk hinaus, an die Basis dieser Ideen zurück, stellt sich irgendwann zwangsweise die Frage nach Ursprung und Ausmaß dieser fremdartigen Faszination. Schwingt nicht tief in all dem aufopferungsvollen Basteln und Schaffen vielleicht auch der Wunsch mit, dass irgendwo auf dieser Welt, von der Menschheit unentdeckt (oder schlicht nicht wahrnehmbar) mehr ist, als das was unsere Wahrnehmung und Weltsicht uns alltäglich vorgibt (oder gar -gaukelt)? Die Faszination des mystischen, obskureren ist schwer greifbar und noch schwerer erklärbar – nicht umsonst schütteln große Teile der (“normalen”) Gesellschaft nur unverständlich den Kopf über die Vorlieben der Horror-Fan Gemeinde – geht sie also gar über das Fiktionale hinaus? Ist dies nur Platzhalter? Dürften die eskapistischen Traumwelten des Kinos nicht mal ein Quäntchen realer sein? Was wäre wenn? Wenn irgendwo tatsächlich dunkle Kreaturen, die wir nicht verstehen, und die uns eine Heiden-Angst einjagen, auf dem Antlitz der Erde ihr Unwesen treiben? Liegt nicht in der Erschaffung erdachter Wesen, die genau diese (wahrscheinlich recht gering ausgeprägte) Wunschvorstellung befriedigen, ein tatsächliches Verlangen versteckt – so klein es auch sein mag? Eine Hoffnung?

Adam Green: “What if Victor Crowley was real? Wouldn’t that be awesome?
Will Barratt: “You know that Victor Crowley kills people, right?

Eben dieser Fragen nimmt sich die 2014er Mockumentary DIGGING UP THE MARROW an und ist somit weit mehr Meta und Genre-reflektiv als es auf Anhieb erscheinen mag. Angeblich mit dem Privileg gesegnet, Zugang zu einer Zwischenwelt zu haben, in die es gesellschaftlich verstoßene Menschen, deren Antlitz von Mutationen und Wucherungen geprägt ist, hinein zieht, tritt der ehemalige Police Detective Dekker auf den Filmemacher Adam Green und seine Produktionsfirma ArieScope zu – stilistisch als echte, klassisch umgesetzte Dokumentation getarnt, spielen alle Beteiligten sich selbst, Green ist also auch im Film der Macher von HATCHET und ein begeisterter Horror-Geek – um endlich Gehör zu finden, nachdem die restliche Welt ihn bereits als Spinner abgeschrieben hat. Er würde nachts Wesen aus einer Öffnung im Wald-Boden, von ihm “Marrow” genannt, heraufsteigen und durch die Lande wandern sehen, hätte als Kind schon die ersten Begegnungen gehabt und sei seitdem als stiller Beobachter und Erforscher dieser sonderbaren Spezies ihrem Verständnis verschrieben. Skeptisch, aber angefixt, machen Green und sein Kameramann sich gemeinsam mit Dekker auf die nächtliche Suche, die Hoffnung auf etwas wahrhaftig übernatürliches treibt sie an. Film: How To Catch A Monster – Digging Up The Marrow (2014) weiterlesen

Quentin Tarantino #8: The Hateful Eight (2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Universum Film


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Western, Kammerspiel
Regie: Quentin Tarantino
Drehbuch: Quentin Tarantino
Besetzung: Samuel L. Jackson, Kurt Russell, Jennifer Jason Leigh, Walton Goggins, Tim Roth, Michael Madsen, Bruce Dern, Demián Bichir, James Parks, Channing Tatum
Kamera: Robert Richardson
Musik: Ennio Morricone
Schnitt: Fred Raskin


Review
Der “Vorhang” fällt… Ernüchterung.

Dass das neue Tarantino-Werk (sein achter Film, wie es in den Credits noch einmal explizit ausgesprochen wird), von kleinen Hochs und Tiefs abgesehen, in Summe so gut wie nichts in mir bewegt, ist schon ein dickes, aber vor allem unerwartetes Ding. Man rechnet mit vielem, doch nicht damit. Nun ist es verlockend (und bodenlos) sich auf die vermeintlich endlose Suche nach den Ursachen zu begeben, doch die Leidenschaftslosigkeit in Bezug auf den Film arbeitet dagegen. Nicht dass er es aus sich heraus nicht wert wäre, doch MIR ist es den Einsatz nicht wert. Die Feststellung, dass mich THE HATEFUL EIGHT nicht im Geringsten gepackt und deshalb auch nicht im Geringsten vom Hocker gerissen hat, ist zu dominant. Ein paar Worte sollen dennoch folgen, denn immerhin: Dafür, dass ich dem abgefilmten Theaterstück knapp drei Stunden vollkommen unbeteiligt beiwohnte, lässt sich anerkennend feststellen, dass die Grenze zur Ödnis nie überschritten wurde. Pluspunkt – drei Stunden können sich schier endlos anfühlen – doch hier nicht, hier sind sie einfach nur drei Stunden und somit lang, ohne sich jedoch arg zu ziehen.

Tarantino begrenzt das Setting auf den kleinsten denkbaren Raum – neun Leute in einer Hütte, draußen tobt ein Blizzard, die rettenden Wände zugleich himmlischer Hort und Gefängnis – doch erzählt in diesem Mikrokosmos von anderen, weit größeren Konflikten, die die USA (und den Menschen an sich) in der Geschichte zerrütteten: keiner dieser Männer traut dem anderen, uralte verfahrene Ideologien und unzählige Facetten eines tief sitzenden Hasses prallen aufeinander. Südstaatler treffen auf die Nordstaatler, gegen die sie noch zuvor im Bürgerkrieg gekämpft haben, (vermeintliche) Sheriffs auf gesuchte Mörder in der Hand von ebenfalls eiskalt mordenden Kopfgeldjägern, schwarze Rassisten liefern sich verbale Duelle mit weißen Rassisten. Wenn diesen Haufen aus dreckigen, moralisch zwielichtigen Personen eines eint, dann dass Gewalt ihre Herzen regiert – Vertrauen gibt es keins, die Wahrheit ist reine Behauptung, wird gedehnt, verdreht und instrumentalisiert, um in diesen vier Wänden, einem Ort an dem alles passieren kann, ein Quäntchen Sicherheit zu erlangen. Da wird geflunkert, intrigiert und misstraut bis sich die Balken biegen. Quentin Tarantino #8: The Hateful Eight (2015) weiterlesen