Archiv der Kategorie: Nach Qualität

Auf einen Blick sehen, was gut, was so lala und was mies war…

(Neuer) Deutsch(sprachig)er Genrefilm #15: Homesick (2015)


Homesick (IMDb) – Psychothriller/Horror, Deutschland, 2015 – RegieJakob M. Erwa, SkriptJakob M. ErwaKameraChristian Trieloff, MusikChristofer Frank, Copyright (Titelbild, Bildausschnitte, Trailer): Darling Berlin


Review
Kann Ehrgeiz uns in den Wahnsinn treiben? Die Erwartung uns die Luft nehmen? Wie hoch muss der Druck steigen, damit wir unter ihm zerbrechen? Wenn auch nie ansatzweise in der gleichen Liga wie die eindeutigen großen Vorbilder Polanski, Lynch & co., lotet HOMESICK in feinster Tradition besagter Altmeister eben diese Fragen auf einer mal subtilen, mal brachial fordernden psychologischen Ebene aus.

Die anstehende Teilnahme an einem internationalen Wettbewerb macht die junge Cello-Studentin Jessica nervös – vom Professor als beste Spielerin der Hochschule ausgewählt, übt sie, gerade mit ihrem Freund in eine neue Wohnung gezogen, inmitten der Umzugskartons und umringt von seltsam besitzergreifenden neuen Nachbarn, Tag ein, Tag aus, um die beste Leistung ihres Lebens zu liefern. Technisch bereits perfekt, muss sie nur noch lernen loszulassen, den Emotionen den Steuerknüppel in die Hand zu geben und dem Erfolg würde nichts mehr im Wege stehen. Doch Selbstzweifel nagen. Es fehlt Ruhe, um in Einklang mit sich selbst zu kommen, zu beobachtet fühlt sie sich im neuen Umfeld, zu feindselig muten ihr die Ereignisse in der anonymen neuen Umgebung und der leeren Wohnung an. Die Einsamkeit beginnt zu nagen.

Was HOMESICK im Folgenden trägt, ist ein gelungenes Spiel mit der völligen Ungewissheit. Beobachtet die (herrlich verschroben und dadurch ungemein creepy aufspielende) ältere Dame aus dem ersten OG sie tatsächlich stetig durch das Fenster zum Hof? Schwingt in ihren Worten der bedrohliche Subtext mit, den Jessica auszumachen scheint, oder geht das Ganze nur auf emotionale Dünnhäutigkeit zurück? Von Freunden und dem Partner zum Durchatmen aufgefordert – das alles sei “doch nicht so schlimm“ und sie „solle nicht übertreiben” – schleichen sich bald die ersten Alb-(oder vielleicht doch Tag-)träume ein. (Neuer) Deutsch(sprachig)er Genrefilm #15: Homesick (2015) weiterlesen

Film geschaut: Pet (2016)


Pet (http://www.imdb.com/title/tt1183374/) – Horror, Psychothriller, USA, 2016 – Regie: Carles Torrens, Skript: Jeremy Slater, Kamera: Timothy A. Burton, Musik: Zacarías M. de la Riva, Copyright (Titelbild, Bildausschnitte, Trailer): Pandastorm Pictures


Review
Schüchterne Loner, gebeutelt vom freudlosen Leben und in eine Obsession getrieben, welche sie zunehmend in einen Strudel des Irrsinns stürzen lässt – ursprünglich in der Tradition des Kinos sicher noch weit früher entstanden, spätestens jedoch in Scorsese’s TAXI DRIVER als meisterhafte Blaupause inszeniert, ist dieses Grundmotiv kein neues, im Gegenteil, bedient die gängige These, dass Einsamkeit und Wahn dicht beieinander liegen können. Dank handwerklicher Kompetenz, fähigen bis starken Darstellern und einer Hand voll cleverer Ideen, wandert mit dem kleinen, unscheinbaren Film PET nach einigen Screenings auf Fantasy-Film-Fest-Nights jedoch ein wenig mehr, als der naheliegende Reißer in den heimischen BluRay-Player.

Während wir zunächst Zeuge sind, wie der (von Dominic Monaghan sehr ambivalent, in Spitzen unheimlich creepy dargestellte) Seth seinem täglichen Trott nachgeht, wird schnell bewusst, dass er mit Menschen weit weniger gut auskommt, als mit den Hunden des Tierheims in dem er arbeitet. Unsicherheit, tiefe Unzufriedenheit und ein Mangel an sozialer Kompetenz zeichnen ihn aus (Los Angeles als weiträumiges, leeres Setting spiegelt seine Einsamkeit perfekt), in Summe verleiht all dies seinem Auftreten stetig eine latent unangenehme Note. Als er bald schon im Bus seinen Mut zusammen nimmt und Holly, eine junge Frau, die er bereits in Zeiten der Highschool anhimmelte anspricht, jedoch gnadenlos abblitzt, beginnen die Dinge ihren morbiden Lauf zu nehmen.  Film geschaut: Pet (2016) weiterlesen

Serie geschaut: Sense8 – Season #2 (2017)


Sense8 (IMDb) – Season #2, Science-Fiction, Drama, Ganze Welt, 2017 – Creator: Lana WachowskiLilly Wachowski , KameraJohn Toll, MusikJohnny KlimekTom Tykwer, Copyright (Titelbild, Bildausschnitte, Trailer): Netflix


Review
In Anbetracht der inhaltlichen und inszenatorischen Großartigkeit der ersten Staffel von SENSE8 (wir erinnern uns, ich war „leicht“ begeistert) hatte ich trotz unglaublicher Vorfreude und einem gelungenen Weihnachts-Special im Dezember etwas Angst die lang ersehnte zweite Season der Wachowski-Serie anzugehen. Season #1 ist so unbeschreiblich gut, konnte es also überhaupt gelingen dieses Niveau zu halten, geschweige denn sogar noch zu toppen? Ich war kribbelig. Ich fieberte. Ich hoffte. In der Eröffnungs-Episode WHO AM I? dauerte es genau 11 Minuten bis zur ersten absolut herausragenden Montage, die unter Erzeugung von Gänsehaut bis ins Letzte den SENSE8-Vibe atmet. Zweifel weg. Und sie sollte nicht die Letzte bleiben.

Die zweite Staffel (ich zähle das Weihnachtsfest-Special dazu) setzt stilistisch und emotional nahtlos da an, wo die vorherige ihren Schlussstrich zog – trotz Toby Onmuwere als neuem Darsteller des lebensfrohen Busfahrers Van Damme, trotz des Rückzugs von Lilly Wachowski aus der Produktion und trotz der Bringschuld, nach der Staffel-umspannenden Origin-Story des Clusters als Gemeinschaft, nun langsam tiefer in den Verschwörungs-Plot um Whispers und dessen geheime Organisation einzutauchen.  Serie geschaut: Sense8 – Season #2 (2017) weiterlesen

Film geschaut: Paterson (2016)


Paterson (IMDb) – Slice-Of-Life, Drama, USA, 2016 – Regie: Jim Jarmusch, Skript: Jim Jarmusch, Kamera: Frederick Elmes, Musik: Carter Logan, Sqürl, Copyright (Titelbild, Bildausschnitte, Trailer): Weltkino


Review
Viertel nach 6. Aufstehen, eine Paar Worte mit der verschlafenen Liebsten wechseln, zum Frühstück Cerealien aus einer Schwarz/Weißen Schale. Dann der Weg zur Arbeit, noch ein Paar Worte, dieses mal mit dem frustrierten Vorarbeiter, Busfahrt 9 to 5. Dann Feierabend, Weg nach Hause, Begutachten der neusten künstlerischen Kreationen im kleinen gemeinsamen Häuschen, dann Diner, dann Gassi gehen, Kneipe, ein Bier am Tresen. Dabei die letzten paar Worte mit dem alten, weisen Barkeeper. Schlafen. Reset. Und wieder von vorn…

Protagonist Paterson befindet sich in einer Schleife der Wiederholung, seine Tage ähneln sich, wie ein Ei dem anderen – doch völlig konträr zum dogmatisch-verpflichtenden Streben nach Mehr in der zeitgenössischen Gesellschaft, stürzt ihn dieser Zustand nicht in eine Sinnkrise, veranlasst ihn nicht zur ständigen Suche nach Verbesserungs-Optionen und potentiellen Möglichkeiten des Aufstiegs. Im Gegenteil – Paterson ist glücklich. Zufrieden. Mit dem kleinen Haus, dem unspektakulären Job. Seinem Leben, genau so wie es ist.  Film geschaut: Paterson (2016) weiterlesen

Serie: MARVEL’s Iron Fist – Season #1 (2017)


MARVEL’S Iron Fist (IMDb) – Season #1, 13 Episoden, Netflix – Superheld, Drama, USA, 2017 – Creator: Scott Buck, Kamera: Manuel Billeter, Musik: Trevor Morris, Copyright (Titelbild, Bildausschnitte, Trailer): Netflix


Review
Aufmerksamen Lesern dieses Blogs dürfte aufgefallen sein, dass ich von der ersten MARVEL/Netflix-Zusammenarbeit DAREDEVIL (mit kleinen Abstrichen in den letzten Episoden der zweiten) über beide bis dato existenten Seasons hinweg ziemlich angetan war. Weitere Reviews zu Formaten aus besagter Produktions-Konstellation sucht man jedoch (noch) vergebens.

Im Falle von JESSICA JONES war mir lediglich der Faktor Zeit nicht gnädig, ich aber ebenfalls begeistert und hätte eigentlich gern geschrieben: Ein starker Villain, eine noir’esk gebrochene Hauptfigur, gesunder Rhythmus, viel Spannung und echtes Charakterdrama. Passte. LUKE CAGE hingegen ließ mich einfach nur erleichtert aufatmen, als ich mich endlich vollständig durch die überwiegend drögen 13 Episoden gequält hatte – zu zäh das Erzähltempo, zu uninteressant der Held, zu belanglos die Action. Klar, die Soul-, Funk- und Rap-schwangere Welt von Harlem sorgte für extrem gelungene Stimmung (vielleicht die beste der vier Serien), und die Serie brachte es insgesamt schon auf einige bemerkenswerte Momente, aber dennoch langweilte mich der Stoff fast durchweg. Man muss nicht zwischen jedem Satz eine (gefühlte) Pause von 10 Sekunden einlegen.  Serie: MARVEL’s Iron Fist – Season #1 (2017) weiterlesen