Archiv der Kategorie: Nach Genre

Sortierung der Filmeinträge nach Genre

Film: American Ultra (2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Concorde Film


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Action-Komödie
Regie: Nima Nourizadeh
Drehbuch: Max Landis
Besetzung: Jesse Eisenberg, Kristen Stewart, Connie Britton, Topher Grace, Walton Goggins, John Leguizamo, Bill Pullman, Tony Hale, Michael Papajohn
Kamera: Michael Bonvillain
Musik: Marcelo Zarcos
Schnitt: Andrew Marcus, Bill Pankow


Review
Der Mythos des genetisch (oder technologisch) modifizierten Übersoldaten war stets in Filmen der lauteren Gangart präsent – in ROBOCOP bastelten skrupellose Rüstungskonzerne die sterblichen Überreste eines Polizisten zur kühlen Kampfmaschine um, in UNIVERSAL SOLDIER knatterten Action-Stars der B-Riege alles weg, was nicht bei drei auf dem Baum war, von der Basis unzähliger Superhelden-Origins (Captain America, oder aktuell im Kino Deadpool) ganz zu schweigen. Ein alter, oft getragener Hut. Doch wie die letzten Jahre zeigten, ist es verschiedensten Filmemachern mit den entsprechenden Ideen anscheinend möglich, selbst bis ins letzte auserzählten (böse Zungen würden sagen: totgetrampelten) Filmgattungen und -motiven einen frischen Spin zu verpassen – man schaue sich exemplarisch die Vampirfilme der letzten 5-10 Jahre an, deren belebende Ansätze eine deutliche Sprache sprechen. Nun nahmen sich Autor Max Landis und im folgenden Regisseur Nima Nourizadeh eingangs genannte Action-Stereotypen vor und sorgen für frischen Wind, indem sie zusammen schmelzen, was auf dem Papier rein gar nicht zusammen passen will.

Denn wenn man eine bestimmte Gattung Mensch von vornherein so weit es nur irgend geht entfernt von hyperkinetischem Nahkampf und präziser Nutzung von Schuss- und Stichwaffen jeglicher Couleur ansiedeln würde, dann wohl verplante Stonertypen, die in ihrer schluffigen Ziellosigkeit direkt aus PINEAPPLE EXPRESS stammen könnten. Dieser Gattung entstammen Jesse Eisenberg und Kristen Stewart als verranztes Kleinstadt-Pärchen Mike und Phoebe – hier nun mit fettiger Matte und staubigen Third-Hand Klamotten, fünf Jahre nach ADVENTURELAND, wiedervereint und zu guter Spielfreude aufgelegt. Ihr Leben zwischen Bong-Rauchen und Aushilfsjob plätschert ohne Highlights vor sich hin, doch mit diesem Status Quo sind sie relativ zufrieden – sie lieben sich, mehr braucht es nicht und Veränderung ist etwas, das vor allem Mike, der aufgrund wiederkehrender Panikattacken noch nicht mal die Stadt verlassen kann, aus der Bahn wirft. Braucht er nicht, denn Rauchen, zeichnen und chillen ist Erfüllung genug. Dass der arme Knilch dann zunächst ein wenig überfordert ist, als eine seltsame Dame ihm an der Supermarktkasse mehrfach unverständliches Kauderwelsch entgegen brabbelt, er nur Augenblicke später von schwer bewaffneten Unbekannten angegriffen wird, nur um diese, nochmals einige Augenblicke später und ohne zu wissen wie, mit einem Löffel zu eliminieren, ist verständlich. Wenn das kein Grund ist gehörig am Rad zu drehen? Doch was folgt, wird diesen Vorgeschmack des comichaft überdrehten Action-Gemetzels noch weit in den Schatten stellen – und Mike vor immer größere Rätsel in Bezug auf seine verschwommene Vergangenheit.  Film: American Ultra (2015) weiterlesen

Dokumentation: The Wolfpack (2015)


Titelbild, Bildausschnitte & Trailer © by Universum Film


Fakten
Jahr: 2015
Themen: Film, Eskapismus, Soziale Isolation, Aufwachsen
Regie: Crystal Moselle
Konzept: Crystal Moselle
Kamera: Crystal Moselle (+ Archivaufnahmen der Angulo-Familie)
Musik: Danny BensiSaunder JurriaansAska Matsumiya
Schnitt: Enat Sidi


Review
Wie viel Realität steckt eigentlich in den von uns allen so heißgeliebten Filmen? Oder anders, und zwar weit kritischer, sich dessen bewusst, dass Film immer nur reine Fiktion bleiben kann, formuliert: Kann überhaupt in einem bemerkenswerten, gar glaubhaften Maß Realität in Filmen stecken? Wahrheit, die das fiktionale Gewand transzendiert, weil sie auch einer prüfenden Betrachtung durch die Wirklichkeits-Brille standhält? Und wie nah sollten wir demnach Filme an uns heran und unseren Horizont bestimmen lassen?

Fragen, die besonders wir alle hier in diesem Internet, also die schreibende, twitternde, sabbelnde Zunft, die wir doch Tag ein, Tag aus Werke analysieren, interpretieren und versuchen fiktional initiierte Fragestellungen irgendwie mit der Welt um uns zur Deckung zu bringen, uns regelmäßig stellen sollten und müssen. Um optimalerweise zu dem Ergebnis zu kommen, dass Film zwar immer in der Lage war (und ist und sein wird) die großen, wichtigen Fragen zu stellen, also verpackt in einem Paket, das unserer Welt verblüffend ähnlich ist, kleinere bis größere Denk-Impulse zu setzen, die es sich lohnt weiter zu denken, auch wenn nach 120 Minuten der Vorhang gefallen ist, aber eben dennoch nie Realität abbildet. Wer letzteres tatsächlich glaubt, eventuell gar der Verlockung erlegen ist, sein Weltbild vollständig auf all den sorgsam durchkonstruierten Kartenhäusern seiner heimischen Mattscheibe aufzubauen (“das ist so, hab ich doch in Film XY gesehen“), tut gut daran die eigene Rezeption noch mal zu überdenken – das Ergebnis könnte sonst ein fatales sein.

Umso beachtlicher ist der Ausgang, der in THE WOLFPACK dokumentierten Geschichte um sieben Geschwister (davon sechs Brüder), die unter der erdrückenden Herrschaft ihres esoterisch-spirituell fehlgeleiteten Vaters die ersten fünfzehn bis zwanzig Jahre ihres Lebens in vollkommener sozialer Abschottung verbrachten. Die die Wohnung in guten Jahren 3-4 mal (und dann nur geschlossen als Familie) verlassen durften, von der Mutter per Home-School unterrichtet wurden und als ihr persönliches Tor zur Welt (neben dem Blick in die Ferne, aus den Fenstern ihres New Yorker Problemviertel-Appartements) vor allem die von ihrem Vater mit inbrünstiger Leidenschaft angelegte, mindestens 5000 Titel auf VHS und DVD umfassende Film-Sammlung nutzten. Alte Klassiker zwischen VOM WINDE VERWEHT und CASABLANCA, aktuelle Blockbuster vom Schlage eines DARK KNIGHT und zuletzt die wundervoll verschrobenen Welten eines Quentin Tarantino oder der Coen-Brüder waren Teil dieser Bibliothek, die auf Anhieb sicher jedem Filmliebhaber die Kinnlade herunter klappen ließe – unter dem Aspekt, dass sie maßgeblich zur Formung des Welt- und Persönlichkeitsbildes dieser jungen Männer herangezogen wurde und als Vorlage für die zahlreichen Reenactments in den heimischen vier Wänden diente, in denen eben nicht nur ein Film nachgespielt, sondern sich eine eigene Form der Realität ERSPIELT (und somit erschaffen) wurde, wächst jedoch zunächst statt Begeisterung eher ein dicker Kloß im Hals: gibt es auch nur irgendein denkbares Szenario, in dem diese krude Form des Aufwachsens gut ausgehen kann? Dokumentation: The Wolfpack (2015) weiterlesen

Film: Der Marsianer – The Martian (2015)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by 20th Century Fox


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Science-Fiction, Survival
Regie: Ridley Scott
Drehbuch: Drew Goddard, Andy Weir (Romanvorlage)
Besetzung: Matt Damon, Jessica Chastain, Kristen WiigJeff DanielsMichael PeñaSean BeanKate MaraSebastian StanAksel HennieChiwetel EjioforBenedict WongMackenzie DavisDonald Glover
Kamera: Dariusz Wolski
Musik: Harry Gregson-Williams
Schnitt: Pietro Scalia


Review
Allein an einem einsamen Ort vergessen zu werden, dürfte wohl in der Rangliste der menschlichen Horrorvorstellungen relativ weit oben angesiedelt sein. Auf sich gestellt, der heilbringenden Zivilisation entrissen, mit beschränkten Rationen und Auge in Auge mit der Natur – eine Extremsituation, die das Innerste des Menschen hervorbringen kann, sieht er sich doch einer kaum zu bewältigenden Aufgabe gegenüber – wie wir wissen siegt die Wildnis schlussendlich immer, denn die Zeit arbeitet gegen uns. Dieser Angst und den seltenen, aus ihr geborenen (und über sich hinaus wachsenden) Heldenfiguren nahm sich das Kino durch Filme wie CAST AWAY oder jüngst THE REVENANT schon immer zahlreich an. Der Appeall des “Left for dead” ist nicht abzustreiten. Dass es also nur eine Frage der Zeit sein sollte, bis Andy Weir’s durchschlagender, 2011 auf eigene Faust und 2014 nochmals über eine Verlags-Struktur veröffentlichter Debutroman THE MARTIAN, welcher besagte Prämisse auf ein neues, bis dato ungeahntes Extrem hievte, seinen Weg in die Kinos finden sollte, stand außer Frage. Wie enorm schnell jedoch Ridley Scott’s opulente Inszenierung im Kasten war, nur um sofort zum gefeierten Kino-Hit zu avancieren, beeindruckt schon ein wenig – offenbar geht der Altmeister dazu über, bombastische Produktionen in Fließband-gleicher Ein-Jahres-Taktung zu liefern. Soll er ruhig, wenn das Resultat sich wie in diesem Fall gestaltet.

Beim überhasteten Abbruch einer bemannten Mars-Mission im Sturm verschollen, von seinen Kollegen für Tod erklärt, auf dem roten Planeten zurückgelassen und durch Initiation einer waghalsigen Rettungsaktion von der Hoffnung auf Rettung beseelt – zwar ist die atemberaubende Story um den Astronauten Mark Watney kein völlig runder Film, denn sein sarkastischer Galgen-Humor ist sicher nicht jedermanns Sache (einige Oneliner laufen voll ins Leere), ein Teil (des riesigen Haufens) exzellenter Darsteller kommt kaum zur Entfaltung und dramaturgisch greift Scott tief in die konventionelle Mottenkiste – aber dennoch erreicht er etwas, dass heute leider fast zum cineastischen Kuriosum geworden ist: er versprüht (und erzeugt) einen geradezu beflügelnden Optimismus. In einer ehrlichen, von der eigenen Begeisterung für Wissenschaft und Fortschrittsgeist getriebenen Art und Weise erzählen Weir, Scott und auf dem Schirm Matt Damon (als Watney) uns davon, dass es eigentlich keine Grenzen gibt. Dass Probleme nur so lange Probleme sind, bis man sich in den Arsch tritt, um sie zu lösen. Dass mit der richtigen Einstellung (und aufgrund der Fähigkeiten der Menschheit) einfach alles möglich sein kann, wenn man sich nicht hängen lässt, sondern aufrappelt und mit Wissen, Einsatz und Hingabe immer weiter voran schreitet.

Watney: “Get to work, do the math, solve the problem. Did it? Then solve the next problem!Film: Der Marsianer – The Martian (2015) weiterlesen

(Neuer) deutsch(sprachig)er Genrefilm #11: Hades (2014)

Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Kevin Kopacka


HADES from Kevin Kopacka on Vimeo.


Edit: HADES ist jetzt sowohl frei auf Vimeo verfügbar (ich habe die Einbettung des Trailers oben durch den 15 minütigen Film ersetzt), so dass ihr ihn problemlos schauen könnt, als auch auf Moviepilot gelistet (hab ich unten bei den weiterführenden Links ergänzt), wo ihr ihn bewerten und kommentieren könnt!


Fakten
Jahr: 2014
Genre: Surrealer Film, Giallo
Regie: Kevin Kopacka
Drehbuch: Kevin Kopacka
Besetzung: Anna Heidegger, Cris Kotzen, Iman Rezai
Kamera: Lukas Dolgner
Musik: Kevin Kopacka
Schnitt: Kevin Kopacka


Review
18 Uhr 33, eine junge Frau erwacht, im Hintergrund das beruhigende, gedämpfte Plätschern von Wasser. Sie schmiegt sich in ihr Kissen, nimmt einen tiefen Atemzug vom Shirt ihres Liebsten und entschwindet zurück ins Land der Träume. Doch etwas stimmt nicht, die Welt scheint surreal entrückt, regelrecht verzerrt. Alptraum, Angst, Erwachen. Immer noch 18 Uhr 33. Oder wieder? Wo ist sie? Wer steht da in dieser Dusche, die plötzlich wirkt, als sei sie Lichtjahre entfernter Teil einer anderen Welt? Dies ist mehr als bloß ein schlechter Traum – Gefangen in einer Schleife des verzweifelten Irrens durch geheimnisvolle, bunt ausgeleuchtete Gänge, verlaufen im Irrgarten der Impressionen und gehemmt von der Unfähigkeit aus diesen zu erwachen, warten schwer zu (be)greifende Prüfungen auf die junge Frau.

Eindeutig angelehnt, das steckt bereits im Titel des 15minütigen Kurzfilms, an die griechische Mythologie um den Herrn der Unterwelt und sein Totenreich, zu dem fünf Flüsse einst den Zugang bildeten, erzählt HADES rein über die audiovisuelle Ebene von einem beklemmenden, nie enden wollenden Traum, als Spiegel abstrakter innermenschlicher Zustände. Sprache braucht dieser mysteriöse Neo-Giallo nicht, denn Filmemacher Kevin Kopacka scheint sich der schönstmöglichen Funktionsweise von Film – als puren, sinnlichen Rausch der Eindrücke – durchaus bewusst zu sein. Sein Werk soll Stimmungen auslösen und das tut es, denn die erzählte Geschichte wurde gekonnt symbolisch abstrahiert und in eine fantastische Form gegossen (Schnitt, Lichtsetzung und Score sind brillant), die keinen Zweifel an Kopacka’s gesunder filmischer Sozialisation und den vielfältigen Einflüssen zwischen farbintensiven Gialli-Klassikern und lynchigen Realitäts-Schleifen aufkommen lässt. (Neuer) deutsch(sprachig)er Genrefilm #11: Hades (2014) weiterlesen

Film: Andromeda – Tödlicher Staub Aus Dem All – The Andromeda Strain (1971)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by Koch Media


Fakten
Jahr: 1971
Genre: Science-Fiction, Thriller
Regie: Robert Wise
Drehbuch: Nelson Gidding, Michael Crichton (Vorlage)
Besetzung: James Olson, Arthur Hill, David Wayne, Kate Reid, Paula Kelly, George Mitchell, Kermit Murdock
Kamera: Richard H. Kline
Musik: Gil Melle
Schnitt: Stuart Gilmore, John W. Holmes


Review
Ob Fremdsteuerung durch mysteriöse Mächte oder biologische Erreger, deren Potential die Auslöschung der gesamten Menschheit übersteigt – unsichtbare, nicht (be)greifbare Gefahren sind von jeher ein Damokles-Schwert über der Sicherheit des Menschen und somit ein gefundenes, mittlerweile recht populäres Fressen für das Kino. Die Unfähigkeit, einer geheimnisvollen Entität zu entrinnen, oder ihr auch nur irgendeine andere sinnvolle Handlung entgegen zu setzen, die wir nicht sehen können, und die uns demnach auch auf Anhieb keine Chance zur Entwicklung von Flucht- oder anderweitigen Selbstschutz-Strategien lässt, wirkt lähmend und harmoniert hervorragend mit menschlichen Urängsten, deren initiales Auftreten auf grauste Vorzeit rückdatiert werden kann. Wir wollen Kontrolle. Was wir nicht überblicken verschreckt uns. Aus diesen Gründen fürchten wir die Dunkelheit, wollen immer und überall Herr der Lage bleiben, neigen zu Hypochondrie und hoffen im Falle der nächsten großen Pandemie auf eine schnelle Eindämmung durch Experten, irgendwo in versteckten Laboren außerhalb unseres Horizontes. Doch was wenn nicht? Was wenn der verborgene Feind sich nicht eindämmen lässt? So fremdartiger Natur ist, dass herkömmliche Methoden nicht greifen, weil nicht einmal die Erforschung seiner grundlegenden Beschaffenheit Erfolg verspricht?

Dieses Problems nimmt sich THE ANDROMEDA STRAIN an, nachdem der Absturz eines Forschungs-Satelliten in Mexiko ein ganzes Dorf voll offenbar schlagartig verstorbener Bewohner zurücklässt. In Schutzanzügen wird das unscheinbar wirkende Objekt hermetisch abgeriegelt und gemeinsam mit den zwei Überlebenden, einem Säugling und einem Alkoholiker, in eine geheime unterirdische Forschungstation überführt. Vor Ort beginnt ein Expertenteam, im Vorfeld für einen derartigen Fall von der Regierung zusammengestellt und auf Abruf gehalten, die Suche nach der Ursache – ist es ein chemischer Kampfstoff, ein lebendiger Erreger, oder gar eine außerirdische Lebensform? Der auf dem gleichnahmigen Debut-Roman von Michael Crichton basierende Wettlauf gegen die Zeit, den Robert Wise im Folgenden inszeniert, bietet im Jahre 2016 klares Kollisions-Potential mit modernen Sehgewohnheiten, steckt aber dennoch jüngere Genre-Vertreter wie Soderbergh’s missratenen CONTAGION, oder den uninspirierten OUTBREAK aus den Neunzigern, vor allem Spannungs-technisch locker in die Tasche, weil die Substanz stimmt und die dichte Atmosphäre direkt mitreißt. Film: Andromeda – Tödlicher Staub Aus Dem All – The Andromeda Strain (1971) weiterlesen