Titelbild, Bildausschnitte & Trailer © by The Waiting Room
Fakten
Jahr: 2012
Themen: Gesundheits-System, Soziale Ungerechtigkeit, Krankenhaus
Regie: Peter Nicks
Konzept: Peter Nicks
Kamera: ?
Schnitt: Lawrence Lerew
Review
24 Stunden in einem öffentlichen Krankenhaus in Oakland, Kalifornien. 24 Stunden voller Geschichten, Patienten, Bilder, Eindrücke und Momente, die für sich sprechen und gänzlich ohne Kommentator eine brüllende Anklage an das System der USA heraus schreien – so eindeutig, dass es keiner moderierenden Worte mehr bedarf.
Primär an das völlig runtergekommene, aus unserer Sicht betrachtet nicht weniger als menschenunwürdige Gesundheitssystem des Landes. Da gibt es den jungen Mann der an Hodenkrebs leidet, akut eine Operation benötigt, doch der, nachdem er in einer Privatklinik kurz vor dem vereinbarten Termin wieder nach Hause geschickt wurde, weil irgendwann jemandem aufgefallen ist, dass er gar nicht Mitglied ist, jetzt erstmal finanziell die Hosen runter lassen muss, um die Chance auf Behandlung zu bekommen. No Cash, no Help. Mit etwas Glück können Arme noch ins Wohlfahrtsprogramm aufgenommen werden.
“I need a bank account statement. Your income is lower than your rent. How do you pay the rent?“
Und da ist der Mann mit angeschossenem Bein, dessen Gliedmaßen taub werden, der jedoch nur einer von 45 in der Notaufnahme ist. Und der Mann, der sich seine Diabetes-Medikamente nicht mehr leisten konnte und kurz vor Exodus, haluzinierend in die Klinik torkelt. Und Leute die ausrasten, weil sie 8h im Wartezimmer sitzen. Und Schwestern, die mehr Sehlsorger und Erzieher als medizinische Fachkräfte darstellen müssen. Und Ärzte, die auf dem Zahnfleisch gehen, nicht wissen wo sie die Patienten unterbringen sollen und immer wieder sehr kranke Leute nach Hause schicken müssen, weil es anderen NOCH schlechter geht.
Diese Bilder tun weh! Und diese Bilder verursachen ein starkes Bedürfnis, jedem konservativen Idioten, der behauptet die Einführung einer Krankenversicherungspflicht sei ein fataler Eingriff in die ur-amerikanische Freiheit des Einzelnen, seine dummen Aussagen um die Ohren zu hauen.
Als die Kamera dann auch noch einfängt, wie die Notarztwagen angerast kommen und mehrere 15 Jahre alte Afroamerikaner mit multiplen Schusswunden einliefern, schwingt im Subtext noch weit mehr über das Land der unbegrenzten Möglichkeiten mit. Über die Lebensumstände der Unterschicht aus Vororten, Ghettos, Trailer-Parks und Gott weiß was noch für Armutsvierteln. Und immerhin werden diese akut verblutenden “Kollateralschäden” eines Gang-Konflikts direkt behandelt.
Eine Unterschicht, die der amerikanische Traum schon lange abgehängt hat, die sich nicht krankenversichern kann, weil sie schlichtweg in Armut lebt und die auf öffentliche Krankenhäuser angewiesen ist, braucht weit mehr als nur ein dickes Fell. Teilweise entscheiden Glück und Wilkür über Gesundheit, oder gar das Leben. Unterbesetzte, überfüllte, schlecht ausgestattete Krankenhäuser, in denen das Personal überarbeitet und die Ärzte nur noch Idealisten am Limit sind, stehen symptomatisch für ein Land in dem Milliarden für das Militär da sind. Und weitere Milliarden, um der Welt zu lauschen. Und weitere Milliarden, um selbstinduzierte Banken-Implosionen zu verhindern.
God Bless America!
Wertung
8 von 10 überfüllten Wartezimmern
Veröffentlichung
THE WAITING ROOM ist in Deutschland leider noch nicht erschienen, aber über die Homepage des Films zu beziehen.
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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