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Fakten
Jahr: 1999
Genre: Horror, Mindgame, Mystery
Regie: Shin’ya Tsukamoto
Drehbuch: Shin’ya Tsukamoto
Besetzung: Masahiro Motoki, Ryô, Yasutaka Tsutsui, Masako Motai, Renji Ishibashi, Akaji Maro
Kamera: Shin’ya Tsukamoto
Musik: Chu Ishikawa
Schnitt: Shin’ya Tsukamoto
Es ist wieder so weit: der #horrorctober hat gerufen. Was das ist und was das soll erfahrt ihr auf dieser Info-Seite (die auch alle Links zu meinen Filmbesprechungen im Rahmen des „Events“ enthält). Wer alles mitmacht, kann man auf dieser Info-Seite der CineCouch nachlesen. Also haut die Zombies weg, packt die Kettensäge aus und lasst euch nicht mit frechen Geistern ein – fröhliches Gruseln!
Review
Nach Sichtung einiger seiner Werke, macht sich das Gefühl breit, dass DIY-Regisseur (bzw. Autor, Cutter & Kameramann) Shin’ya Tsukamoto seine Filme immer auf genau einer einzigen, simplen Idee aufbaut, die er dann gnadenlos durchzieht. Im Falle von TETSUO (dem Original von 1989 versteht sich) könnte diese “ein Mann mutiert auf bizarre Weise zu einem Eisen-Klumpen mit ausgeprägter Libido” gelautet haben, bei HAZE vielleicht “jemand wacht in einem engen, kalten Labyrinth auf und versucht sich grunzend heraus zu retten” und bei GEMINI wohl “ein verlorener Zwilling taucht auf, wirft das Leben einer Familie über den Haufen und in einem Strudel aus verwirrenden Hirnschlägen, beginnen die Identitäten zu verschmelzen”. Natürlich ist diese These extrem vereinfacht und es gehört mehr zum Konzept eines Films als ein Satz – und dennoch machen seine Werke den Eindruck, als würden sie kontinuierlich um je einen zentralen Punkt kreisen und nicht sonderlich viele andere Schwerpunkte setzen.
In diesem Falle knallt der Filmemacher uns eine leicht abgeschwächte Version aller von ihm bereits zur Genüge bekannten Zutaten um die Ohren: während die gesamte Familie eines wohlhabenden Arztes, dessen Frau aus unbekannten Gründen an einer Amnesie leidet, nach und nach stirbt, schleicht sich nachts ein dreckiger, stinkender Klon seiner selbst in die Gemäuer ein und beansprucht das Leben des Mannes für sich – das Resultat des aufkommenden Bruderzwists ist schleichender filmischer Wahnsinn. Über jegliche Stränge schlagendes (und somit irgendwie typisch japanisches) Acting, schräge Kostüme und zu guter Letzt sowohl inhaltliche, als auch psychologische Entwicklungen, welche Wahrnehmung, Realität und die gesamte Weltsicht des Protagonisten (und Zuschauers) nagend in Frage stellen.
Ob man das ganze hauptsächlich im Horror, Beziehungsdrama, oder doch als waschechten Thriller verorten soll (bzw. überhaupt kann), ist schlicht nicht zu beantworten – was Tsukamoto in den Kopf kommt und sich irgendwie in dieses fordernde Konstrukt einbauen lässt, schmeißt er brachial und laut durcheinander, auf das irgendwie ein Ganzes entstehe. Fragmentarisch streift GEMINI beklemmende Spukhaus-Atmosphäre und frontale Gesellschaftskritik, stellt familiäre Hierarchien in Frage, zelebriert die Kostümierung sowie reichliche schneeweiße Schminke der Figuren und garniert punktuell auch noch mit seltsamen Body-Horror-Elementen. Bisweilen läuft dieser krude Mix recht unrund, fehlt doch unter all der Verzweiflung, dem lauten Geschrei, etc. immer wieder ein roter Faden, an dem man sich erzählerisch zumindest einigermaßen entlang hangeln kann. In wüsten Rückblenden, Sprüngen zwischen den zwei Hauptfiguren (die logischerweise gleich aussehen) und einem ständigen Wechsel der Perspektive, lässt der Filmemacher immer stärker Zweifel aufkommen, wer hier eigentlich wer ist. Hat er mörderische Zwilling den Arzt beiseite geschafft und ruhig gestellt? Oder war es gar anders herum? Existieren überhaupt zwei Personen, oder ist das ganze Spielchen nur Sinnbild für eine gespaltene Psyche und in weiterer Interpretation (nach der man nicht allzu lange suchen muss) ein Symbol für die Gespaltenheit, die emotionale Dualität in uns allen? Feine Gedanken, grobschlächtig an den Mann gebracht.
Mit 80 Minuten ist Gemini kurz genug, als dass es sich das anhaltende Rätselraten selbst am Leben hält. Die konfuse Erzählung fordert und überschlägt sich zu schnell, als dass man das Bedürfnis verspürt vorzeitig auszusteigen. Länger hätte es nicht sein dürfen, wirrer erst recht nicht, doch im Gesamtbild gelingt es Tsukamoto (mal wieder) mit kleinen Mitteln einen so eigenen Ansatz umzusetzen, dass bereits diese Geradlinigkeit dem Film mindestens eine Daseinsberechtigung gibt. Spaß macht er aber auch – alles gut also, im Land der Muttermale und Nest-Frisuren.
Wertung
6 von 10 entzweiten Bruder-Paaren
Veröffentlichung
ist bei als BluRay und DVD erschienen. Im Bonusmaterial befinden sich: . Die Discs kommen im Wendecover ohne FSK Logo.
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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Ein Gedanke zu „Horrorctober 2015, Film #8: Gemini – Sōseiji (1999)“