Trailer © Touchstone Pictures
Fakten
Jahr: 1991
Genre: Komödie, Gesellschaftskritik
Regie: Frank Oz
Drehbuch: Alvin Sargent, Laura Ziskin, Tom Schulman
Besetzung: Bill Murray, Richard Dreyfuss, Julie Hagerty, Charlie Korsmo, Kathryn Erbe, Tom Aldredge, Susan Willis
Kamera: Michael Ballhaus
Musik: Miles Goodman
Schnitt: Anne V. Coates
Review
Bill Murray ist einfach der Größte und darf dies auch Anfang der Neunziger glücklicherweise noch zur Genüge unter Beweiß stellen. Auch in meinem persönlichen dritten Durchgang des Films, attackieren Frank Oz, eine Riege fähiger Darsteller und die drei Drehbuchautoren Sargent, Ziskin und Schulman mit der wundervoll skurrilen Comedy WHAT ABOUT BOB? noch frontal meine Lachmuskeln, und das mit Sicherheit nicht in Form von zaghaften “Baby-Steps” – im Gegenteil: hier wird erfolgreich offensiv die humoristische Keule geschwungen.
Murray und Richard Dreyfuss geben ein herrliches Paar an Kontrahenten – ersterer als kaum lebensfähiger Vollzeit-Neurotiker Bob, der in letzterem, seinem neuen Therapeuten Leo, die nie für möglich gehaltene Lebens-Rettung sieht und eben dieser Psychologe, der doch eigentlich nur in Ruhe seinen Sommerurlaub verbringen wollte – wäre ihm nicht besagter Patient wie eine Klette am Bein ins Urlaubsparadies gefolgt. Die Chemie der Darsteller stimmt zu jeder Sekunde, die Zwei spielen charmant und knuffig auf und das grandios überzeichnete Skript lässt sie gewähren.
Bob’s Liste an Neurosen ist schier endlos: Er berührt keine Gegenstände die Fremde berührt haben. Er fährt nicht Fahrstuhl. Er fährt nicht Bus. Er hat Angst vor allem. Er hat Angst vor Jedem. “What if I’m looking for a bathroom, I can’t find one, and my bladder explodes?” Aber zum Glück gibt es “Baby-Steps”, den neuen Erfolgsroman von Dr. Leo Marvin. Dessen (rückwirkend als ziemlich oberflächlich und hohl entlarvte) Philosophie wirkt auf den armen Bob derart erfolgversprechend, dass er gar nicht mehr von der Seite seines Retters weichen will. Abgesehen von zahllosen enorm ulkigen Momenten, ist es wunderschön gemacht, wie sich im Laufe des Films das Patient/Therapeut-Verhältnis langsam, aber unaufhaltsam umdreht. Bob ist einfach zu nett um von Leo’s Familie verstoßen zu werden, Leo hingegen verliert langsam (aber kontinuierlich) die Beherrschung – dazu noch ein Haufen unglücklicher Zufälle, schlechtes Wetter und ein feindlich gesonnenes Rentner-Ehepaar und fertig ist die Katastrophe.
Herausragend an WHAT ABOUT BOB? ist jedoch, dass der Film im Kern noch weit mehr als feinen Klamauk und skurrile Irrwitzigkeit zu bieten hat. Durchleuchtet man das Miteinander der Bob umgebenden Personen mit diesem sehr speziellen, nach gesellschaftlichem Regelwerk ganz klar aus dem Raster fallenden Menschen, so legt Frank Oz ganz klar eine Botschaft über Toleranz, festgefahrene Weltsicht und Schubladendenken zwischen die Zeilen. Wir alle entwickeln unsere täglichen Routinen, unsere Vorstellungen von richtig und falsch und ein gewisses, mal mehr mal weniger stark ausgeprägtes Maß an Beugung vor gesellschaftlicher Konvention. Doch wie stark geht dies mit dem Abtauchen in eine kleine, persönliche Weltsichts-Blase einher, die immer beschränkter und engstirniger wird, je länger wir sie bevölkern? Wie sehr sind wir noch bereit uns aus unserer Haut zu bewegen, auf Dinge einzulassen, die aus unserer “comfort-zone” heraus von unserem Trott abweichen und Menschen zu akzeptieren, die einen anderen Weg durch die Welt gewählt haben? In WHAT ABOUT BOB? sind es meist Kinder, Jugendliche, oder andere “Verstoßene”, die Bob auf menschlicher Ebene wahrnehmen und sein warmherziges Wesen erkennen, Psychologe Leo hingegen, der in einer Gesellschaft, die für Individuen wie Bob keinen Platz hat, Erfolg und Ruhm sucht, verschließt sich in seiner angepasst-schmalspurigen Art dem Menschlichen – und ist daher zum Scheitern verurteilt.
Derart humanistische Gedanken und die aus ihnen resultierende Gesellschaftskritik in einem aberwitzigen, auch bei mehrfachem Schauen nichts an Humor einbüßenden Film zu verpacken, ohne je auf ein Terrain des erhobenen Zeigefingers abzurutschen, ist eine wahre Kunst. Oz meistert sie und schafft inhaltlich, wie auch durch den starken, angenehm dick auftragenden Bill Murray einen feinen Comedy-Klassiker voll skurriler Momente und warmer Sommeratmosphäre. “Baby steps down the hall“.
Wertung
9 von 10 Baby-Steps zum Badesee
Veröffentlichung
WAS IST MIT BOB? ist bei Touchstone Pictures als DVD erschienen.
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
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