Titelbild & Bildausschnitte © by Image Comics
Es wird zum Muster – schon wieder habe ich mir einen Band vorgenommen, der als Vorlage für Bewegtbilder herhalten musste. In diesem Falle jedoch, konnte mich die darauf basierende Serie THE WALKING DEAD nicht wirklich abholen. Hab vor Jahren mal S1 gesehen, empfand sie als ziemlich ziellos und leidlich interessant, dachte “guckst du irgendwann weiter” und hab es nie getan. Ob sich das bald ändern wird? Das Vorwort von Autor Robert Kirkman hat mir immerhin eine gute Idee geben können, wo der Stoff eigentlich hin will…
Eckdaten
Story: Robert Kirkman
Script: Robert Kirkman
Artwork: Tony Moore, Cliff Rathburn
Genre: Endzeit, Zombie, Drama
Label: Image Comics
Umfang: 146 Seiten
Gelesen: Englisch, Digital, Juli 2016
Plot
Der Kleinstadt-Cop Rick wird bei einem Einsatz angeschossen und erwacht Wochen später im Krankenhaus aus dem Koma. Die Welt um ihn herum ist wie leergefegt und vollkommen verwüstet. Schnell offenbart sich ihm in seiner Verwirrung ein maßgeblicher Unterschied zu vorher: auf den Straßen wandern Untote die mit rabiaten Methoden versuchen, ihm das Fleisch von den Knochen zu knabbern. Von einem Fremden erfährt er, dass es eine unerklärliche Zombie-Apokalypse gegeben hat und die Regierung den Menschen rät, sich zum Schutz in die Metropolen zu begeben – hoffnungsvoll (und bewaffnet) macht er sich auf den Weg, seine Frau und seinen Sohn zu suchen.
Review
In seinem Vorwort erklärt Autor Robert Kirkman seine Intention, bei der Arbeit an The Walking Dead. In den üblichen Zombie-Filmen, so sagt er, fehlte ihm immer das Wissen über all das, was sich nach dem Abspann ereignet. Die nagende Ungewissheit, wie es wohl mit den Figuren in dieser heruntergekommenen Welt weitergehen wird, ließe ihm nie Ruhe. Und aus diesem Grund wolle er anfangen eine Geschichte zu erzählen, bei der dieser unschöne Abschied niemals eintritt – augenzwinkernd schreibt er selbst von einer Soap-Opera mit Zombies. Eine Geschichte, die dem Leser also die Möglichkeit gibt, über weite Strecken Charakterentwicklung und -veränderung mitzuerleben, die durch die Umstände in einer Vorhölle abgestoßen werden. Für ein Verständnis dessen, was die Reihe erreichen will, ist dieses Vorwort essenziell.
Wie oben bereits beschrieben, machte sich beim schauen der AMC-Adaption nämlich ein Gefühl der Ziellosigkeit bereit. Hier erfahre ich nun, dass das genau der Sinn ist. Das es bewusst kein Ziel geben soll, damit der Inhalt sich einzig um das Innenleben der Figuren dreht. Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder derartige Schwerpunkte sind mir in der ersten Staffel der Fernsehserie einfach entgangen oder (und bei der Brillanz, mit der diese Comic-Reihe eröffnet erscheint mir dies wahrscheinlicher) Kirkman gelingt der erforschende Blick in die geschundenen Seelen seiner Figuren bereits auf den ersten 140 Seiten um ein vielfaches besser.
Vom ersten Panel an, sind wir unglaublich nah bei Rick, stehen gemeinsam mit ratlosem Blick vor den Trümmern der Zivilisation, leiden mit ihm, während er sehnsüchtig, an ein letztes bisschen Hoffnung geklammert an seine Familie denkt und gehen mit ihm gemeinsam auf Reisen. Kirkman setzt uns direkt an seine Seite, um durch und durch jede Emotion die er durchlebt zu teilen. Doch diese menschliche Nähe bleibt nicht exklusiv ihm vorbehalten – auch die weiteren Figuren auf seinem Wege sind auf diese Art und Weise porträtiert. Es ist schier unglaublich, mit welcher Intensität Kirkman und Moore ihren Charakteren in den S/W-Zeichnungen Angst, Freude oder Wut in die Gesichter legen – jeder Strich sitzt, jede Stimmung pflanzt sich sofort auf den Leser fort und vereinnahmt uns.
Und für ungefilterte Emotionen, gibt es reichlich Anlass. Sei es die panische Angst, welche die stetige Bedrohung für das eigene Leben auslöst – vor allem während der, zunächst aus Unwissenheit seitens Rick, später zur Suche nach Ressourcen freiwillig unternommenen Ausflüge in das kollabierte Atlanta, erschlägt die Population an Untoten bereits durch ihre schiere Masse. Straßen quellen vor sabbernden, zeichnerisch wirklich mit einer ekelerregenden Widerlichkeit umgesetzten Zombies über, die Fliegen kreisen, der Sabber tropft und ehe man sich versieht, ist ein Stückchen Unterarm weggeschnappt (und damit das eigene Schicksal besiegelt). An Intensität geizen diese Konfrontationen außerdem nicht – es geht deftig zur Sache und regnet Gliedmaßen. Drastische Bilder scheuen Kirkman und Moore nicht!
Und dann sind da auf der anderen Seite – und der Aspekt ist trotz exzellent gelungenem Zombie-Horror in dieser Vorlage ganz sicher der stärkere – die omnipräsenten sozialen und psychologischen Spannungen innerhalb des Camps, welches Rick bald erreicht hat. Menschen mit den verschiedensten Hintergründen und Weltsichten prallen unfreiwillig aufeinander, der Sicherheit halber muss jeder von ihnen eine Waffe tragen und schon bald zeichnet sich ab, dass sowohl die Optionen für ihre gemeinsame Zukunft unterschiedlich gehandhabt werden wollen, wie auch Rick’s Eintreffen nicht von allen Seiten mit ungebrochener Begeisterung aufgenommen wurde.
Aufgrund der klaren, direkten, immer ausdrucksstarken Bildsprache der Macher packen diese leise schwelenden Konflikte sofort – Kirkman platziert sie gekonnt in einer dunklen Wolke über den Köpfen der Überlebenden und es ist keine Frage, dass die Entladung in Blitz und Donner irgendwann kommen wird. Und sicher nicht, ohne Opfer zu verlangen. Insofern ist Kirkman exakt gelungen, was er intendiert hat – THE WALKING DEAD VOL. I legt tief menschliches, mitreißendes psychologisches Drama vor und leitet charakterliche Veränderungen ein, deren Ziel noch in den Sternen steht. Bereits nach knapp 150 Seiten (die in der Comic-Welt einige Wochen abdecken) scheint der einst so lebensfrohe, für alles eine Lösung findende Rick nicht mehr ganz der selbe zu sein. Wo wird er landen? Wer wird er in dieser sterbenden Welt werden? Und wer wird ihn dabei wie lang begleiten?
Ich bin gespannt!
Weblinks
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Ah, noch jemand der nun erkennt, dass die Serie deutlich mehr auf die Zombie-Schauwerte setzt und die eigentliche Intention der Comic vernachlässigt. Je weiter Du in den Comics kommst, umso mehr wirst Du merken, wie manche Figur im Comic, deutlich böser ist als in der Serie und natürlich, dass man fürs TV Figuren hinzugedichtet hat und einigen Personen einen völlig anderen story arc verpasst hat, als in der Vorlage. Ich mag die Comics auch deutlich lieber als die TV-Serie.
Ich habe ja von der Serie nur die S1 gesehen und von den Comics bis jetzt nur Vol. I gelesen. Aber da gefielen mir die Comics weitaus besser!
Oh Mann,
kenne ich auch schon.
(Naja, als Zombie-Fan, der ich bin, keine Überraschung).
Fand ich damals sehr erfrischend und trotz altem Ansatz neu und aufregend.
Die ersten 60 Bände habe ich verschlungen, dann startete die HBO-Serie, und ich war von den Socken.
Mittlerweile bin ich die TV-Serie ziemlich leid, aber vielleicht haben die Comics das anfängliche Niveau gehalten, idk.
Auf jeden Fall wars eine schöne Zeit, die ich nicht missen möchte.
Ich glaube ich gebe den Comics eine weitere Lesung, die Serie bringts nicht mehr für mich…
Ich bin ja wie beschrieben in die Serie nie rein gekommen – vielleicht ändert sich das bei Kenntnis der Vorlage? Versuche ich vielleicht noch mal wenn ich TWD weiter gelesen habe (was ich definitiv tun werde.
Ich bin ja wie beschrieben in die Serie nie rein gekommen – vielleicht ändert sich das bei Kenntnis der Vorlage? Versuche ich vielleicht noch mal wenn ich TWD weiter gelesen habe (was ich definitiv tun werde).
Und keine Sorge, bald gibt es größere Chancen, dass du nicht alles kennst – hab mir schon etwas weniger offensichtliches Zeug geklickt