Film: American Hustle (2014)


Trailer © by Tobis Home Entertainment


Fakten
Jahr: 2014
Genre: Gangsterfilm, Retro, Komödie
Regie: David O. Russell
Drehbuch: Eric Warren Singer, David O. Russell
Besetzung: Christian Bale, Amy Adams, Bradley CooperJeremy RennerJennifer LawrenceLouis C.K.Michael Peña
Kamera: Linus Sandgren
Musik: Danny Elfman
Schnitt: Alan BaumgartenJay CassidyCrispin Struthers


Review
Das deutsche Kinojahr 2014 ist auf dem besten Weg, das in meiner Wahrnehmung seltsamste seit langem zu werden. Warum? Weil ich mich in einem Maß wie nie zuvor darüber wundere, welche Filme des Jahres in der allgemeinen Wahrnehmung, der Blogosphäre und auch den vielen Bewertungsportalen im Netz das größte Ansehen von allen genießen. Zwar wird AMERICAN HUSTLE schon deutlich gespaltener aufgenommen, als die GUARDIANS, GONE GIRL, oder der unsägliche WOLF OF WALL STREET, aber dennoch kann ich nicht im Ansatz mit dem vielen Lob und den “Skandal, dass der keinen Oscar bekommen hat”-Schreien mitgehen.

Der Film ist für mich die Definition von “Belanglos”!

David O. Russel will eine Geschichte aus dem Betrüger-Millieu erzählen. Aufstieg, Fall, Notbremse. Dabei versäumt er, diesem Ausflug in die 70er Jahre Kostümwelt irgend etwas eigenes zu geben, kann sich aber nicht entscheiden, ob er lieber bei Scorsese oder Tarantino abkupfern will. Vom kleinen Fisch zum Game-Regulator, dass kennen wir allzu gut vom Altmeister der Mafia-Epen, einen Gangster-Film zu inszenieren, in dem trotz ausufernder Länge so gut wie gar nichts passiert, was aber durch “coole” Dauerdialoge “schräger” Figuren gepuffert werden soll, da sind wir eher beim ollen Quentin. Russel stolpert ohne eigene Vision auf beiden Pfaden umher und fällt spätestens nach 90 Minuten (einer Laufzeit, nach der AMERICAN HUSTLE bei gesundem Menschenverstand der Beteiligten schon bald vorbei sein müsste) mit diesem Plagiats-Konzept kläglich auf die Nase, weil er weder die Klasse der Vorbilder erreicht, noch anderweitig begeistern kann.

Allein gut 25 Minuten nimmt sich der Film bereits, um die ersten zwei (von fünf) Hauptfiguren einzuführen – viel zu lang, inhaltlich zu dünn, und erzählerisch zu holprig, denn nach der endlos-Exposition hat man zwar schon Kostüme und Kulissen en Masse gesehen, jedoch noch nicht das geringste Gefühl für das Wesen der Figuren. Ähnlich geht es weiter: Ausstattung in schillernder Fülle täuscht darüber hinweg, dass auch die weiteren Charaktere eigentlich nur Platzhalter sind – fatal in einem Film, der von der Eigenheit seiner Figuren zehren (und nähren) soll. Und zudem höchst seltsam, denn besodners Cooper, Renner und Adams sind eigentlich fähig durch Präsenz und Ausstrahlung zu punkten, Russel scheint jedoch keinen Schimmer zu haben, wie er diese zu Tage fördert, oder muss schlicht katastrophale Regie-Anweisungen gegeben haben. Bale, den ich nicht für den über-Schauspieler, aber durchaus solide halte, wirkte selten bemühter (fast schon ironisch, dass Kritiker seines Spiels hier den großen Befreiungsschlag feierten), Adams ist nicht die Figur Sidney Prosser, sondern Amy Adams in Maske und Cooper steht in dauerhaftem Zwist zwischen dem alten HANGOVER-Quatschkopf und einer unvollendeten Version seiner neueren Charakterdarstellungen vollends neben sich.

Wahrscheinlich wäre das alles halb so wild (und der Film zumindest noch oberes Mittelmaß), wenn Russel’s Welt mich in sich aufgesogen und gefangen hätte, doch in Puncto Authentizität krankt AMERICAN HUSTLE am allermeisten. Ich hatte hier nicht das Gefühl die 70er zu sehen – vielmehr sah ich Schauspieler in Kostümen, wie sie mit Perücken durch Kullisen laufen und dabei möglichst retro wirken sollen. Das Art-Department hat sich ins Zeug gelegt und geliefert, aber (vielleicht aufgrund der Oberflächlichkeit des gesamten Werkes) Russel scheitert daran ein glaubhaftes Paket daraus zu schnüren.

So bleibt ein Film, dessen Welt ich nicht kaufe, dessen Plot diese Bezeichnung nicht verdient, dessen Motive abgegriffen, beinahe geklaut wirken (was auch die vielen Zitate an CASINO oder BOARDWALK EMPIRE zu müden Randnotizen verkommen lässt), dessen Drehbuch besonders auf Dialogseite höchst flach und bei weitem nicht so charmant wie erhofft daher kommt und dessen Allstar-Cast im Sande versickert, weil einzig Jenifer Lawrence mit ihrer Figur, die leider die gerinste Screentime von allen spendiert bekam, verschmilzt und in ihrer Wirkung begeistern kann. Fieses Fazit, was durch die für mich essentiellste Frage nachd er Intention des Films den letzten Dolchstoß erhält: Was wollte mir David O. Russel hier eigentlich erzählen? Nach einigem Grübeln: ich weiß es nicht, der Film erscheint mir vollkommen leer. Und das ist als Resumee wirklich verdammt öde!


Wertung
4 von 10 pompösen Porno-Perücken


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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2 Gedanken zu „Film: American Hustle (2014)“

  1. Ich war ja auch ein wenig enttäuscht, doch ganz so hart würde ich mit Russell und dem Film nicht ins Gericht gehen. Ist aber wohl eine Frage der Sympathie der Figuren gegenüber.

    1. Wahrscheinlich. Die waren für mich alle einfach nur da. Und verkleidet. Wobei Lawrence alles dominiert und an die Wand gespielt hat. Mehr von ihr hätte den Film merklich aufgewertet!

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