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Quentin Tarantino #2: Pulp Fiction (1994)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by STUDIOCANAL


Fakten
Jahr: 1994
Genre: Schwarze Komödie, Gangsterfilm
Regie: Quentin Tarantino
Drehbuch: Quentin Tarantino
Besetzung: John Travolta, Uma Thurman, Samuel L. Jackson, Tim Roth, Amanda Plummer, Bruce Willis, Ving Rhames, Phil LaMarr, Steve Buscemi, Christopher Walken, Harvey Keitel, Angela Jones
Kamera: Andrzej Sekula
Musik: Diverse
Schnitt: Sally Menke


Review
Der Film beginnt.
Ein Gespräch im Diner. Wieder ein Diner. Diesmal keine große Truppe Gangster, sondern ein Paar – es sind Pumpkin und Yolanda. Er erzählt, sie lauscht. Keine Liquor-Stores wollen sie mehr ausrauben, das macht keinen Spaß mehr, wird zu gefährlich, wird sie vielleicht sogar mal zwingen jemanden zu erschießen. Obwohl Yolanda nie jemanden erschießen würde. Pumpkin auch nicht, aber vielleicht wird irgendein jüdischer Shop-Besitzer in der 15. Generation ihn ja zwingen? Pumpkin oder der Shop-Besitzer – wie soll man da noch die Wahl haben, wenn nur einer aus der Sache raus geht? Nein, Pumpkin ist klüger, er hat die zündende Idee: Restaurants. Wer zum Teufel raubt schon verdammte Restaurants aus? Yolanda stimmt ihm zu. Und was da erst aus den Portemonaies der Gäste zu holen ist.

Sie schauen sich tief in die Augen, sie sagt: “I love you, Pumpkin!”, er erwidert: “I love you Honey Bunny!” und beide springen auf! Pumpkin: “All right, everybody be cool, this is a robbery!”, dann Honey Bunny: “Any of you fucking pricks move, and I’ll execute LAST ONE OF Y’ALL!”

(Imagine PULP FICTION Opening Theme: Dum … Dum Dum, Dumdum, Dum, Dumdum, Du Dum, Dum Duuum, Duduuuum, Dum Duuuuum (Ha! Ha! Haaaaaa!) DömDöm, Duduuum Dum, Dömdöm, Dudumum, Dum, Duuuuuuum……)

Verdammt, aber dieser Moment, wenn die ersten Noten des Main-Themes einsetzt, der geht einfach runter wie Öl. Immer wieder sind diese kurzen Momente in der Lage ein vorfreudiges Kribbeln zu erzeugen. Du weißt mittlerweile, was du gleich sehen wirst und dennoch wird es jedes Mal intensiver, weil du jedes Mal ein Stückchen tiefer realisiert hast, was einen für ein abgefahrenes, lässiges, banales, trashiges, großartiges, unkonventionelles Stück Kino dich erwartet.
PULP FICTION.
Pulp, das ist Trash, Schund, dahingerotzter Mist, der für ‘nen locker sitzenden Dime eine minimal bessere Alternative zur Langeweile bietet. Schnell geschrieben, noch schneller vergessen. Hätte Quentin Tarantino sich damals 1994 erträumen können, wie weit sein zweiter Spielfilm doch von Definition, Wirkung und vor allem der Lebensdauer des (wirklichen) Pulps entfernt sein würde? Klar, nach RESERVOIR DOGS war der Mann als heißes Eisen gehandelt worden, aber das hatte doch keiner erwarten können – er selbst wohl am wenigsten. Die Goldene Palme in Cannes sollte lediglich einen langen Run an Award-Nominierungen und -Gewinnen einleiten, doch was noch viel wichtiger als Awards und der damit einhergehende kurzlebige Fame ist: Wir wissen nun, dass Quentin’s zweiter Film “Popkultur in the Making” war. Er sollte Generationen von Memes prägen.

Jules: “Whatcha havin’?”
Brett: “Hamburgers.”
Jules: “Hamburgers! The cornerstone of any nutritious breakfast.”

Egal, ob man PULP FICTION gesehen hat oder noch nicht (falls das überhaupt geht), man kennt die Bilder von Jules und Vincent in ihren Anzügen, von Mia wie sie sich lasziv mit ihrer Zigarette auf dem Bett räkelt, von ihr und Vince auf der Tanzfläche des JACK RABBIT’S SLIM – beide vollends in ihren Twist vertieft. Dass beide völlig zugedröhnt sind und ihr Abend noch einen höchst unangenehmen Verlauf nehmen wird, dass Jules und Vince vor dem Ziehen der Waffen lange über Fußmassagen und “Hamburger Royale with Cheese”, bzw. Big Kahuna Burger gesprochen haben, dass Mia zu Marcellus Wallace gehört und dieser Butch an den Kragen will – das alles wüsste man ohne den Film gesehen zu haben nicht und trotzdem sind die Berührungspunkte zu PULP FICTION ständig da. Weil es mehr als nur ein guter Film aus den Neunzigern ist. Weil das Unwort “Kult” hier tatsächlich mal greift. Weil jeder die Memes, die Bilder, die Poster, die Sprüche und all die weiteren kulturellen Referrenzen kennt.

Jules: “English, Motherfucker! DO YOU SPEAK IT?”

Coole Sprüche wie diesen, gibt es in Tarantino’s episodenhaft zusammengewürfelt und trotzdem als großes Ganzes sinnvoll verbundenem Film zuhauf. Am laufenden Band. Genau genommen ist so gut wie jeder Satz Zitat-würdig. Coole Sprüche, umringt von ausgiebigen Unterhaltungen über Nichtigkeiten, viel Absurdität und groteskem Humor. Auch etwas Spannung und mehrere entscheidende Toilettengänge haben es in unserer kollektives Gedächtnis geschafft – ein kleiner Teil der Zutaten, die in Kombination mit dem großartigen Cast ein Monster von Film erschufen. Ja, der Cast. Was für ein fantastischer Cast – bis in die Nebenrollen brilliant besetzt (z.B. mit Steve Buscemi, der nur einige Sekunden als Kellner zu sehen ist) und für 1994 wohl ein Frontalangriff auf den Typecast. Man nehme John Travolta als Vincent Vega und überlege, wer John Travolta in 1994 war? Der “greasige” Tänzer aus STAYING ALIVE, der seinen Ruf nicht los wurde und in den Jahren zuvor nur noch für belanglose Familienkomödien hergehalten hat. Und was macht Quentin Tarantino?

Richtig, das naheliegendste: er lässt ihn Tanzen.
Als Gangster.
Auf Heroin.
Mit der scharfen Frau seines Bosses.
In einem 60er Jahre Diner.
Auf einer bunten Tanzfläche.

Eine von vielen genialen Entscheidungen, die der Konvention und Erwartung ganz rotzig den Mittelfinger entgegen streckten. Und dann sind da noch Samuel L. Jackson, dessen übersprudelndes Talent, dessen Intensität in diesem Film, in Anbetracht manch einer späteren belanglosen Rolle, schon fast traurig stimmt. Und Uma Thurman, die erst Jahre später, nach etlichen vergessenswürdigen Fehlgriffen, erneut unter Tarantinos Fitiche wieder richtig spielen durfte. Und Bruce Willis als Badass mit zartem Kern. Und Ving Rhames: “I’mma get mideval on yo ass!”. Und Harvey Keitel aka Mr. Wolf: “I solve problems.” Sie alle liefern was sie nur können, weil Tarantino ihnen die Möglichkeit gab, sich auf ganz ungeahnte Art zu entfalten.

Mia: “Three tomatoes are walking down the street- a poppa tomato, a momma tomato, and a little baby tomato. Baby tomato starts lagging behind. Poppa tomato gets angry, goes over to the baby tomato, and smooshes him… and says, Catch up.”

Gemüse-Jokes, versteckte Uhren, Gimps und Bibelverse, Fußmassagen, Milchshakes, Samuraischwerter und ein Übefall auf ein Restaurant – das und noch viel mehr ist PULP FICTION! Grandios.


Wertung
9 von 10 augenzwinkernd-eleganten Retro-Tanzeinlagen


Veröffentlichung
PULP FICTION ist bei STUDIOCANAL in verschiedenen Editionen als BluRay (Steelbook), sowie VoD und DVD als Teil der Arthaus-Collection erschienen. Im Bonusmaterial der BluRay-Special Edition befinden sich: Neue Interviews mit den Darstellern, darunter J. Travolta, Samuel L. Jackson, Rosanna Arquette, Eric Stoltz, Tim Roth u.v.m.; Neue Dokumentation mit einem Kritikerrückblick auf den Film; Dokumentation „Pulp Fiction: Die Fakten“; Sechs geschnittene Szenen; Hinter den Kulissen; Featurette zum Produktionsdesign; Siskel & Ebert “At The Movies” – „The Tarantino Generation”; Independent Spirit Awards; Szenen vom Cannes Film Festival; Interview mit Quentin Tarantino bei der „Charlie Rose Show“; Trailer; TV Spots; Fotogalerien; Trivia Track; Soundtrack-Kapitel. Die DVD enthält lediglich: Geschnittene Szenen; US-Kinotrailer; Deutscher Kinotrailer. Die Discs kommen im Wendecover ohne FSK Logo.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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2 Gedanken zu „Quentin Tarantino #2: Pulp Fiction (1994)“

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