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Quentin Tarantino #1: Reservoir Dogs (1992)


Titelbild & Trailer © by Universum Film GmbH


Fakten
Jahr: 1992
Genre: Schwarze Komödie, Gangsterfilm
Regie: Quentin Tarantino
Drehbuch: Quentin Tarantino
Besetzung: Harvey Keitel, Tim Roth, Michael MadsenChris PennSteve BuscemiLawrence TierneyEdward BunkerQuentin Tarantino
Kamera: Andrzej Sekula
Musik: Diverse
Schnitt: Sally Menke


Review
Joe: “So you’re Mr. White. Mr. Blonde. Mr. Brown. Mr. Blue. Mr. Orange. And you’re Mr. Pink.
Mr. Pink: “Why am I Mr. Pink?”
Joe: “Cause you’re a faggot!”

Ein Kammerspiel-Heist-Movie, ohne den Heist. Ein Thriller in dem 90 % der Zeit geredet wird, wovon 50 % der Zeit mit Schwanz-Metaphern in Madonna-Songs, Trinkgeld, Radiosendern und anderen Belanglosigkeiten gefüllt sind. Eine Musikwahl, die durch ihren krassen Kontrast zu den Bildern fast schon Unbehagen auslöst. Eine Kamera, die entscheidendes zum Großteil (aber eben nicht komplett) im Off passieren lässt.

Zum Auftakt seiner Karriere, hat Quentin schon klar gezeigt, dass er es anders machen will und wird. Das geht beim Script los (zu dem Tarantinos Kumpel aus Videothek-Tagen Roger Avary die Radiomoderationen beigesteuert hat), pflanzt sich über den exquisiten Cast fort und verfestigt sich endgültig in der Inszenierung. Hier sollen die Uhren anders, als im sonstigen Filmgeschäft ticken – eine Prämisse, die Film-Nerd Tarantino ganz locker und natürlich von der Hand geht. Er ist einer, der sich nicht bemühen muss anders zu sein, weil er stattdessen aus seinem kuriosen filmischen Liebhaber-Background heraus, eine ganz eigene (zugegeben sehr Recycle- und Mashup-artige) Sprache entwickelt hat.

RESERVOIR DOGS war zunächst ein Skript, mit dem er hausieren ging. Irgendwann las es Harvey Keitel, war begeistert, wurde gecastet und wollte den Film direkt produzieren, womit das Budget quasi als gesichert galt. Auch kümmerte Keitel sich um das Casting (wozu er Tarantino auf eigene Kosten nach New York einlud, weil der Pool an Gesichtern dort seiner Meinung nach unverbrauchter war). Das bescherte dem Cast den großartigen Steve Buscemi und den sogar noch etwas großartigeren Tim Roth – ein Glücksgriff also, denn obwohl jeder Schauspieler seinen wichtigen Teil leistet, sind die beiden doch im Dreieck mit dem übermenschlich großartigen Michael Madsen das absolute i-Tüpfelchen auf der schwarzhumorigen Sahnetorte (an deren eingebackenen Rost-Nägeln man sich doch bitte die Zähne ausbeißen möge).

Der Film beginnt in einem Diner, man sieht die Gangster-Truppe beim Quatschen, Herumalbern, Frühstücken und Kaffee trinken. Nicht über den anstehenden Coup, sondern über die Art von abgefahrenen Belanglosigkeiten, die später noch zu Tarantinos Markenzeichen werden sollten. Eine lange Szene die zwischen den Zeilen weit mehr vermittelt als jede Plot-dienliche Alternative es könnte: Der Charakter einer Person liegt in dem was sie sagt verborgen. Nicht nur in Gehaltvollem, sondern in Allem – das hat Tarantino erkannt und schafft es so, bereits durch die Grundsatzdiskussion über die Sinnhaftigkeit von Trinkgeldern einen Großteil der Bande um Mr. White, Mr. Blonde, Mr. Pink etc. zu charakterisieren.

Cut.

Geschwindigkeit, Chaos, ein Blutverschmierter Mr. Orange auf dem Rücksitz eines Ami-Schlittens, ein beherrschter Mr. White am Steuer, der ihm zuredet: ” You’re not gonna die in here!”. Die beiden erreichen eine verlassene Lagerhalle, White schleppt Orange hinein, abgehetzt und ziemlich angepisst kommt auch Mr Pink an: “Was that a fucking set up or what?”. Der Coup ging scheinbar mächtig schief. Wer hat wen auflaufen lassen, wer könnte die “rat” sein, wem aus dieser Gruppe namenloser Unbekannter kann man trauen, wem nicht? Um die Frage zu klären schiebt Tarantino neben den im Lagerraum stattfindenden Psychospielchen immer wieder Rückblenden ein, die die individuellen Geschichten der Ganoven erzählen. Kurz vor der Eskalation trifft dann Mr. Blonde ein und die Dinge nehmen eine entscheidende Wendung.

“Mr. Blonde: Are you gonna bark all day doggie? Or are you gonna bite?”

Tarantino hat damals schon verdammt laut gebellt: “Hier bin ich und so mache ich das” und auch gebissen, denn RESERVOIR DOGS ist ein Kracher von Film – schwarzhumorig, lässig, spannend, unangenehm berührend und überraschend. Struktur, Wirkung, Soundtrack und Style sind hier schon wirklich stark, der Cast spielt sich die Seele aus dem Leib und hätte Tarantino sich nicht noch später selbst übertroffen, läge die Vermutung nah, dass man es mit genau diesem Ansatz kaum besser machen kann.

Heute wissen wir: man kann – aber nicht wirklich viel.


Wertung
8 von 10 fehlgeschlagenen Juwelen-Heists


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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