© by BBC America & Netflix

Serie: Orphan Black – Season #4 (2016)


Trailer © by BBC America & Netflix


Fakten
Jahr: 2015
Genre: Mystery, Thriller, Science-Fiction, Drama
Showrunner: John FawcettGraeme Manson
Crew (Writer, Director, Cinematographer, Editor): IMDb-Übersicht
Besetzung: Tatiana Maslany, Jordan GavarisAri MillenMaria Doyle KennedyKristian BruunKevin HanchardSkyler WexlerMichael MandoJosh VokeyRosemary DunsmoreIan MatthewsMiranda EdwardsLauren HammersleyJames FrainJessalyn WanlimGord Rand
Musik: Two Fingers (Main Theme) & Trevor Yuile (Score)


Review
Die größten Sorgen haben sich bestätigt, die schlimmsten Ängste sind noch übertroffen worden – die einst ganz wundervolle Mystery-Serie ORPHAN BLACK hat nun, nachdem bereits die schwache dritte Staffel andeutete, dass das Potenzial für eine sinnvolle Fortführung der Handlung steil gegen Null geht, endgültig nichts, wirklich absolut gar nichts mehr zu erzählen. Leere. In alle Richtungen. Die Macher hält das leider nicht davon ab, einfach weiter zu machen.

Zuvor verrannte man sich, um die Handlung künstlich zu befeuern, lediglich in abstrusen Verstrickungen, welche die zuvor bekannt gewordenen Fakten in eine (den Autoren in der Planung der vorherigen Staffeln ganz sicher noch nicht bewusste) hochgradig konstruierte Richtung weiter sponnen – inhaltlich ging es linear weiter, es kam nur allerlei dazu. Plötzlich waren da noch mehr Konzerne, verschiedene Arten von Klonen, zig involvierte Figuren, von denen zuvor noch nie die Rede gewesen war, etc. Das wirkte alles ein wenig (bzw. größtenteils sehr) an den Haaren herbei gezogen, ging aber mit etwas Zähneknirschen noch gerade so mit dem zuvor etablierten Erzähl-Mechanismen einher. 

Aber nun ist das Fass übergelaufen. Es reicht hin. Denn aus dem festgefahrenen erzählerischen Vakuum heraus, fantasiert man sich bereits zum Anstoß der Handlung dieser vierten Staffel einen Schwachsinn zusammen, der tatsächlich in punkto Absurdität nicht mehr zu überbieten ist. Ohne Rücksicht auf Verluste und erst recht ohne Respekt für das – in der ersten Staffel absolut großartige – Vorangegangene, vor allem den langen Leidensweg der Figuren, gehen die Autoren in Ermangelung von Alternativen jetzt bis ganz an, bzw. sogar noch vor die Basis zurück und schreiben alles neu.

Keine Ahnung mehr wie es weitergehen soll? Kein Problem, dann behaupten wir doch einfach mal, dass 1.) sowieso von vornherein schon immer alles anders geplant war, 2.) die am Ende jeder Staffel enttarnten und deshalb mittlerweile bereits wie eine Zwiebel in drei Schichten übereinander liegenden Masterpläne der immer neuen Verschwörer, doch nie die Auflösung der Misere, sondern lediglich die Spitze des Eisbergs waren und 3.) der ganze Unsinn, welcher aus diesem Ansatz entsteht, angeblich sogar die Basis sämtlicher Geschehnisse der Serie überhaupt bildet. War alles schon immer so, nur alle (die Zuschauer, die involvierten Figuren, der liebe Gott) hatten einfach noch nicht den Durchblick. Im Zuge dieser Zwangsbeschäftigung für Drehbuchschreiber werden, wortwörtlich, längst beerdigte Leichen wieder ausgebuddelt.

Auf plumpste Art und Weise, holen die Autoren plötzlich das (streng genommen ja sogar vor Beginn der ersten Staffel liegende) Schicksal von Beth Childs ins Rampenlicht, saugen sich aus den Fingern, dass diese damals schon den Neolutionists auf der Spur war, konstruieren auf vollkommen unglaubwürdige Art und Weise Verknüpfungen zum Jetzt und erdreisten sich auch noch, uns vormachen zu wollen, dass dies alles ja schon immer Teil eines größeren Plans war, der zwar jetzt erst ans Licht kommt, aber urplötzlich konkrete Auswirkungen auf ALLE Klone hat. Sicher. Glaube ich ihnen aufs Wort. So fühlt sich organisches Writing an.

Und weil das alles Teil eines größeren Plans war und ist, haben wir zwar schon vor Jahren von den Neos und ihrer Besessenheit bezüglich des biologischen Engineerings erfahren, aber jetzt, nachdem der Drobs längst gelutscht ist, spielt es eine tragende Rolle, das sie explodierende Sensoren in die Wangen Ihrer Testobjekte einpflanzen. Deswegen meldet sich erst jetzt ein bis dato unbekannter Klon, der aber in Wahrheit schon die ganze Zeit aus dem Hintergrund die Fäden zog, immer per Totalüberwachung ein Auge auf die Ladies hatte, eng mit Beth zusammen arbeitete und überhaupt die Obercheckerin Nummer eins ist. Klar. Und weil all die fiesen Gesellen, zum Beispiel Rachel & co, in all den Dingen die sich uns jetzt erst erschließen schon jahrelang Ihre Finger drin haben, kommt die gefährliche Technologie, die hier mehrfach droht Sarah umzubringen, natürlich erst jetzt zum Einsatz. Hmm. Jetzt spielt Beth, die einst nur den Kickoff der Handlung darstellte, auch plötzlich eine tragende Rolle.

Bei allem Wohlwollen, bei aller Liebe zu Tatjana Maslany’s nach wie vor überragendem Schauspiel, und bei aller stilistischen Qualität, die die jeweiligen Regisseure und das Visual-Design-Team hier auf den Schirm bringen – inhaltlich ist die Serie zu einer armseligen Kopie ihrer selbst, einer lächerlichen Farce und einen riesengroßen Haufen Schwachsinn verkommen. Hier sollen mit dem Holzhammer Leitmotive und Stil der Serie reproduziert, also auch ein irrer Twist am nächsten serviert werden, also werden Tote zum Leben erweckt, Erzähltes ungeschehen gemacht und alles Erreichte mit Füßen getreten. Ein derart hohes Maß an rückwirkend veränderten, bzw. neu eingeflochtenen Fakten in so kurzer Zeit, erlauben sich nicht mal die meisten wirr erzählten Comic-Universen – in ihrer Originalität sind diese jedoch meist Klassen besser, denn ORPHAN BLACK schafft im gesamten Verlauf dieser vierten Staffel nicht mehr ein einziges Mal, ein Gefühl der Frische und Eigenständigkeit zu vermitteln, oder einen Mehrwert zu erzeugen. Alles in Season #4 ist eine drittklassige Version bereits abgeschlossener Motive.

Leider wirken sich diese desaströsen Tendenzen auf die vorherigen Staffeln in etwa so, wie missglückte, nach ähnlichem Prinzip aus dem Hut gezauberte Sequels auf die vorhergegangenen Filme aus – sie entwerten sie, zumindest partiell. Denn wenn eigentlich schon immer alles – der Feind, die Umstände, die Ziele – anders gewesen sein soll, hatten unsere Figuren ja sowieso nie eine Chance. All das Leid, all die Kämpfe waren also im Grunde für nichts, weil wir ja jetzt wissen, dass sie nie zu wirklicher Veränderung führten. Das kommt davon, wenn man sich die Vergangenheit zu sehr eigen macht.

Das Resultat: Mittlerweile befinden wir uns mit ORPHAN BLACK in einer Welt, in der schlicht und ergreifend alles passieren kann, dadurch aber niemals relevante Entwicklungen angestoßen werden. Keine Errungenschaft ist von Dauer, keine Tat hat wirklich Konsequenzen, kein besiegter Feind bleibt ruhig, weil in der Blase des zwanghaften Weitererzählens, in welcher die Serie nunmehr schon die zweite Staffel lang gefangen ist, kein Raum für Abschlüsse bleibt. Es muss immer weitergehen, egal zu welchem Preis – die getötete Rivalin ersteht wieder auf, der zu Fall gebrachte Konzern war nur ein Teil der nächsten skrupellosen Corporation, durch die er nahtlos ersetzt wird, die aufgedeckte Verschwörung ist immer und immer und immer wieder nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, weil uns bereits die nächste Staffel erzählen wird, dass unter der Oberfläche dieser neu erlangten Wahrheiten noch viel viel komplexere Zusammenhänge bestanden. Mehr als müdes Stöhnen konnten derart egale Handlungsverläufe mir nicht mehr entlocken – und das macht keinen Spaß, fühlt sich unnatürlich an und ist das absolute Gegenteil zu erzählerischem Fluss, auch weil keine der Figuren mehr eine Entwicklung durchmacht.

Sarah will nun schon die dritte Staffel zur Ruhe kommen, wird aber immer wieder von urplötzlich auftauchenden Bedrohungen an die Front gepresst, Allison und Helena dienen quasi nur noch als ulkige Quellen der Erheiterung, Cosima dient als Trigger für die Tränendrüse, etc. Jede von ihnen tritt auf der Stelle und wird das (leider) wahrscheinlich auch noch fünf weitere Staffeln lang tun, weil Fortschritt bedeuten würde, dass irgendwann mal Schluss ist – letzteres scheinen die Macher aber nicht zu planen. Problematisch dabei ist nicht nur, dass es nicht voran geht, sondern dass die einst so verschiedenen “Sistras” sich im Zuge der erzählerischen Gleichförmigkeit auch immer ähnlicher werden – bald ist es nur noch die Maske, die sie trennt. Ist aber im grunde egal, denn wenn die alten Ladies langweilig werden, dann kann man schließlich einfach neue einführen. Wie, es gab mal ein Dokument auf dem alle Namen aufgeführt waren? Es kann also nicht mehr Klone geben? Dann finden wir in der nächsten Staffel halt das zweite Dokument, auf dem bis dato unbekannte Klone gelistet sind – everything ist possible und da liegt das Problem!

Es bleibt kein anderes Fazit, als dass die Serie am Ende ist. Klinisch tot. Es wäre nun an der Zeit die Geräte auszuschalten – was ist das für 1 life? – doch diese Kuh wird wohl noch lange gemolken werden. Bis sie blutet. Und dann werden die Macher versuchen uns glaubhaft weiß zu machen, dass das Blut welches wir sehen, eigentlich schon immer Schokopudding war. Und die Kuh nur ein Fake, weil die Welt von einer Verschwörung bionischer Pferde regiert wird. Die unsterblich sind. Danke, liebes ORPHAN BLACK, ich sage Bye Bye. Du warst eine Staffel lang großartig, schade, dass man dich nun so kontinuierlich gegen die Wand fährt.


Wertung
2 von 10 künstlich am Leben gehaltenen Hirntoten


Veröffentlichung
ORPHAN BLACK – Season #4 läuft in Deutschland bis jetzt nur bei Netflix.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
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