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Fakten
Jahr: 2013
Genre: Drama, Biopic, Schwarze Komödie
Regie: Joel Coen, Ethan Coen
Drehbuch: Joel Coen, Ethan Coen
Besetzung: Oscar Isaac, Carey Mulligan, John Goodman, Justin Timberlake, Adam Driver, Jeanine Serralles
Kamera: Bruno Delbonnel
Musik: Oscar Isaac & Andere
Schnitt: Roderick Jaynes (aka Joel & Ethan Coen)
Review
Die Coen-Brüder und ihre gebrochenen Helden – eine (glücklicherweise) niemals endende Geschichte: Menschen, die das Leben gebeutelt hat, Menschen, die sich selbst am meisten im Weg stehen, Menschen, mit denen das Schicksal es nicht gut meint – oft haben sie den Zufall als schlimmsten Feind und noch öfter geht ihre Geschichte nicht besonders glücklich aus. So sind die Coen-Filme. Zumindest die eine Hälfte davon, die Exemplare, welche jenseits einer Grenze wandern, an der die schwarze Komödie zur Tragödie kippt. Das ist einer der zwei Ansätze, die sie schon so oft, aber immer wieder frisch umsetzten.
Und gleich vorweg: Obwohl INSIDE LLEWYN DAVIS exakt diesem einen der zwei typischen Coen-Schemata entspricht und sich, rein vom Gefühl, als eines ihrer düstersten Werke überhaupt in enge Verwandschaft mit FARGO, oder NO COUNTRY FOR OLD MEN begibt – hier nur ohne dass jemand brutal getötet wird – kann der neuste Streich der genialen Brüder es nicht ganz mit ihren wahren Klassikern aufnehmen.
Irgendetwas fehlt.
Vielleicht ist es die besondere Wärme der sonst immer so meisterhaft von Roger Deakins fotografierten Bilder, die hier einer kühlen, entsättigten, dem Chicagoer Schneegestöber durchaus angemessenen Bildsprache weichen. Nicht dass Bruno Delbonnel, der hier fotografierte, ein schlechter Kameramann wäre, im Gegenteil, er hat schließlich für Jean-Pierre Jeunet’s AMÉLIE ganz wundervolle Bilder eingefangen und auch hier exzellente Arbeit geleistet, aber Deakins und die Coens, das schien langsam wie der Dude und sein White Russian – elementar verbunden, ein Amalgam, welches zu trennen schwierig bis unmöglich ist. Wie sehr fällt nun erst wirklich auf, nachdem es geschehen ist.
Abseits dieser nicht greifbaren Komponente stimmt jedoch formell in INSIDE LLEWYN DAVIS alles: Oscar Isaac brilliert als einsamer Folk-Sänger auf dem Weg zum (Miss-)Erfolg sowohl in den (lauten und leisen) Charaktermomenten, wie auch an der Gitarre. Wirklich eine starke, mitreißende und ins Herz abzielende Leistung, die genug emotionale Involviertheit aufbaut, um den Endpunkt von Llewyn’s langem, holprigen Weg mit der nötigen bitteren Würze zu versetzen. Denn Llewyn Davis ist, wie bereits zu Anfang beschrieben, einer der einen Traum hat, sich aber durch falschen Stolz, chaotische Unorganisiertheit und – man kann es nur so nennen – eben auch völlig unangemessene Arroganz immer wieder selbst im Weg steht. Sich den Weg mit dicken Pflastersteinen verbaut, falsche Entscheidungen trifft, die er immer genau dann wenn es zu spät ist zu bereuen beginnt und zwar die richtigen Momente erlebt, aber immer das Falsche sagt und sie so ungenutzt verstreichen lässt. Und wenn es dann doch mal läuft, kommt Gevatter Zufall mit seiner vernichtenden Kraft ins Spiel, fegt Llewyn’s mühsam errichtete Kartenhäuschen mit spitzbübischer Freude um und lässt die wichtigen Einzelteile unauffindbar in den kalten, grauen New Yorker Straßen verschwinden. Und das tut weh, denn so sehr Llewyn auch mit sich selbst zu kämpfen hat, er ist ein ambivalenter Charakter, der auch eine unheimlich liebenswürdige Seite hat. Sympathisch genug, als dass man ihn (eigentlich) nicht scheitern sehen möchte, weil er als Produkt all seiner Eigenschaften immer eine Mischung aus Bewunderung, Verachtung und Mitleid hervor ruft.
Doch so sehr man sich wünscht, Llewyn würde ein einziges Mal Glück haben, sich ein Mal nicht selbst im Weg stehen, INSIDE LLEWYN DAVIS ist (leider) eine bittere Studie über das Scheitern geworden. Was er selbst nicht vergeigt, vergeigen andere für ihn. Der Film ist ein kurzer Blick in die entscheidende Phase eines Lebens, der Phase in der das letzte Bisschen Traum sich in Luft auflöst und einer leeren Desillusioniertheit weicht. Untermalt von tragisch-schöner Folk-Musik, getragen von starken Schauspielern und absolut Coen-like geschrieben.
Und doch fehlt etwas.
Vielleicht ein kleiner Funken Hoffnung für Llewyn, vielleicht die besagten Bilder des Roger Deakins, die irgendwie schon zu typischen Coen-Bildern geworden waren, vielleicht auch nur die Schneeflocken, die beim Filmschauen vor dem Fenster herab rieseln, um in die richtige Stimmung für eine Geschichte im winterlichen New York und Chicago zu versetzen. Wert ein weiteres Mal nach diesem vermissten Etwas in INSIDE LLEWYN DAVIS zu suchen, ist der Film jedoch mindestens, denn einen tollen Film, haben die Coen-Brüder hier ohne Frage abgeliefert!
Wertung
7 von 10 entwischten Katzen
Weblinks
IMDB
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