Trailer © by Concorde Home
Fakten
Jahr: 2008
Genre: Superheld, Comic, Action
Regie: Louis Leterrier
Drehbuch: Zak Penn
Besetzung: Edward Norton, Liv Tyler, Tim Roth, William Hurt, Tim Blake Nelson, Ty Burrell, Lou Ferrigno
Kamera: Peter Menzies Jr.
Musik: Craig Armstrong
Schnitt: Rick Shaine, Vincent Tabaillon, John Wright
Review
Film zwei in MARVEL’s Cinematic Universe und ich werde nun, wie es auch für die weiteren Ausgaben dieser Reihe geplant ist, auf zweifacher Ebene begutachten wie sich THE INCREDIBLE HULK schlägt – zunächst steht die Frage im Raum, wie gut er (vollkommen isoliert) als eigenständiger Film funktioniert, im Weiteren soll es darum gehen, wie viel bzw. ob genügend Aufbau für das gemeinsame Universum betrieben wird (oder vielleicht sogar bereits Referenzen versteckt sind). Kurz gefasst, lassen sich diese beiden Fragen fast identisch beantworten: nicht sehr gut und so ziemlich gar keiner.
Nachdem wir in einem verzerrten Vorspann – schnell geschnitten, verschwommen, überstilisiert – begutachten dürfen, wie der gute Wissenschaftler Bruce Banner erstmalig während eines gescheiterten Experiments zum Hulk wird (zumindest erschließt der Inhalt dieser nervösen Bild- und Audiofetzen, wenn man mit der Origin-Story des übermenschlich starken Helden vertraut ist – so viel popkulturelles Vorwissen setzt MARVEL anscheinend voraus), finden wir uns in den Slums von Südamerika wieder. Tage ohne Zwischenfall: 10 und ein Paar Zerquetschte. Banner ist untergetaucht, arbeitet in einer Getränkefabrik und steht über geheimnisvolle, komplett verschlüsselte Datenverbindungen in Kontakt mit einer ominösen Person, die anhand von Blutproben nach einer Heilung für sein Problem forscht. Doch wie wir wissen ist nichts sicher, wenn du Geheimdienste zum feind hast und so steht schnell ein Militärtrupp auf dem Spielfeld, beginnt ihn zu jagen und den Rest des Films ist Banner nur noch auf der Flucht, wobei einige Gebäude Federn lassen müssen.
Solange Edward Norton in der zivilen Variante, also als Wissenschaftler Banner unterwegs ist, funktioniert der Film überraschend gut. Die Stimmung ist dicht, ein stylishes Hybrid aus Schnitt und Kamera schafft eine zackige, undurchsichtige Atmosphäre und Norton stemmt völlig problemlos wie unvorstellbare Schwere, welche in der bedrohlichen Form seiner unkontrollierten Mutationen als ständiger Begleiter auf seinen Schultern lastet. Knapp eine Stunde lang fragte ich mich, wieso ich diesen Film als so ungemein schwach in Erinnerung hatte.
Die Antwort wird auf dem Silbertablett serviert, sobald äußere Einflüsse Banner’s Puls soweit in die Höhe treiben, dass er sich nicht mehr im Griff hat. Wenn der Mensch zum Hulk wird, offenbart sich mit zermürbender Drastik, warum dieses Wesen (aus filmischer Sicht) eins der uninteressantesten des kompletten MARVEL-Franchises ist. Zwei maßgebliche Probleme: Man kann den HULK nie so darstellen, dass er wirklich gut, wie etwas echtes, nicht dem Computer entsprungenes aussieht – das ist Geschmack und vielleicht nur meine persönliche Aversion gegen CGI-Figuren – aber, was gravierender ist, mit diesem Helden lässt sich schlicht und ergreifend nichts anfangen. Das ist Fakt. Er mutiert zur muskelbepackten, personifizierten Form der Wut und schlägt kompromisslos alles kaputt. Ohne Sinn und Verstand, immer wieder und wieder. Mehr aus diesem “Helden” zu holen, funktioniert scheinbar nicht.
Bereits fünf Jahre zuvor funktionierte das in der Variante des großartigen Ang Lee nicht und auch zu diesem Zeitpunkt funktioniert es in der Neuinterpretation des TRANSPORTER-Regisseurs Louis Letterier nicht. Dabei spielt eine tragende Rolle, dass, dass die ausufernde Zerstörungswut des grünen Mannes eigentlich nur für Action genutzt werden kann, von Letterier jedoch überwiegend in hochgradig uninspirierten Szenen verschlissen wird. Als Banner nach einer fußläufigen Verfolgungsjagd durch die engen Gassen des brasilianischen Slums vom Militärtrupp an seiner Arbeitsstätte, der Getränkefabrik gestellt wird und das Adrenalin ihn die Kontrolle verlieren lässt, kann sich das Resultat noch sehen lassen. Die verwinkelte Geometrie des Ortes erlaubt ein Spiel mit Richtung, Ebenen und Objekten, der Hulk wird zudem über weite Teile der Szene als vernichtende Kraft in den ungewissen Schatten nur angedeutet.
Doch dies ist der einzige derartige Moment, der für Begeisterung sorgen kann – die restlichen Action-Setpieces sind generische, ideenlose Zerstörungsorgien. Kein Spiel mit Bewegung oder Räumen gespielt, man vermisst clevere Choreografien und Bezugspunkte mit denen der Hulk im Rage-Modus interagieren könnte (stattdessen kloppt er sich ewig auf einer Wiese, wo es NICHTS ausser ihm, Soldaten und Panzern gibt) und weil man sich scheinbar bewusst war, dass dem ganzen jegliche Dynamik abgeht, wurde die berühmte Wackelkamera als vertuschendes Mittel der Wahl gewählt. Auf dass das Ganze nicht nur uninspiriert, sondern auch noch unerkennbar wird. Ähnlich öde und generisch gestaltet sich der 08/15-Actioner Score. Pretty poor.
Und so können weder die wunderschöne Liv Tyler, welche in Verbindung mit dem menschlichen Norton funktionierende, wahrlich tragische emotionale Momente kreiert, noch Tim Roth als abgebrühter Militär-Hund auf der unerbittlichen Jagd etwas daran ändern, dass in der zweiten Filmhälfte des teuren Blockbusters (das Budget war sogar noch höher als beim vorherigen IRON MAN) eine zunehmende Ermüdung einsetzt, die sich bald schon danach sehnen lässt, das es doch bitte endlich vorbei geht. Denn “Unglaublich” ist an diesem Film und seinem Hulk nur dessen Kraft – jeglicher Zauber, jegliche Aufforderung zu Staunen, jegliches Gespür dafür, mit dieser Figur etwas mächtiges, gewaltiges auf die Leinwand zu bringen geht Letterier vollkommen ab.
So viel zum Film, nun das MCU. Besonders aus der heutigen Perspektive, welche um zehn verinnerlichte MCU-Filme reicher ist, bietet THE INCREDIBLE HULK in dieser Hinsicht erschreckend wenig. Meint: nichts. Eine kurz Referenz an ein Super-Soldaten-Programm im Zweiten Weltkrieg, ein General, welcher elf Filme später noch einmal in einer unbedeutenden Nebenrolle auftauchen sollte, das S.H.I.E.L.D.-Logo für Sekundenbruchteile auf irgendwelchen Akten im Vorspann und ein Besuch von Tony stark in der Post-Credit-Szene, das wars. Natürlich befinden wir uns immer noch am absoluten Anfang, der Aufwärmphase sozusagen, doch etabliert der Film nichts, was nicht sowieso Teil der Figur ist und sich nie ändern wird – Banner’s Angst vor den eigenen Fähigkeiten und die daraus resultierende Flucht in die Isolation – und ebenso nichts für die Welt relevantes, auf dass sich später noch mal bezogen werden wird (vielleicht revidiere ich diese Aussage später).
Alles in allem ein kruder Mix aus toll inszenierten Charaktermomenten, funktionierendem Aufbau und ganz fürchterlicher, vollkommen belangloser Zerstörungs-Action. Kein Wunder, dass der Film immer ein wenig unter den Tisch fallen gelassen wird.
Wertung
4-5 von 10 sinnlos zerkloppten Gebäudeflügeln
Veröffentlichung
DER UNGLAUBLICHE HULK ist bei Concorde Home als BluRay und DVD erschienen.
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
Amazon (*) (falls ihr das Amazon-Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):
Wirklich kein guter Film. Aber ist auf der Disc nicht zumindest noch ein netter Kurzfim drauf?
Das weiß ich leider nicht, weil ich den über Netflix gestreamt habe. Die haben ja mittlerweile MARVEL Phase I und große Teile der Phase II im Programm.
Dann muss ich zu Hause nochmal nachschauen. Meine da ist der erste von den Kurzfilmen drauf, die das MCU ein wenig mehr zusammenführen.
Die wollte ich im Rahmen dieser Reihe auch noch sehen.