Film © by Laser Unicorn Productions
Fakten
Jahr: 2015
Genre: Action, Trash, Hommage
Regie: David Sandberg
Drehbuch: David Sandberg
Besetzung: David Sandberg, Jorma Taccone, Steven Chew, Leopold Nilsson, Andreas Cahling, Per-Henrik Arvidius, Erik Hörnqvist, Eleni Young, Helene Ahlson, David Hasselhoff
Kamera: Diverse
Musik: Johan Bengtsson, Lost Years, Patrik Öberg
Schnitt: Nils Moström
Review
Alle Regler auf 11. Nee. 12! Überzeichnung jedes nur denkbaren 80er- und Action-Tropes bis in die totale Absurdität und dann Vollgas, Vollgas, Vollgas – reicht das als Konzept, für einen funktionierenden Film? Es kann und in diesem Fall geht die Rechnung größtenteils auf.
Wie viel an einem Film wie KUNG FURY kalkulierte Trash-Sensation zur Markt-Bedienung und wie viel ehrlicher künstlerischer Ausdruck des Machers ist, kann niemand mit Gewissheit sagen, daher muss darüber überwiegend das Herz entscheiden. Und im Gegensatz zu unangenehm aufdringlich die Schlechtigkeits-Fahne schwenkenden Machwerken wie SHARKNADO, ATLANTIC RIM, oder ähnlichem pseudo-Trash aus dem Hause Asylum, spürt es in diesem Fall über weite Strecken eine Menge Herzblut und sagt: passt! Hier scheint nichts lediglich um der Schlechtigkeit Willen zu existieren (denn schlecht im technischen Sinne ist KUNG FURY gar nicht), hier hatte eher jemand mit offensichtlicher filmischer Sozialisation Lust mal so richtig auf die Kacke zu hauen.
Ein mit tiefer Stimme aus dem Off quatschender Bad-Ass-Cop mit übermenschlichen Kung-Fu Skills, Laser-Raptoren, Hacking der Raumzeit – an kreativ-bizarren Ideen mangelt es Filmemacher (und Hauptdarsteller) David Sandberg mit Sicherheit nicht. Immer wieder passieren in KUNG FURY derart überzogene, teils irrwitzige Dinge, dass die Lachmuskeln nicht wenig strapaziert werden und mit 30 Minuten ist der Film wohldosiert genug, um bei all den Wahnsinn nicht zu übersättigen. Würde KUNG FURY in normaler Spielfilmlänge funktionieren? Niemals, bereits eine Stunde wäre bei diesem Tempo viel zu lang, doch in der vorliegenden Form schmeckt diese absichtlich überwürzte Huldigung so vieler Eigenarten das B-Films ziemlich bekömmlich.
Ein Grund dafür mag sein, dass das meiste nicht wahllos wirkt, sondern aus Liebe zum Film, Nostalgie und präziser Beobachtung entstanden ist: sei es der nerdige Hacker, der in einer ausweglosen Situation eine Salve sinnlosen Science-gibberish loslässt und in Sekunden eine hoch komplexe Lösung für das Problem entwickelt, der mürrische Vorgesetzte im Police-Department, oder das über-Finale, das auf abstrusen Wegen alle Figuren wieder zusammenführt – immer wieder entdeckt man altbekannte Bilder und Szenarien, denn Sandberg scheint um die Mechanismen und Klischees des Kinos zu wissen und pusht sie ins Unermessliche.
Steckt in KUNG FURY denn bei so viel Hommage, Zitat und 80er Mashup überhaupt noch eigenes, oder verkommt das alles zu reiner Reminiszenz? VHS, Neon-Licht, Arcade-Automaten – bei all den einschlägigen Motiven vergangener Tage ist natürlich schnell klar, welcher filmischen Vergangenheit Sandberg’s Liebe gilt, allerdings greift sein Film tatsächlich nur Charakteristiken auf, doch entwickelt aus diesem seinen ganz eigenen Overdrive-Flow. KUNG FURY verhält sich in etwa zu wirklichem 80er B-Kino, wie Ed Banger Musik zu echtem 80er Miami-Electro – Fragmente eines Grund-Geistes sind da, die großen Vorbilder ersichtlich, aber die Machart spricht eine eigene Sprache – lauter, überdrehter, vollgestopfter – die eindeutig ein Baby des neuen Jahrtausends ist.
In Summe läuft es wohl auf einen simplen Kern hinaus: Der Ansatz, durch vollkommene Übertreibung Humor zu erzeugen funktioniert und KUNG FURY macht was er soll, nämlich Spaß. Obwohl ganz sicher nicht jedes seiner Motive originell und manche sogar schon recht abgegriffen sind (warum es z.B. zum 100. mal der (Kung-) Führer als Villain sein muss, weiß Herr Sandberg wahrscheinlich selber nicht), stecken einige wirklich brillante Einfälle darin, daher kann und sollte man diese (immerhin sogar umsonst verfügbare) halbe Stunde gern investieren.
Time-Travel, Thor, Triceracop!
Wertung
7-8 von 10 gehackten Laser-Dinos im Wikinger-Zeitalter
Weblinks
KUNGFURY.com
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):
Bei “Sharknado” hat mich dieser kalkulierte Trashfaktor von vornherein schon so genervt, dass mich der Film ziemlich kalt gelassen hat. “Kung Fury” habe ich in den letzten drei Tagen zweimal geschaut und mich gewundert, warum der mich jedesmal in Minutenschnelle so in den Bann ziehen kann. Vermutlich ist es wie du schreibst: Man merkt dem Macher an, dass er da Liebe reingesteckt und sein kleines Budget sinnvoll genutzt hat. Ein solch günstige, “ernste” Trashfilmhommage wäre nichts geworden.
Und seit dem Film kann ich sogar die Sangeskünste des Mr. Hasselhoff wieder ein stückweit gutheißen.
Ich finde SHARKNADO und generell Asylum richtig übel (mein fast einziger Kontakt dazu war ATLANTIC RIM), wil ich bei denen nicht das GEfühl habe, dass sie die Vision eines tollen Films vor Augen haben. Das soll schlecht sein und dadurch dann lustig. Für mich ist es aber NUR schlecht. Hier hingegen holt jemand aus seinem Kickstarter-Budget alles raus, ohne die Qualitäts-Schraube künstlich runter zu drehen. KUNG FURY definiert sich über seine Abgedrehtheit, nicht über mindere Qualität digitaler Effekte!
Der Film ist einfach nur genial
Werd mir den ganz sicher auch noch das ein oder andere weitere mal anschauen. Gerade weil er so kurz ist, geht das ganz gut.