Trailer © by STUDIOCANAL
Fakten
Jahr: 2015
Genre: Action-Thriller
Regie: Pierre Morel
Drehbuch: Don MacPherson , Pete Travis , Sean Penn
Besetzung: Sean Penn, Idris Elba, Jasmine Trinca, Javier Bardem, Ray Winstone, Mark Rylance
Kamera: Flavio Martínez Labiano
Musik: Marco Beltrami
Schnitt: Frédéric Thoraval
Review
Der französische Filmemacher Pierre Morel scheint ein Talent dafür zu besitzen, frühere Charakterdarsteller gereifteren Alters zu einer Transformation in Action-Opas anzustiften. In TAKEN gelang dies mit Liam Neeson ziemlich gut, in THE GUNMAN gelingt es mit Sean Penn nicht im geringsten. Da hat der gute Sean sich leider all die beeindruckende Muskelmasse ganz umsonst antrainiert, denn dieser ist einer der seltenen Filme, in denen wirklich gar nichts passt. Zwar ist Dorels neuster Streich wieder geringfügig besser, als der vorangegangene Un-Film FROM PARIS WITH LOVE, doch ist dieser Minimalanstieg wohl noch das netteste (und einzig positive) was man über THE GUNMAN sagen kann.
In einem Satz beschrieben: Ein 0815-Action-Thriller, der durch einen dauerhaft gebrochen aus der Wäsche blickenden Sean Penn verzweifelt versucht seiner faden Geschichte, sowie den vollkommen leeren Figuren die Illusion von Tiefe einzuhauchen und dabei traurig-bemüht baden geht. Auch die lustlos runtergespulte Baller-Action kommt nicht über den Status der Stangenware hinaus und gestaltet sich ob ihrer enormen Gewalt-Spitzen und der komplett unhinterfragten Darreichung ähnlich ärgerlich wie bereits Travoltas zynische Mordlust in FROM PARIS WITH LOVE.
Penn ist der “Terrier”, hat im Kongo im Auftrag multinationaler Konzerne unliebsame Personen, bis hinauf in die Riegen führender Politiker liquidiert und versucht sich, von behaupteter aber für den Zuschauer nie wahrlich fühlbarer Schuld getrieben, Jahre später durch Mithilfe bei humanitären Projekten die Seele rein zu waschen. Dann ein Anschlag auf ihn, dann eine zwei Stunden andauernde Suche nach den Verantwortlichen.
Schauwerte kann THE GUNMAN trotz südeuropäischer Kulissen nicht bieten, mitreißen auch nicht, denn hauptsächlich wird inmitten dieser unspektakulär, fast bieder eingefangenen Bilder in geschlossenen Räumen geredet. Ohne Ende und vor allem ohne dabei etwas zu sagen. Dinge passieren, dann rekapitulieren es die Figuren nochmal verbal, im Laufe des Gespräches wird prognostiziert was als nächstes passieren könnte, dann kommt es dazu. Der Erklärbär in Endlosschleife, Morel fehlt jegliches Gespür für Charakter- und Handlungsvermittlung. Das Resultat: Penns kleiner Roadtrip durch London, Barcelona und das spanische Hinterland zieht sich, wie ein 40 Stunden durchgekauter Kaugummi. Der Inszenierung fehlt selbst in den sporadisch eingestreuten Actionszenen jeglicher Drive (gar nicht zu reden von packender Spannung) und das Skript könnte nicht flacher sein, denn es handelt sich keineswegs um vielschichtige Figuren, die sich kluge Wortgefechte liefern, welche nach und nach die getarnte Oberfläche eines undurchschaubaren Ganzen andeuten, nein, es wird eine Bierdeckel-Handlung auf überlange Ausmaße aufgebläht.
Menschen ohne Eigenschaften, aber mit klarer gut/böse Zuordnung geben sich ein Stelldichein, sollen Sympathie oder Abstoßung bewirken, doch selbst die Hauptfigur bleibt erschreckend charakterlos und der ganze Film nur Blick auf eine generische Fassade – mal eine Frau geliebt zu haben und von der zwielichtigen Vergangenheit eingeholt zu werden, würde für einen knackigen, schnellen, Plot- und Action-getriebenen Genrefilm reichen, THE GUNMAN jedoch will weit mehr, suggeriert immer wieder den Willen die großen psychologischen Türen tief im Labyrinth der post-traumatischen Störungen aufzutreten, aber prallt an diesen gnadenlos ab. Alles nur hohl. Zudem bedient sich das Skript allzu oft dem billigsten aller Tricks: Schon früh im Film leidet der Terrier an seltsamen Schwindel-Anfällen und Blackouts – ein Schelm wer jetzt denken wird, dass dieses Problem genau im finalen Moment, in Konfrontation mit dem baddesten aller Bad-Boys greifen wird, um den “Helden” ausknocken. Wer würde denn sowas vermuten? Das “Deus Ex Machina”-Prinzip in trauriger Reinstform.
Das ist bis jetzt aber alles nur unglaublich langweilig und öde. Ärgerlich wird es an dem Punkt, an dem sich das Gefühl breit macht, THE GUNMAN legitimiere die heftige Gewalt (Penns Gegner fallen wie die Fliegen, reißerisch werden Messer in Hälse gerammt, etc.) über eine simple Gleichung: Unser Protagonist ist zwar ein Ex-Auftrags-Mörder, aber schließlich geläutert, seine Verfolger hingegen arbeiten für den bösen Konzern, der afrikanische Länder ausbeutet und über Leichen geht. Demnach ist es völlig okay, dass Penn reihenweise mordet (was im REINEN Action-Kontext noch Sinn macht, gilt schließlich meist das “du oder ich”-Prinzip) – so okay, dass ihn nach kurzer Haftstrafe ein wundervolles Leben mit reingewaschenem Gewissen, der Frau die er liebt (und die ihn völlig ungetrübt liebt, nachdem sie kurz vorher erfahren hat, dass er ein Massenmörder ist) und sonnendurchfluteter heiler Welt erwartet. War was? Das ganze Setting von Ausbeutung der afrikanischen Rohstoffe und Konzern-Gemauschel dient lediglich als Alibi, um explosive Gewalt zu rechtfertigen – unter dem Aspekt, dass Morel den Film als bierernsten, moralisch-psychologischen Thriller in realistischer Aufmachung (die eröffnenden Aufnahmen sprechen eine klare Sprache) verkauft, kotzt mich a) derartige Schwarz/Weiß-Malerei und b) derart lapidarer Umgang mit Mord und Schuld mächtig an.
Sean Penn, Javier Bardem, Idris Elba – eine Garde großartiger Darsteller wird hier völlig verschenkt, denn THE GUNMAN ist unter allen Aspekten generisch, zäh, unspannend. Unterste Schublade. Bitte Herr Penn, belassen sie es bei diesem einmaligen pseudo-Action-Geschwurbel.
Wertung
2 von 10 öde runtergespulten pseudo-gebrochenen Dumpfbacken-Thrillern
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):
Kleines Quiz für zwischendurch:
jacker tweetete:
“Frisch aus der #SneakPreview kann ich euch eines sagen: #Gunman ist gar nicht mal so gut. GAR NICHT!”
Meine Frage dazu:
aus welchem Film stammt das Originalzitat “Ist ja gar nicht mal so gut”, und wie lautet der vorangegangene Dialog (3 Sätze).
Der Gewinner wird wie immer reich beschenkt mit Gedöns und Schnickschnack.
Ich weiß es nicht. Aber du beschenkst mich ja auch so mit reichlich Kommentar-Gedöns
Zut alors,
ich werde meine Sturmtrupplermaske wohl nie los werden….
Die Auflösung (Trommelwirbel) :
Wir müssen ins Jahr 1974 reisen; eine Zeit, in der deutsche Synchronisationsstudios weniger exakt übersetzten, sondern sehr eigene Interpretationen lieferten.
Damals wurde eine britische Serie namens DIE ZWEI in Deutschland aufgrund der sehr eigenwilligen und kalauerhaften Synchro ein Erfolg. Terence Hill und Bud Spencer Filme, ursprünglich als harte Sergio Leone Rip-Offs gedacht, wurden zu Komödien geblödelt, indem die Dialoge auf lustig getrimmt wurden.
Beispiel:
Der Sheriff: “Du Strauchdieb! Du bist verhaftet! Geh da rein!”
(zeigt auf das Gefängnis; über der Tür ist “Jail” zu lesen)
Terence Hill: “Wohin? Da wo Jail wohnt?”
Aus der gleichen Zeit stammt folgender Dialog, der sich im Original höchstwahrscheinlich ganz anders anhört (Gedächtnisprotokoll) und Achtung! Wortspiel!:
Gerard Depardieu (zu seiner Freundin): “Was gibts denn heute zu essen?”
Freundin: ” Eintopf Gutsherrenart”
(Depardieu isst einen Happen)
Depardieu: “Stimmt! Gar nicht mal so gut!”
Szene aus (erneuter Trommelwirbel) DIE AUSGEBUFFTEN !!!
Alle Gewinner wurden schon benachrichtigt, der Rest ist Schweigen.
Unschön. Äußerst unschön. Hatte nach dem ersten Trailer eigentlich richtig Bock, Penn mal in dieser Rolle zu sehen…Aber so wird wohl das Heimkinorelease abgewartet.
Oh, Gott sei dank läuft der Film schon am Donnerstag an – ich hatte grad die größten Befürchtungen, dass wir den dann auch am Freitag in der Sneak bekommen… *puh*
Schon bei der Vorschau und der Ankündigung “From the director of ‘Taken'” hab ich die Krise bekommen (ich mag “Taken” ÜBERHAUPT nicht). Warum zum Teufel macht Sean Penn bei so einem Mist mit???
Ich habe TAKEN damals als sehr starken Thriller empfunden. Wie das mit einigen Jahren mehr Reife aussieht, kann ich schwer einschätzen. Nachdem ich FROM PARIS WITH LOVE mittlerweile kenne, allerdings nicht nur schlecht finde, sondern wirklich abgrundtief verachte und nun THE GUNMAN in die gleiche Rotzrichtung geht, kann ich mir kaum vorstellen, dass ich TAKEN im Rewatch nochmal als stark empfinden würde.
Und zu Penn: Den Film hat er gemacht, um seinen Oberkörper zu inszenieren. Er hat so krass gepumpt und der Film lässt KEINE Gelegenheit aus ihn mit freiem Oberkörper oder angespanntem Bizeps zu zeigen. Sei es drum, jeder kann mal scheiße drehen – als ich allerdings vorhin beim zusammensuchen der Beteiligten las, dass Penn sogar das Skript mit-verbrochen hat, musste ich wirklich arg schlucken!