© by STUDIOCANAL

Film: Angst Essen Seele Auf (1974)


Titelbild, Trailer & Bildausschnitte © by STUDIOCANAL


Fakten
Jahr: 1974
Genre: Gesellschaftskritik, Liebesgeschichte, Drama
Regie: Rainer Werner Fassbinder
Drehbuch: Rainer Werner Fassbinder
Besetzung: Brigitte Mira, El Hedi ben Salem, Barbara Valentin, Elma Karlowa, Anita Bucher, Gusti Kreissl, Doris Mattes, Margit Symo, Katharina Herberg, Lilo Pempeit, Peter Gauhe, Marquard Bohm
Kamera: Jürgen Jürges
Musik: –
Schnitt: Thea Eymèsz


Review
“Nix viel denken gut. Aber viel denken, viel weinen.”

Bloß nicht immer wieder nach dem warum fragen, denn eine sinnvolle Antwort gibt es nicht. Nach Resignation folgt Abschottung und schweigende Akzeptanz für unmenschliche Verhältnisse. Den Sinn im Wahnsinn zu suchen, führt unweigerlich zu selbigem, also wird geschluckt und ertragen.

“Keine Angst, Angst nix gut.”

Was führt zu Fremdenhass? Nicht Fakten, denn Fakten die so etwas rechtfertigen existieren nicht. Nicht Wahrheiten, denn die Wahrheit ist nun mal, dass wir alle die selben sind, egal ob wir Schweinebraten oder Couscous essen, egal was unsere Muttersprache ist und egal ob wir hell oder dunkel sind. Der Grund ist Angst. Angst vor dem Unbekannten, das allein durch seine Natur als Bedrohung auf den sicheren, lang etablierten Lebensraum empfunden wird. Angst vor Veränderung, obwohl doch alles oberflächlich so gut scheint. Angst davor, den vertrauten Horizont hinter sich zu lassen und außerhalb der eigenen Festungsmauern hilflos ausgeliefert zu sein.

“Die waschen sich nicht. Und hausen wie die Tiere”

Und wie hält man sich die “Bedrohung” vom Leibe? Am einfachsten ist es wohl, schnell die Fronten zu klären, sich selbst auf der hierarchischen Leiter des Lebens weiter oben zu positionieren, sich einzureden, dass man diesem fremden Gesindel überlegen ist. Wer immer energisch schimpft und die Nase rümpft, hat keine Zeit sich der Falschheit seiner vorschnellen, an den Haaren herbeigezogenen Verurteilungen bewusst zu werden. Angriff ist die beste Verteidigung, kritische Nachfragen müssen einfach nur lauter überschrien werden. Gleichgesinnte suchen und Flagge zeigen.

“Und was er für schöne Muskeln hat. Zeig mal Ali!”

Wie lang kann ein “Querdenker” dem gesellschaftlichen Druck standhalten, bevor er einknickt? Was braucht man zu Leben? Wie hoch ist die Gefahr, ohne es zu merken in Muster zu verfallen, die man vormals verurteilt hat?

Alles Fragen, denen Rainer Werner Fassbinder in ANGST ESSEN SEELE AUF – dem Film mit dem wohl best-gewähltesten Titel aller Zeiten – auf sehr direkte Art auf den Grund geht. Gesellschaftliche Phänomene und die tiefe Verankerung von beängstigenden Vorurteilen in der Menge der Bevölkerung, auf einen Mikrokosmos an Menschen heruntergeschrumpft. Nicht umsonst sind die Straßen in Fassbinders Film leer, nicht umsonst sitzt außer den Figuren seiner Geschichte nie jemand in der Pinte. Völlige Leere und Verlorenheit, durch diese stilistischen Entscheidungen großartig transportiert. Die Stadt eine Bühne für einen Kreis Menschen, die den Kern der Sache mehr als verdeutlichen.

“Angst essen Seele auf”

Und ohne Seele gibt es keine Menschlichkeit mehr.


Wertung
8-9 von 10 Manifesten für Toleranz


Veröffentlichung
ANGST ESSEN SEELE AUF ist bei STUDIOCANAL als BluRay und DVD erschienen. Im Bonusmaterial befinden sich: Diskussion mit den Darstellern; Statement von Liselotte Eder; Todd Haynes über Fassbinder und das Melodram; Alle Türken heißen Ali; Liedvortrag von Brigitte Mira; Fotogalerie; Trailer. Die Discs kommen im Wendecover ohne FSK Logo.


Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
Leihen: LOVEFILM
AMAZON (*) (falls ihr das Widget nicht seht, wird es von eurem Ad-Blocker gekillt):

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.