Trailer © by EuroVideo Medien GmbH
Fakten
Jahr: 2008
Themen: Kapitalismus, Geld, Ausbeutung
Regie: Erwin Wagenhofer
Konzept: Erwin Wagenhofer
Kamera: Erwin Wagenhofer
Musik: –
Schnitt: Paul M. Sedlacek
Review
LET’S MAKE MONEY – ein kommentarloser Dokumentarfilm über die Wege des Geldes im modernen, entmaterialisierten Hyperkapitalismus. Gier entfesselt, maximale Gewinnoptimierung geht über alles, Rendite ist der neue Gott am Himmel der Übersättigten.
Regisseur Erwin Wagenhöfer wählt den neutralen Weg: Ohne Off-Kommentar sollen Bilder und Beteiligte für sich sprechen. Rund um die Welt fängt die Kamera Orte und Stimmen ein – wer gewinnt, wer verliert? Auf welchen Wegen wird Geld gemacht? Wo fließt es, wie wird es an Steuer und Ethik vorbei geschleust?
Von “Economical Hitmen”, die potentielle Kandidaten (also Länder) zur Ausbeutung bestimmen und über präzise kalkulierte Kredite als Schuldner instrumentalisieren, ist hier die Rede. Die spanische Immobilienblase wird beleuchtet – eine tickende Zeitbombe, da aufgrund von Investitionswahn ausländischer Goldgräber bereits jetzt hunderttausende schnell hochgezogene Luxuswohnungen in artifiziellen Golfplatz-Siedlungen leer stehen. Auch Finanzbeamte von Steuerparadiesen wie Jersey und leitende Angestellte von Investment-Firmen kommen zu Wort. Und was erfahren wir? Kurz gesagt: Dass die Moral bereits vor Jahrzehnten auf der Strecke geblieben ist, dass Regierungen handeln müssten, um dem illustren, undurchsichtigen Wahnsinn an Börsen, etc. den Riegel vorzuschieben, es aber nicht tun und dass am Ende immer die zahlen, die sowieso kaum etwas haben (und alles in den gewachsenen Systemen darauf ausgelegt ist, an diesem bitteren Fakt auch in den nächsten Jahrzehnten nichts zu ändern).
Doch obwohl auch die, die es ausbaden zu Wort kommen, in indischen Slums, auf afrikanischen Baumwollfeldern, oder in den dortigen Goldminen gefilmt und interviewt wird, verfehlt es LET’S MAKE MONEY, speziell in der ersten Hälfte, ein wenig die tatsächliche Wucht dieses heutzutage omnipräsenten Themas zu vermitteln. Vielleicht tut der extrem reduzierte Stil, obwohl eine offenkundig neutral ausgelegte Herangehensweise im Doku-Fach an sich von Vorteil ist, dem Ganzen nicht besonders gut? Oft filmt Wagenhöfer lange an Orten, die es genauso geben würde, ohne dass die betreffenden Länder durch finanzielle bzw. Rohstoff-Ausbeute gebunden sind und liefert nur wenig “belastendes” Interview-Material nach, welches den gesehenen Szenen eine zusätzliche Intensität geben könnte. Vielleicht ist es auch einfach die vorgenommene Gratwanderung: Das Thema in all seinen Facetten zu zeigen, dabei objektiv zu berichten ohne in reißerische Michael Moore-Verhaltensweisen zu verfallen, dabei aber den Kern der Sache so zu treffen, dass im Zuschauer das notwendige, ungute Gefühl entsteht – einfach ist das sicher nicht und hier leider nur partiell geglückt.
Je weiter sich Wagenhöfer jedoch in die Untiefen der Trusts und Anlagen hineinwagt, desto mehr stellt sich, trotz leichter Verständlichkeits-Defizite in der Darreichung der Information (wie kann man an Bauprojekten 20% Rendite einfahren, deren Endprodukte niemand kauft?), doch noch eine unbequeme Gewissheit ein: In dieser Welt stimmt etwas nicht. Ganz massiv nicht, denn das W O H L des Einen ist in zu großem Maße an das U N W O H L des Anderen gekoppelt. Der Grund ist schnell gefunden: Gier. Und es ist eine Frage der Zeit, bis entweder diese Mißstände größere Wellen als heute schlagen, oder wir uns endgültig in einer Dystopie der Kapitaldiktatur wiederfinden werden.
Trotz einiger Schwächen ein wichtiger Film, der reichlich Denkimpulse setzt – man sollte ihn aufmerksam schauen und wird, sofern das kapitalistische Brainwashing im Vorfeld noch nicht vollkommen abgeschlossen war, zwangweise ungläubig und hilflos den Kopf schütteln. Eine Frage bleibt jedoch zum Schluss bewusst offen: Wie können wir diese absurd anti-humanistischen Tendenzen stoppen? Mit noch mehr Geld ganz sicher nicht.
Wertung
6-7 von 10 kannibalistisch ausgeweideten Bauprojekten
Weblinks
IMDB
MOVIEPILOT
LETTERBOXD
Streamen: Werstreamt.es
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